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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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Waffe in den Händen - , zog aber dann die Hand wieder zurück. Mit der Ausrüstung eines Zauberers sollte man nicht herumspielen.
    »Manchmal ist ein Messer wirklich nur ein Messer«, bemerkte sie. »Nimm es ruhig, du wirst nichts Schlimmes anrichten.«
    Ich wog es in der Hand. Die silberne Schneide fühlte sich kühl an, der Griff aus Knochen schien unnatürlich warm, so, als habe sie ihn lange sehr fest in der Hand gehalten.
    Sie sah zu mir hoch. Ihre Augen blickten mich prüfend aus den Schatten an. Helle und dunkle diagonale Streifen überzogen ihr Gesicht.
    »Ich mache mir manchmal Sorgen um dich«, begann sie. Es lag ein Unterton in ihrer Stimme, etwas Schrilles, das mich beunruhigte.
    »Ich mir auch«, erwiderte ich. »Ich werde zu alt für solche Sachen.« Ich fuhr mit dem Daumen an der Schneide des Messers entlang. Ich hatte schon schärfere gesehen.
    Ihr Mundwinkel geriet ins Licht, als sie lächelte. »Zu alt wofür?«
    »Für dieses ganze Herumlaufen, uns in Schwierigkeiten bringen und wieder herausholen.«
    »Du scheinst noch immer gut genug darin zu sein«, antwortete sie und lehnte sich nachdenklich zurück.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Das Problem mit dieser Art von Arbeit ist, daß du irgendwann doch Pech hast, egal wie gut du darin bist. Es ist wie ...«
    Das war das Problem. Es war nicht wie irgend etwas anderes. »... okay, laß es mich so sagen: Karl und ich haben früher immer unsere Kräfte gemessen. Damals, in unserer besten Zeit, lag sein Vorteil darin, mehr Kraft zu haben als ich. Dafür war ich zwar ein wenig schneller, doch seine Reflexe waren besser als meine. Daher reagierte er schneller als ich, obwohl er sich nicht so schnell bewegen konnte. Deswegen legte er immer einen kurzen Augenblick vor mir los.«
    Sie nickte, doch ihr Gesicht blieb unbewegt.
    »Aus dem Grund war er ein besserer Nahkämpfer als ich und hätte eigentlich jedesmal gewinnen müssen. Aber er gewann nicht jedesmal - nur meistens. Das macht einen großen Unterschied. Wir operierten ganz dicht an den Grenzen menschlicher Reflexe, wo man manchmal, sagen wir, einen Block einsetzen muß, bevor der Gegner zuschlägt. Wenn man darauf wartet, daß er den ersten Schritt macht, bleibt nicht genug Zeit für die Nervenimpulse, zum Gehirn und zurück zu gelangen, um entsprechend zu reagieren. Verstehst du?«
    »So?« bemerkte sie. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, daß wir in einer Welt von Fähigkeiten und Zufällen leben. Stell dir vor, du bringst dich in eine Lage, in der der Zufallsfaktor eine Rolle spielt. Dann ist es ganz gleich, wie umsichtig du die Sache angelegt hast oder wie gut du bist. Du hast dich damit einem Weg verschrieben oder eine Richtung eingeschlagen, die dich umhauen kann.«
    »Oder aus dir Hackfleisch macht«, fügte sie mit tiefer, aber unnatürlich gleichförmiger Stimme hinzu. Sie sprach nicht von mir. »Verwandle seinen Körper zu Schrott«, forderte sie. Ihre Finger gruben sich tief in meinen Arm. »Und verstreue ihn über einen schmutzigen Strand, wo Möwen im Sturzflug landen und an Muskelfasern, Hautfetzen, Eingeweiden und Knochenfragmenten picken, um schließlich einen Augapfel aufzuspießen, der wie durch ein Wunder heil geblieben ist, während er auf dem Strand liegend blind auf die scharfen Schnäbel starrt, auf ...«
    »Andy ...«
    »Ich kann ihn vor mir sehen«, stieß sie hervor, und die Worte sprudelten schneller und schneller. »Ich kann ihn sehen und es fühlen, außer wenn das Feuer in meiner Seele auflodert, außer, wenn die Kraft durch meine Finger dringt. Ich kann ihn lächeln sehen. Nicht, weil er keine Angst hat oder nie befürchtet hätte, Angst zu haben, sondern weil er weiß, daß es sie noch mehr in Schrecken versetzen wird. Ich kann sehen, wie er die Zündschnur in Brand setzt.« Sie stieß die Worte mit der Geschwindigkeit von Maschinengewehrsalven hervor. »Ich kann sehen, wie er sie mit seiner heilen Hand wegprügelt, während der Zünder herunterbrennt ... sie auslacht und höhnisch angrinst, vielleicht, weil sie nicht genug wissen, um wegzurennen. Vielleicht, weil er sie nicht rennen läßt, da er selbst nicht rennen kann. Weil er beschlossen hat, daß es das Ende ist und er sie alle mitnehmen will.« Sie sah zu mir hoch. »Aber manchmal trägt er nicht sein eigenes Gesicht. Manchmal ist es das von Jason, manchmal von Ahira. Und es ist das von Piell und, mein Gott, Walter, manchmal hat er sogar dein Gesicht, manchmal sieht er so aus wie du,

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