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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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gut gemacht!
    Es hatte zu lange gedauert, bis ich herausfand, was er da tat - er versuchte keinen echten therranjschen Stockkampf, sondern kämpfte im Zweischwerterstil, indem er seinen linken Stock wie einen Dolch benutzte, seinen rechten hingegen wie einen Säbel. Im Nahkampf ist der Dolch eine tödliche Waffe: wenn man Körper an Körper gegen einen Zweischwertermann steht, ist es das Beste für einen, noch nichts Fesselndes mit der freien Hand gemacht zu haben. Bei normaler Kampfdistanz bildet er eine ausgesprochen lästige, zusätzliche Blockwaffe und eine Drohung, besonders ein Dolch mit einem gegabelten Griff, der deine Klinge einfangen kann.
    Die klassische Einschwertlösung gegen ein Zweischwerterproblem ist sofortige Attacke in zweierlei Hinsicht. Man bringt seinen Gegner dazu, eine Frontstellung einzunehmen - voll auf Angriff und fast keine Verteidigung - , während man sich in einer Dreiviertel- oder seitlichen Stellung sehr effektiv verteidigt. Dabei blockt man das Langschwert hart ab und greift den Schwertarm an, um diesen empfindlich zu treffen. Anschließend zieht man sich dann weit genug zurück, um sich zu vergewissern, daß er seine Waffe verloren hat - das ist noch kein Grund, ungeduldig zu werden - , und durchbohrt ihn endlich.
    Vergiß die typischen Fechtziele, vergiß das Töten mit nur einem Schlag. All die gut aussehenden Ausfälle bei dem Versuch, zum Körper des Gegners durchzubrechen, sind nicht halb soviel wert wie ein gut geführter, tiefer Schnitt in den Unterarm, ein Gleiten durch Muskeln und Sehnen, das eine Waffe aus einer blutigen Hand fallen läßt.
    Ich hatte zuviel über Theorie nachgedacht, vermute ich. Jason arbeitete sich durch meine Verteidigung und schlug mir mit dem Stock, von dem ich dachte, daß er damit blocken würde, unsanft dasjenige aus dem Kopf, über das ich nachgedacht hatte.
    »Verdammt.« Ich fuhr zurück und rieb die schmerzende Stelle. Und wie es schmerzte.
    Er grinste. »Noch eine Lektion?«
    »Nee.«
    Er stellte die Kampfstöcke zurück in das Gestell und wandte sich dann mir zu. »Du hältst wohl nicht viel von der Idee, in Ehvenor herumzuschnüffeln, oder?«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich mag mich nicht mit Magie herumschlagen.«
    Er nickte. »Das verstehe ich, da sind wir einer Meinung. Aber gerade kam ein Bote an. Es hat den Anschein, daß wieder etwas in der Nähe von Ehvenor los ist. Außerdem soll in Fenevar ein Toter aufgefunden worden sein, mit der Nachricht ›Der Krieger lebt‹.«
    Mit einer vollständigen Fußnote auf Englisch, wahrscheinlich.
    Ich hatte schon seit Stunden nichts mehr vom Drachen gehört.
    »Mikyn?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Schon möglich. Er ist unser einziger Anhaltspunkt.«
    Nun, das hörte sich irgendwie einleuchtend an. Einen magischen Strom zu fabrizieren, war nicht meine Spielklasse, aber einem roten Faden zu einem verlorengegangenen Freund zu folgen, dazu war ich durchaus imstande.
    »Eine Gruppe oder zwei?« fragte er.
    Zwei Gruppen war die naheliegendste Lösung. Eine, um in Faerie nachzusehen, und die andere, um hinter Mikyn herzujagen. Eine Gruppe, um mich zu zügeln, und eine andere, die freie Hand hatte. Aber dennoch, was sollten wir tun, wenn wir ihn gefangen hatten? Ihn festsetzen? Aber wozu?
    Mikyn, wir verhaften dich wegen des Verdachts, ausgerastet zu sein, da wir zu lange nichts von dir gehört haben.
    Nein. Andererseits, wenn er über die Klinge gesprungen war ... Nun gut, es wurde jemand gebraucht, der relativ fortgeschritten und vertrauenswürdig war. Dafür kamen nur verhältnismäßig wenige in Frage. »Weiß nicht. Laß es mich erst mit Ahira besprechen.«
    Jason stimmte zu. »Na klar. Auf geht's.«
    »Jetzt?«
    »Spricht was dagegen?«
    Der Zwerg hielt sich wieder in der düsteren Schmiede auf - sein fertiggestelltes Kettenhemd hing auf einem Rahmen an der Wand. Die Glut der Kohlen spiegelte sich blutrot und dämonisch in seinen Augen. Er hatte ein Werkstück in der Esse liegen. Es sah so aus, als hätte er gerade eine Arbeit begonnen: eine daumendicke Eisenstange, von der Länge meines Unterarms, an die er ein anderes, kürzeres Stück schmiedete, wodurch dieses auf dem letzen Viertel der Eisenstange im rechten Winkel abstand.
    »Was soll das werden?« erkundigte ich mich.
    Er lächelte, als er die Verbindungsstelle zurück in die Esse schob und den Blasebalg heftig betätigte. Ein brennendheißer Hitzeschwall traf mein Gesicht. Auf seiner entblößten Brust bahnten sich

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