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Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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mochten.
    »Ihr habt die Verfolgung angeordnet?«
    Tyrnael zögerte einen Moment, bevor er antwortete. »Ja, Sire. Nur bis zur Grenze. Sie haben Spuren der Bande gefunden, aber den Fluß nicht überschritten.« Er fügte nicht hinzu, daß die Verfolgung sinnlos gewesen war, da sowohl die Baronie Tyrnael wie auch der Machtbereich von Holtun-Bieme am Jerunfluß endeten, lediglich einen Tagesritt entfernt, und daß die Mordbrenner bei ihrem großen Vorsprung längst auf Nimmerwiedersehen verschwunden waren.
    Tyrnael kniete neben der Leiche eines untersetzten Mannes nieder, den ein Speer am Boden genagelt hatte. Nach einem langen Blick in das Gesicht des Mannes erhob er sich kopfschüttelnd.
    »Ihr habt ihn gekannt?«
    »Er hieß Hen'l.« Der Baron nickte. »Ich kenne alle meine Leute, Sire.« Er straffte die Schultern. »Für einen Gegenschlag benötige ich Verstärkung.«
    Die Ruhe des Barons war eine Maske, stellte Karl fest. Der Mann wünschte sich nichts sehnlicher als Rache zu nehmen, und wenn die wirklichen Schuldigen nicht greifbar waren, taten es auch einige Nyphier, die ihm in den Weg gerieten.
    Je nachdem wie man es betrachtete, hatte er nicht einmal so unrecht. Man mußte Pugeer ohne Beschönigungen klar machen, daß er dafür verantwortlich war, daß von seinem Land aus keine Überfälle auf Holtun-Bieme durchgeführt wurden; die kaiserlichen Truppen konnten nicht beide Seiten der Grenze bewachen, also mußten die Nyphier ihre Seite selbst übernehmen.
    Karl dachte an die Orde-Wingate-Strategie: Während seiner Beratertätigkeit wurden Anschläge arabischer Terroristen mit Vergeltungsangriffen auf das nächstgelegene arabische Dorf beantwortet - wobei man Sorge trug, den größtmöglichen Sachschaden anzurichten und die Bevölkerung unbehelligt zu lassen, um ihnen so einzuprägen, daß es sich nicht auszahlte, Terroristen Unterschlupf zu gewähren.
    Doch zu so drastischen Maßnahmen wollte Karl vorerst noch nicht greifen.
    »Wir werden sehen«, meinte er. »Zuerst müssen wir beschließen, wie wir jetzt vorgehen wollen.«
    »Zumindest werdet Ihr einige Truppen an die Grenze beordern.«
    Karl schüttelte den Kopf. »Vorläufig nicht.«
    Obwohl der Baron nicht die geringste Bewegung machte, seine Hand sich nicht um einen Millimeter dem Schwertgriff näherte, dachte Karl für einen Moment, daß Tyrnael im Begriff stand, ihn mit der Waffe anzugreifen. Sie hatten zur Übung manches Gefecht miteinander ausgetragen; Tyrnael war der technisch bessere Fechter und kannte keine Hemmungen, seinen Kaiser in die Enge zu treiben, aber sie waren nie im Ernst gegeneinander angetreten.
    Der Augenblick ging vorüber.
    »Vertraut mir«, sagte Karl. »Ich werde tun, was notwendig ist. Wir wissen nicht genug, um jetzt schon zu handeln.«
    »Ja, Sire.« Tyrnael wirkte nicht überzeugt.
    Karl hob die Stimme. »Danagar?«
    Der Hauptmann wich ihm niemals weit von der Seite. »Ja, Majestät.«
    »Du bist vorübergehend vom Dienst in der Leibwache entbunden. Übergib deinem Stellvertreter das Kommando und deine Schußwaffen.«
    Danagars Gesicht drückte keinerlei Empfindung aus. »Zu Befehl, Majestät.«
    Guter Mann; er verstand eine unangenehme Order entgegenzunehmen. »Ich wünsche, daß du heute nacht mit einigen Männern über die Grenze nach Nyphien gehst - in einer Verkleidung, die du selbst aussuchen kannst. Ich benötige alle Informationen, die ihr über diesen Vorfall hier beschaffen könnt, und zwar schnellstens. In zwölf Tagen findet die Versammlung der Barone statt; ich möchte dich dabei haben, mit einem ausführlichen Bericht.«
    »Zu Befehl, Majestät.«
    Tyrnael schaute hinter Danagar her. »Ich bezweifle, daß er sonderlich viel in Erfahrung bringt. Ich habe seit geraumer Zeit Spione in Nyphien, aber mich hat noch keine Nachricht von Truppenbewegungen erreicht.«
    »Was womöglich bedeutet, daß nicht Pugeer hinter diesem Massaker steckt. Wir werden sehen, Baron.«
    Tyrnael gab keine Antwort.
    Karl hob die Arme und legte dem Baron beide Hände auf die Schultern. Er schaute ihm geradewegs in die Augen. »Sieh mich an, Listar«, sagte er und bemühte sich um den aufrichtigsten Gesichtsausdruck, der ihm zu Gebote stand.
    Wie sein Schauspiellehrer vor langer Zeit erklärt hatte: Auch wahre Aufrichtigkeit bedurfte des passenden Mienenspiels: »Ich werde tun, was getan werden muß. Sie bleiben nicht ungerächt.«
    »Einverstanden, Karl«, erwiderte der Baron. »Sie bleiben nicht ungerächt.«

Kapitel vierzehn
›Bevor es

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