Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht
ich werde mir etwas anderes besorgen müssen.«
»Dann beeil dich.«
Armbrust - das war das Beste; er konnte einem der toten Sklavenjäger die Waffe abnehmen. Diese Bastarde schienen immer gute Waffen mitzuführen.
Er ging zu der Stelle, wo der reglose Körper eines feindlichen Armbrustschützen auf der Erde lag, halb begraben unter seinem gescheckten Pferd. Die Augen des Tieres waren glasig, es atmete nur noch schwach und wieherte vor Schmerzen. Das rechte Vorderbein war gebrochen.
Tote Sklavenjäger brachten Slowotski nicht aus der Ruhe, nicht nach all diesen Jahren. Doch ein leidendes Tier war etwas, woran er sich nie zu gewöhnen vermochte.
»Danerei?« rief er. »Hast du irgendwelche Heiltränke gefunden?«
Der dicke Mann nickte, zog eine kleine Tonflasche aus dem Gürtel und warf sie Slowotski zu.
Heiltränke waren im wahrsten Sinne des Wortes wunderbar, doch den Mitteln der Sklavenjäger traute man besser nicht - mehr als einmal waren sie böse damit hereingefallen; er konnte sich noch daran erinnern, wie ein Mann aus seiner und Karls Gruppe vor ihren Augen einen grauenhaften Tod gestorben war. Viermal hatte Slowotski miterlebt, wie ein gefangener Sklavenjäger, den sie als Versuchskaninchen benutzt hatten, dasselbe Schicksal erlitt.
Hier gab es keine Versuchskaninchen. Außer ...
Walter entkorkte die Flasche und ließ die zähe Flüssigkeit auf die Verletzung des Pferdes rinnen.
Diesmal hatte er den echten Trank erwischt: Haut und Muskeln dehnten sich aus und drückten den Knochen an Ort und Stelle, aufgeschlitztes Fleisch wuchs zusammen, als hätte man einen Reißverschluß zugezogen. Doch das Pferd erhob sich nicht und wieherte immer noch vor Schmerz. Innere Verletzungen wahrscheinlich.
Nun, entschied Slowotski und mußte über seine eigene Heuchelei lachen, vielleicht enthielt der Trank ein langsam wirkendes Gift, und es war besser, ihn dem Pferd einzuflößen, als selbst davon zu trinken.
Er schüttete dem Tier den Rest der Flüssigkeit ins Maul und warf die leere Flasche zur Seite.
Das gewohnte Wunder wiederholte sich: In weniger als einer Minute stand das Pferd auf den Hufen. Bevor er sich zu dem Leichnam des Sklavenjägers niederbeugte, nahm Walter sich die Zeit, dem Tier die Nase zu tätscheln. Er beschloß, dieses Pferd als seinen Anteil an der Beute zu beanspruchen.
Halb bedeckt von dem Körper ihres Besitzers, war die Armbrust völlig unbeschädigt geblieben.
Walter spannte die Sehne, nahm den Bolzenköcher vom Sattel des Pferdes und machte die Waffe schußbereit. Dann hängte er den Köcher an den Gürtel und ging zu der Straßensperre, die Ahira errichtet hatte.
Drei Bäume lagen quer über dem Pfad; die mächtigen
Stämme und das dichte Laubwerk zwangen jeden Reiter zum Ausweichen. Doch weiter links war das Unterholz etwas lichter, gerade so viel, daß ... »Danerei - und du, ja du - ihr bezieht da drüben Posten. Und spannt wieder das Seil zwischen diesen Bäumen. Falls sie durchbrechen.«
Seit Beginn des Kampfes waren erst wenige Minuten verstrichen; die fliehenden Sklavenjäger sollten jeden Moment auftauchen. Slowotski fragte sich, wie lange sein Kommando sie in Schach halten konnte, ohne Entsatz von den anderen Abteilungen ihrer Truppe.
Nach all der Erwartung war es fast eine Enttäuschung, als nur drei Sklavenjäger vor der Straßensperre auftauchten. Drei Kugeln und zwei Armbrustbolzen reichten aus, um sie zu erledigen.
»Das war eine reife Leistung von Aeia. Mir wäre es sonst vielleicht übel ergangen«, meinte Ahira, wog eine von den Lanzen der Sklavenhändler in der Hand und schleuderte sie dann beiläufig in den Körper eines der Toten.
»War das nötig?« fragte Slowotski.
»Er spürt doch nichts. Ich übernehme jetzt, in Ordnung?« Ahira schüttelte den Kopf, weil ihm die Regentropfen in die Augen liefen.
Walter nickte. »In Ordnung.«
Niedergedrückt von der Erschöpfung, die sich immer stärker bemerkbar machte, stand Walter Slowotski fröstelnd im Regen. Da blieb nichts anderes übrig, als sich von innen zu wärmen. Er angelte eine silberne Flasche aus seinem Beutel, schraubte den Deckel ab, legte den Kopf zurück und nahm einen ordentlichen Schluck von Riccettis Magentrost. Der rohe Maisschnaps brannte auf dem Weg in den Magen, doch einmal angekommen, verbreitete er eine köstliche Wärme, der die Kälte weichen mußte, für kurze Zeit wenigstens.
Er reichte die Flasche an Ahira weiter. Der Zwerg benetzte sich nur eben die Lippen - ganz offenbar eine
Weitere Kostenlose Bücher