Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
sie ganz fest.
Er holte tief Luft und brauchte dann einige Sekunden, die Strähnen auszuspucken, ohne sie zu wecken.
Ach Gott! Ich hasse diese Tageszeit! Er öffnete die Augen. Andererseits ...
Andy-Andy lag schlafend da. Der ausgefranste Rand der Decke umrahmte ihren Hals. Im Schlaf waren ihre Züge noch schöner, Die langen Wimpern, der Olivton ihrer Haut, die leicht gekrümmte, etwas zu lange Nase - eine Aufzählung der Einzelheiten wurde ihr nicht gerecht.
Vielleicht bin ich aber auch voreingenommen. Er streckte eine Hand aus, um die Decke wegzuziehen.
*Vielleicht solltest du deinen Hormonen und deiner Busenfixierung mal etwas Ruhe gönnen und mit mir reden.
Du verstehst mich nicht. Vielleicht könnte ich es dir klarmachen.*
Nicht! Ellegons Verstandesbindung konnte nicht nur die Phantomstimme des Drachen oder Bilder übermitteln, sondern auch Gefühle und Erfahrungen. Und keineswegs nur angenehme Gefühle!
*Hörst du mir jetzt zu?*
Karl streifte ganz vorsichtig Andreas Haar ab und seufzte. Laß mir noch eine Minute! Er machte sich aus Andy-Andys Umarmung frei und schlüpfte unter den Decken hervor. Dann streifte er den Schurz über, zog die Sandalen an und wickelte die Bänder um die Knöchel. Verschlafen warf er einen Blick auf seine Hosen und die Tunika und überlegte, ob er sie anziehen sollte, oder nicht.
Später. Nach dem Kaffee.
Aus Gewohnheit griff er zum Schwert mit der Scheide, hängte sich den Gurt über die linke Schulter und legte die rechte Hand kurz auf das Heft aus Haifischhaut. Karl hatte ein seltenes Talent, Sachen irgendwie und irgendwo zu verlieren. Aber hier in dieser Welt hätte der Verlust der Waffe leicht den Verlust des Lebens bedeuten können.
Am unteren Ende der Lichtung schliefen Riccetti und Slowotski unter ihren Decken. Karl konnte sie schnarchen hören.
Dahinter saß auf einem flachen Stein neben der noch leicht rauchenden Feuerstelle Ahira und trank eine Tasse Kaffee. Er wachte über dem gefesselten, schlafenden Schützen. Er drehte den Kopf und gab Karl mit seiner Blechtasse einen Wink, sich zu ihm zu setzen.
Karl nickte dankbar und ging die leicht abschüssige Lichtung hinunter. Der Morgentau griff mit naßkalten Fingern nach seinen Knöcheln. Es fühlte sich irgendwie komisch, aber angenehm an. Die feuchte Kälte war eine physische Bestätigung, daß seine Beine nicht taub waren.
Er warf einen Blick in die Asche, als er sich auch auf einen flachen Stein setzte und von Ahira stumm eine Tasse Kaffee entgegennahm.
Er schüttelte den Kopf. Ahira hätte besser auf das Feuer aufpassen müssen. Vielleicht könnte er die Glut wieder zum Brennen bringen, wenn er etwas Reisig und Kienspäne drauflegte. Vielleicht aber auch nicht. Dabei hatten sie nur noch wenige Streichhölzer übrig. Waren die einmal aufgebraucht, konnten sie nur mit Stahl und Feuerstein Feuer machen. Das war verdammt mühsam, ganz gleich wie leicht es im Handbuch für Pfadfinder ausgesehen hatte.
*Vielleicht hast du recht. Aber ich würde mir keine Sorgen darüber machen. Denk doch einen Augenblick an die Tatsache, daß das Feuer zwar aus, der Kaffee aber heiß ist.* Hinter einer Bäumgruppe schoß eine orangefarbene Feuergarbe in den Himmel. *Denk mal darüber nach.* Wieder teilte ein Flammenstoß den heller werdenden Himmel.
Karl nippte an seinem Kaffee. Er war gerade so, wie er ihn gern hatte: für den Geschmack der meisten Leute viel zu süß, mit einem winzigen Schuß Sahne. »Ellegon? Gib Ruhe! Morgens denke ich noch nicht so klar.«
Ahira kicherte. »Wer tut das schon?« Dann meinte er ernst: »Gut geschlafen?«
»Nein.« Karl betrachtete seine rechte Hand. Jemand hatte ihm das Blut abgewaschen, während er geschlafen hatte; aber unter den Nägeln und den Haaren auf dem Handrücken waren noch eingetrocknete, rötliche Flecken. »Hatte ein paar schlimme Träume.«
»Mir tust du nicht übermäßig leid. Ich war die ganze Nacht auf.«
»Hat Slowotski dich nicht abgelöst?«
Der Zwerg zuckte mit seinen unglaublich breiten Schultern. »Ich hab ihn nicht geweckt. Er wird seinen Schlaf brauchen. Du auch — ihr habt eine weite Fahrt vor euch. Wir haben fast keine Vorräte mehr. Jemand muß nach Metreyll gehen und einkaufen.« Er zog die schweren Augenbrauen zusammen und musterte Karl.« Und zum Auskundschaften - wir müssen uns überlegen, was wir machen, wenn die Bewaffneten vermißt werden. Dazu müssen wir aber wissen, wie die Situation in Metreyll ist. Ja?«
»Nicht unbedingt. Wir können es
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