Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
unter dem Halsansatz. Glühendheißer Schmerz erfüllte seinen Körper.
Ellegon stürzte.
Er brach durch die Wipfel der Bäume; Äste knickten unter seinem Gewicht, ohne seinen Sturz zu bremsen. Die Erde stürzte ihm entgegen, er schlug auf. Sein ganzer Körper wurde von einem kalten, grausamen Feuer verzehrt; langsam schwanden ihm die Sinne.
Als er wieder aufwachte, umgab ein goldener Käfig sein Gesicht und ein goldener Kragen umschloß ganz eng seinen Hals. Er lag auf der Seite auf steinhartem Boden, die Beine zusammengebunden. Er machte einen Versuch, die Ketten mit seinen Flammen zu erweichen. Er wendete nur wenig seiner inneren Stärke an, mußte aber laut aufschreien, als sein Hals brannte.
In sicherer Entfernung stand der Rhêden Monsterjäger und grinste. »Ich werde ein paar Tage brauchen, Drache, bis ich einen Wagen für dich gebaut habe. Aber das ist es mir wert. In Pandathaway werden sie einen guten Preis für dich bezahlen.«
Karl schüttelte den Kopf und versuchte wieder klar zu denken. Das war also der Grund, warum Ellegon ihm nicht geholfen hatte. Es war wirklich nicht Feigheit gewesen. Es war reines, blindes Entsetzen gewesen. Wirklich blind; denn hätte Ellegon in die Köpfe der Armbrustschützen geschaut, hätte er erfahren, daß keiner ihrer Bolzen in Drachenfluch getaucht war. In der Gegend von Erens waren Drachen beinahe ausgestorben. Die Herstellung von Drachenfluch war praktisch eingeschlafen.
Aber das hatte Ellegon nicht gewußt. Als junger Drache - nein, als Kind - war er so grauenvoll von einem Bolzen aus einer Armbrust verletzt worden, daß der Gedanke an einen Bolzen, der in Drachenfluch getaucht sein könnte, jeden klaren Gedanken aus seinem Kopf vertrieb. Der Schmerz des Bolzens in seiner Brust ...
*Ja. Es tut weh.*
Karl schaute auf seine eigene Brust. Direkt über dem Herzen starrte ihn ein böser Fleck wie ein rotes Auge an.
*Karl, es ... tut mir so leid. Ich hatte einfach schreckliche Angst.*
Es war nicht fair gewesen, vom Drachen Hilfe zu erwarten. Ellegon war nicht wirklich erwachsen. Man durfte einfach nicht die Maßstäbe für einen Erwachsenen auf ihn anlegen. Der Drache war eine komische Mischung aus Kleinkind und uraltem Wesen. Nach Drachenjahren hatten dreieinhalb Jahrhunderte Ellegon kaum aus dem Babyalter gebracht, und davon hatte Ellegon fast die ganze Zeit gefesselt in einer Kloake in Pandathaway gelegen.
Wie behandelt man ein verängstigtes Kind? Nicht, indem man es aus seinem Leben ausschloß! Das war klar. Vielleicht gab es kein Patentrezept; aber auf alle Fälle konnte man damit anfangen, daß man ihm zuhörte.
Karl nickte. Ich höre dir jetzt zu. »Ist schon gut, Ellegon. War meine Schuld. Ich hätte wissen müssen, daß du gute Gründe hattest. Bist du sicher, daß du uns nach ... in die Nähe von Metreyll fliegen willst, wenn es dunkel ist?«
*Ich werde es versuchen, Karl. Ich will es nächstes Mal besser machen. Bestimmt.*
Er seufzte. »Ja, versuch's«, sagte er laut. Sein Verstand aber murmelte: Ich weiß, daß du es schaffst.
Ahira schaute zu ihm mit gerunzelter Stirn auf. Der Zwerg saß noch eine Zeitlang schweigend da, ehe er sagte: »Ich habe dir eine Einkaufsliste aufgeschrieben mit den Sachen, die wir brauchen. Wir sollten sie aber alle gemeinsam noch mal durchgehen.«
»Kein Problem. Hast du noch etwas auf dem Herzen?«
Ahira nickte. »Was machen wir mit Riccetti? Er ist in einem Kampf praktisch hilflos, und ich wette, daß wir noch einige durchstehen müssen, ehe das alles vorbei ist.«
»Tut mir leid; aber da weiß ich auch keine einfache Lösung. Sobald ich zurück bin, zeige ich ihm, wie man mit einem Schwert umgeht. Aber ich kann über Nacht keinen Schwertkämpfer aus ihm machen. Ehe er auch nur ein bißchen damit umgehen kann, dürften Monate vergehen. Hmmm ... er ist doch kein Linkshänder, oder?«
»Nein. Warum?«
Karl seufzte. »Dann ist es egal. Linkshänder sind im Schwertkampf immer im Vorteil, so wie zu Hause Tennisspieler, weil alle anderen nicht daran gewöhnt sind, daß die Klinge von der anderen Seite kommt. Es ist ...« Er brach ab. Natürlich! Die Unwissenheit eines Gegners war ein riesiger Vorteil. Damit hatten die Japaner am Ende der Feudalherrschaft zahllose Samurai entwaffnet. Aber wie, zum Teufel, hatte denn damals die Waffe geheißen?
Es lag ihm auf der Zunge. Eine Kette, Gewichte an beiden Enden ...
*Manriki-gusari. *
Danke! Aber woher weißt du das?
*Ich kann Gedanken lesen, Dummkopf!*
Ahira lachte.
Weitere Kostenlose Bücher