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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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und schüttelten beide den Kopf. »Koscher oder arabisch?«, fragte Lea.
    »Meine Meinung kennst du ja, und ich glaube Harveys Geschmack ist auch eindeutig«, lachte Mosche.
    »Am liebsten koscher«, bestätigte Smith. »Kennt ihr ein gutes Restaurant hier in der Nähe?«
    »Wenn du auch italienisches Essen magst, dann empfehle ich das Fonte Bella. Es ist ein paar Straßen weiter in der Rabbi Akiva Street. Es wird koscher gekocht, man kann im Garten sitzen und manchmal gibt es Live-Musik.«
    »Ich bin dabei«, antwortete der Professor erfreut.»Wir müssen allerdings darauf achten, dass wir nicht zu laut sprechen.«
    Mosche hielt die Bücher hoch. »Man wird uns beide für Studenten und dich für einen Professor halten. Und nichts davon ist gelogen, na ja, ein bisschen vielleicht.«
    Lea und der Professor lachten herzlich, und sie verließen gemeinsam das Institut. Im Freien wurden die Drei sogleich von einer Hitzewelle erschlagen.
    »Falls wir draußen sitzen, dann bitte im Schatten.« Die ersten Schweißperlen bildeten sich in den Stirnfalten des rüstigen Gelehrten.
    Mosche nickte und grinste, weil ihm die Hitze nicht das Geringste ausmachte. Einige Minuten später hatten sie einen Platz unter einer Palme gefunden. Überall summten rege Unterhaltungen, sodass man nicht von einem lauschigen Plätzchen sprechen konnte, doch das war ihnen gerade recht. Nachdem sie die Speisen gewählt hatten und eine große Flasche Mineralwasser auf dem Tisch stand, begann Mosche seinen Bericht. Er fühlte sich in diesem Kreis wie ein ebenbürtiger Archäologe und genoss das Zusammensein mit Lea und dem Professor, den er zunehmend schätzen lernte, sehr. Mosche hatte vier, zum Teil dicke Bücher mitgebracht und legte sie auf einen Stuhl neben sich. Das Oberste nahm er auf und zog einen Zettel zwischen den Seiten hervor. Er begann, über spannende Details aus der Zeit Jesu zu berichten, um ein wenig Licht in das mysteriöse Dunkel dieser Funde zu bringen.
     
    ***
     
    Schneider rüttelte seinen sterbenden Vater an der Schulter, der blass wie die Wand des Krankenzimmers geworden war. Er erlitt einen Schwächeanfall, der Richard in die Quere kam.
    »Vater, was ist mit dir? Bleib ganz ruhig. Reg dich nicht auf. Soll ich einen Arzt holen?«
    Richard stand zu heftig von seinem Stuhl auf, dass dieser mit lautem Gepolter nach hinten umfiel. Der Alte fasste sich an den Hals, riss den weiten Kragen der Pyjamajacke auf, doch die Luft reichte nicht aus, um ihn am Leben zu halten. Verzweifelt zog er seinen Sohn zu sich herunter. »Es ist zu spät, Junge. Es geht zu Ende.« Er griff nach einer goldenen Halskette und zog sie sich über den Kopf. An ihr baumelte ein kunstvoll gearbeitetes Kreuz.»Hier, mein Sohn. Mehr kann ich nicht für dich tun. Nimm es und trage es.« Er endete abrupt und sackte in sich zusammen.
    Mit einem Mal begriff Richard, was er bislang nie wahrhaben wollte: Das Leben ist endlich, und es gab Mächte, die er nicht kannte. »Was soll ich denn jetzt machen?«, fragte er noch seinen Vater, der langsam vom Stuhl glitt, sodass Richard Mühe hatte, ihn festzuhalten. Der Alte bäumte sich auf und sah seinen Sohn flehend an. »Es gibt nur eine wahre Lanze, aber der Orden darf sie auf keinen Fall in die Hände bekommen.«
    »Hat Montesi diese Lanze, Vater? Verdammt! Sag es mir!«
    Der Alte verdrehte die Augen und begann leicht zu zittern. Ein letztes Mal brachte Karl Wilhelm alle Kraft auf und krallte sich am Ärmel seines Sohnes fest. Leise hauchte er einige wenige letzte Worte heraus. »… Verletze dich um Himmels willen nie an der Spitze der Wiener Lanze. Du würdest es nicht überleben.«
    Richards Blick fiel auf den verwundeten Finger, der notdürftig bandagiert war. Dann hielt er den toten Körper seines Vaters in den Armen und ließ ihn sachte zu Boden gleiten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren keimten Gefühle für seinen Vater in ihm auf. Mitleid, vielleicht auch Liebe, vor allem aber das Bewusstsein des Verlustes.
    Die Hülle, die die Seele seines Vaters getragen hatte, lag wie ein unordentlich hingeworfenes Handtuch am Boden, und Richard realisierte, dass der, den er besuchen wollte und mit dem er viel zu besprechen gehabt hätte, nicht mehr da war.
    »Ich wollte dich noch so viel fragen. Wir kannten uns doch gar nicht richtig«, stammelte er, doch sein Vater konnte ihn nicht mehr hören. Verwirrt beschloss Schneider zu gehen, doch zuvor legte er sich die Kette mit dem noch warmen Kreuz um den Hals. Er zog das Tagebuch,

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