Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
auszukundschaften und Verhandlungen einzuleiten. Bast, einer seiner Oberingenieure, leitete die Gruppe. Er war ein prima Kerl, den ich immer noch im hintersten Winkel meines Herzens für den kleinen mageren Jungen hielt, der während jeder Wache immer etwas mehr als seine Pflicht erfüllt hatte.
Eine neue Idee von Lous vertragsfreier Arbeit.
Keine besonders gute Idee, wie sich herausstellte.
Sklaven waren dieser Tage selten auf dem Feld zu sehen, wohl aber Pferde und Ochsen, die immer alltäglicher wurden. Innerhalb des Rings aus Gutshöfen, der die Stadt Brae umgab, und deren Lehnstreue Lord Daeren gehörte, hatten nur wenige überhaupt einen einzigen Feldsklaven. Die meiste Arbeit wurde von den großen Familien, ihren Pferden und Ochsen bewältigt.
Außer bei einem: Eine kleine Parzelle bestellte ein alter Mann namens Heneren mit seiner kinderlosen Frau und einem längst ausgedienten alten Sklaven, der Wen'red hieß. Sie wurden von einem fahrenden Hufschmied aufgesucht, der von Hof zu Hof reiste, um die Pferde zu beschlagen.
Er hatte in kürzester Zeit Heneren und seine Frau umgebracht, Wen'red verkündet, er sei nun frei, und dann den alten Sklaven allein zurückgelassen, während er selbst den Weg in Richtung Stadt einschlug.
Wen'red hatte einen Tag gewartet und sich dann selbst zu Fuß zur Stadt aufgemacht. Er brauchte einige Tage, denn er hatte den Hof seit dreißig Jahren nicht verlassen und verirrte sich auf seinem Weg. Er kannte seine Pflicht gegenüber seinem verstorbenen Herrn und meldete den Mord einem städtischen Waffenträger ...
... einen Tag, nachdem man Bast beobachtet hatte, wie er diesem Hufschmied half, eine Passage aus Brae heraus zu buchen..
Und zwar am Nachmittag desselben Tages, an welchem Mikyn morgens in See gestochen war.
Zwei Tage zuvor war ein Waffenträger in die Stadt zurückgekehrt, um eine Nachricht über den Zustand von Mikyns Opfern zu überbringen.
Selbstverständlich boten Bast und seine Gesellschaft einem Kundschafter aus Heim Unterkunft und Hilfe an. Sogar einem in der Verkleidung eines Hufschmieds, die sie leicht durchschaut hatten.
Genauso selbstverständlich klagte Lord Daeran Bast und seine Leute der Mittäterschaft an dem Mord seiner Braeer Untertanen an, setzte sie der heißen Sonne und den kalten Nächten aus und versorgte sie nur mit etwas Wasser, gerade so viel, um sie am Leben zu erhalten, bis sie vor Hunger und Pein starben.
Nette Leute, was?
»Gerade Mitternacht«, sagte Ahira. »Die Wache kann jeden Augenblick wechseln.«
Es wurde also Zeit für mich. Ganz gleich, wie intelligent, gebildet oder informiert du auch immer bist, die richtige Information zur richtigen Zeit ist immer Goldes wert, falls du meinen geistigen Höhenflügen noch folgen kannst.
Wir hatten uns auffällig prächtige Zimmer ausgewählt, die uns auffallend mehr Sicherheit bieten konnten. Sie lagen auf der dritten Etage des Gasthauses und hatten nur eine Eingangstür, aber zwei Balkone. Von unten war weder das eine noch das andere leicht zu erreichen. Selbst von oben her waren sie kaum zugänglich. Das weit überhängende Dach verhinderte, daß sich irgend jemand so mir nichts, dir nichts auf unseren Balkon herunterlassen konnte.
Mich konnte andererseits nichts daran hindern, an der Fassade des Hauses und in den Hof hinunterzuklettern - nur die Möglichkeit, von irgendwelchen Passanten entdeckt zu werden.
Die hiesige Beleuchtungsordnung wurde sehr lasch gehandhabt, so daß die beiden Straßenlaternen vor dem Haus meistens erloschen blieben, wenn nicht gerade die ansässigen Bürger forderten - unterstützt durch ein entsprechendes Aufgebot an Waffenträgern - daß sie angezündet werden sollten.
Dunkel genug also für meine Zwecke.
Einfach aus der Haustür herausmarschieren? Na klar, das wäre auch möglich gewesen. Aber es ist immer besser, die Freiheit zu haben, offiziell ganz woanders gewesen zu sein, falls irgendeine Schurkerei im Gange ist.
Und das bin ich, Walter Slowotski: Schurke von Beruf.
Ich saß in Schneidermanier auf dem Fußboden. Andrea hinter mir walkte mit den Fingern meine Schultern durch, genau die Stellen, an denen ich blaue Flecken hatte. Nun würde ich durchaus auf eine Massage verzichten, auch wenn der Masseur eine schöne Frau ist, aber nur selten dann, wenn er sein Handwerk versteht, und niemals, wenn er eine schöne Frau ist, die ihr Handwerk versteht.
Jason machte ein finsteres Gesicht; ich trug zwar eine Augenbinde, aber ich konnte hören, wie er
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