Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht
betreten, Jason Cullinane«, sagte die ihm Zunächststehende.
»Doria!« rief er wieder.
Keine Antwort.
»Aber ich muß mit ihr sprechen ...«
»Du darfst nicht hinein.«
Keine der beiden hatte auch nur annähernd seine Größe, er versuchte sich so rücksichtsvoll wie möglich an ihnen vorbeizudrängen, doch eine der Frauen umfaßte sein linkes Handgelenk mit ihren langen schmalen Fingern und hielt ihn zurück.
Eigentlich hätte es ihm ein leichtes sein sollen, sich mit einer Drehung des Arms zu befreien, doch während die Frau einige Worte murmelte, die der Verstand nicht zu fassen und zu halten vermochte, wurde ihr Griff fester und verstärkte sich noch weiter, bis seine Knochen zu brechen drohten.
Die Zeit blieb stehen, als Jason mit der freien Hand zum Gürtel tastete und Anstalten machte, sein Messer zu ziehen.
»Ta havath«, mahnte Dorias klarer Alt, und der fatale Augenblick verging.
»Was gibt es, Jason?« Sie stellte sich zwischen ihn und ihre beiden Schwestern und massierte sein Handgelenk mit ihren kräftigen Fingern, die wie durch Zauberei den Schmerz zu lindern schienen, obwohl er wußte, daß es unmöglich war.
»Lies das.«
Alle Farbe wich aus Dorias Gesicht. »Jenseits von Faerie. Das ...«
»Das kann nur bedeuten, was wir vermuten, daß es bedeutet«, sagte Jason. »Die Dinger hängen überall in der Stadt.«
»Bestimmt hast du recht.« Doria wandte sich zu den beiden Frauen der Hand. Mit einer knappen Geste nahm sie Abschied und drehte sich wieder zu Jason herum.
»Dann ist es ein offenes Geheimnis«, meinte sie. »Karl hat den Landweg zum Versteck des Schwertes eingeschlagen, und Ahrmin will ihn zu Wasser überholen.« Sie umfaßte seinen Arm mit größerer Kraft, als sie von Rechts wegen hätte haben dürfen. »Er hat sich förmlich eine Zielscheibe auf den Rücken gehängt, und Ahrmin setzt alle Segel, um sie aus größter Nähe mit Pfeilen zu spicken.«
Jason nickte. »Wie bald?«
»Ich weiß nicht. Aber wir sollten es schleunigst herausfinden.«
»Der Meinung bin ich auch.«
Die Nacht dehnte sich endlos in dem kleinen Zimmer, das sie gemietet hatten. Die Luft war heiß und stickig; Jason lief der Schweiß über die Stirn und in die Augen, während er am Fenster saß und auf die Straße hinunterschaute.
Er rieb sich die brennenden Lider. An Schlaf war bei dieser Hitze nicht zu denken. Er setzte den Wasserkrug an die Lippen und trank. Die Flüssigkeit war lauwarm und stillte den Durst, ohne zu erfrischen.
»Ich bin ratlos, Doria - was sollen wir tun?«
An seinem ursprünglichen Plan - eine Möglichkeit suchen, Ahrmin zu töten - konnte er nicht festhalten; in den wenigen Tagen bis zur Abfahrt würde sich der Sklavenjäger hinter noch größeren Sicherheitsmaßnahmen verschanzen als gewöhnlich, da sein mißtrauisches Hirn bestimmt mit einem Attentat in letzter Minute rechnete.
Natürlich konnte Jason sich in Ahrmins Söldnertruppe einschreiben lassen ...
Doch welchen Nutzen brachte das?
Doria wisperte einige schroff klingende Worte, die das Ohr nur streiften und verwehten. Als Jason sich herumdrehte, erblickte er eine füllige, dunkelhaarige Frau von etwa fünfzig Jahren, die ihn an U'len erinnerte.
»Ich habe deine Gedanken belauscht«, erklärte Doria. »U'len sieht aus, wie man sich eine Köchin vorstellt. Ich ...« Ihre nächsten Worte erstickten in einem Gurgeln, während sie rücklings gegen die Wand taumelte und daran zu Boden glitt. Mit einem zitternd ausgestreckten Arm bedeutete sie ihm, nicht näherzukommen.
»Ich kann dir nicht helfen«, sagte sie. Die Umrisse ihres Körpers flimmerten, Schatten huschten wellenartig über ihre Gestalt. Auch die Stimme, mit der sie sprach, war nicht ihre eigene; sie klang voller, tiefer, älter und mächtiger.
»Nein«, widersprach jetzt die wirkliche Doria. »Ich kann tun, was ...«
»Nein. Ich kann nicht ...«
»Doch. Ich kann andere Gestalt annehmen, um mich zu schützen. Ich kann gehen, wohin ich will, und ich kann zu meinem eigenen Schutz die Gestalt verändern. Die Gestalt verändern zu meinem eigenen Schutz.«
Dunkler Schweiß bedeckte ihre Stirn, als sie sich mit geballten Fäusten in den Schatten zurücklehnte.
Jason nahm ein Tuch, befeuchtete es mit Wasser aus dem Krug und wollte neben ihr niederknien.
»Nein. Bleib weg. Das ist meine Sache. Der Preis dafür ... daß ich die Mutter herausgefordert habe.«
Er wehrte die kraftlos tastenden Hände ab und betupfte ihre Stirn. »Ruhig, Doria. Ganz ruhig.«
Als er
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