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Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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Augenhöhlen; einer der Soldaten verscheuchte sie mit dem Speerschaft und fluchte gereizt, als ein Armbrustschütze die Waffe hob und den Vogel aus der Luft schoß.
    Karl konnte sie beide verstehen. Hier war etwas Furchtbares geschehen, aber es ließ sich nicht dadurch gutmachen, daß man die Aasfresser tötete. Es ließ sich überhaupt nicht wieder gutmachen; es gibt kein Heilmittel für entflohenes Leben, keine Medizin für einen verwesenden Leib, der stinkend in der Sonne liegt.
    Verwundete gab es nicht; alle, die nicht gut zu Fuß oder vom Glück gesegnet waren, hatten den Tod durch das Schwert gefunden. Es war geplündert worden, aber nicht viel. In Kernat gab es keine Reichtümer zu holen.
    Nichts bewegte sich in den Straßen, außer Baron Tyrnaels Soldaten, die in den Trümmern der Steinbauten und den glimmenden Ruinen der Fachwerkhäuser nach Überlebenden oder im Hinterhalt liegenden Feinden suchten.
    Sie fanden weder das eine noch das andere; die Mörder waren längst abgezogen.
    Karl schluckte, bevor er sich an Listar Baron Tyrnael wandte. »Sie haben Gefangene gemacht?«
    »Ja.« Der Baron nickte und rieb sich dann die blassen, unrasierten Wangen. Die Stoppeln waren mehrere Tage alt, und offenbar hatte er ebensolange nicht mehr geschlafen. »Nicht viele. Zehn vielleicht. Wenn man die Preise für Sklaven heutzutage bedenkt, könnte das der Grund für den Überfall gewesen sein. Könnte. Sie waren gründlich«, fügte er düster hinzu. »Ein Läufer hat mir gemeldet, daß zu Hause ein Bote von Fürst Pugeer auf mich wartet. Ob er mir seinen Schutz anbieten will?«
    »Nein, glaube ich nicht.« Karl stieg vom Pferd und reichte die Zügel einem Soldaten.
    Sofort gab Danagar, der in der Palastwache die Leibgarde befehligte, seinen Männern ein Zeichen und erteilte knappe Befehle.
    Vierzig Zweiergruppen, jeweils ein Gewehrschütze und ein Ladegehilfe, schwärmten aus, die Schützen mit halbgespannter Waffe, die Ladegehilfen mit schußbereiter Ersatzflinte, um entweder nach erfolgter Salve sogleich wechseln und nachladen zu können, oder aber mit gezücktem Schwert dem Schützen Deckung zu geben, während er das Nachladen besorgte.
    Es war ein Routinemanöver, auf das man in diesem Fall hätte verzichten können; der Feind war längst über alle Berge.
    Andrea vollführte eine Bewegung mit der rechten Hand, eine eigentümliche Geste, die von Magie kündete. »Ich kann die Macht riechen.«
    Er nickte. Die Tatsache, daß sie nirgends auf Flüchtlinge gestoßen waren, erhärtete die Vermutung - selbst eine große Streitmacht hätte nicht alle Dörfler finden und töten können. Nein, den Kriegern hatte ein Magier zur Seite gestanden, der die Einwohner in ihren Häusern und Verstecken aufspürte, einige vielleicht in Schlaf versetzte, damit sie in Ketten gelegt oder ermordet werden konnten.
    »Und wie viele, in etwa?«
    Sie zuckte die Schultern. »Einer oder zwei. In meiner Klasse oder dicht darunter. Mindestens.«
    »Bleib hier.«
    »Karl ...«
    »Sei still und bleib hier.« Karl begab sich auf einen Gang durch das Dorf und vermerkte dankbar, daß der Wind von hinten kam.
    Tyrnael ging neben ihm her. »Ihr glaubt nicht, daß er mir seine Unterstützung anbieten will?«
    »Zu plump. Nein, Baron, das ist nicht seine Art.« Karl verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Vermutlich wird er Euch berichten, daß auch in Nyphien ein Dorf von Räubern überfallen wurde, und bestimmt wird er gemeinsame Patrouillen im Grenzgebiet vorschlagen, damit nicht weitere Trupps von Marodeuren eine Lücke finden, um hindurchzuschlüpfen.«
    Das Schlimme daran war, daß Fürst Pugeer vielleicht die Wahrheit sprach. Vielleicht war dieses Gemetzel kein Versuch seinerseits, die Baronie Tyrnael unter seinen Einfluß zu bringen.
    Es standen noch genügend andere Verdächtige mit ausreichenden Motiven zur Wahl. Eventuell versuchte Pandathaway einen Keil zwischen Karl und seinen wichtigsten Baron zu treiben, um damit Karls Thron ins Wanken zu bringen; oder Khar legte es darauf an, Zwietracht zwischen Nyphien und Holtun-Bieme zu säen, um sich ungestört ein Stück von Nyphien einverleiben zu können.
    Und wie war es mit Deighton?
    Warum Deighton? Wegen der Zauberei? Nein. Es gab noch andere Zauberer außer Deighton. Nur hatte Karl, trotz einiger Vermutungen, keine genaue Vorstellung von Deightons wirklichen Zielen, und ohne zu wissen, was Arta Myrdhyn plante, ließ sich schlecht sagen, welche Mittel diesen Plänen dienlich sein

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