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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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Kaisers verwenden durfte, verhöhnte er die religiösen Gefühle der Juden eben auf andere Weise. Es gibt eine Schrift von einem jüdischen Philosophen, der von 15 – 45 nach Christus gelebt hat und der Pilatus in seiner Schrift ›Legatio ad Gajum‹ als unbeugsamen, eigenwilligen, boshaften und unversöhnlichen Menschen beschreibt. Wenn es eine Möglichkeit gab, die Volksmenge zu kränken – Pilatus war dabei. Er liebte Hinrichtungen und unvorstellbare Grausamkeiten.«
    »Was hatten diese Münzen damals für einen Wert?«, fragte Lea mit wachsendem Interesse.
    »Nun, die Frage ist schwer zu beantworten. Es kursierten ja eine Menge Münzen im Land. Es gab den Aureus, die Goldmünze, die 25 Denare wert war. Für einen Denar bekam man 4 Sesterze, die entsprachen 8 Dupodien, die wiederum waren 16 Asse wert und so weiter. Der Denar war eine Silbermünze, alle im Wert darunter liegenden waren aus Messing oder Kupfer. Die meisten Münzen waren natürlich reine Zahlungsmittel, aber die Münzen des Pilatus hatten darüber hinaus einen hohen symbolischen Wert, und wer sie stahl, konnte sich auf eine deftige Strafe gefasst machen. Der Dieb erklärte damit nämlich zugleich, dass er sich den heidnischen Riten und Kulten nicht unterwerfen wollte, und gab sich als Staatsfeind zu erkennen. Juden wurden von den Besatzern ohnehin gehasst, aber aufsässige Juden waren den Römern mehr als verhasst und landeten häufig am Kreuz.«
    Auch der Professor lehnte sich nun zu Lea und Mosche über den Tisch, als dürfe niemand dieses konspirative Gespräch mitbekommen. Seine Worte waren ein Flüstern geworden. »Damit beweisen wir aber doch nur, dass die Toten nicht vor 30 nach Christus dort bestattet worden sind, aber wir können nicht mit Genauigkeit sagen, wie viele Jahre die Münzen schon im Umlauf waren.«
    »Ich schätze, dass die Toten exakt im Jahr 30 n.Chr. gestorben sind. Sobald nämlich eine neue Münze geprägt wurde, verlor die vorige an Wert. Es ging nicht in erster Linie darum, aus welchem Material die Münzen bestanden, sondern darum, wie viele man davon als Tauschmittel besaß und um welche Art es sich handelte. Man wog sie nicht, sondern zählte sie. Akzeptanz und Wert wurden ihnen also nicht durch den Metallwert verliehen, sondern ihre sogenannte ›forma publica‹, das heißt, ihr richtiges Aussehen war entscheidend. Um im heutigen Jargon zu sprechen: Wer trendy sein wollte, besaß die aktuelle Prägung, identifizierte sich damit nach außen hin mit den Herrschern und war sich der Gunst der Obrigkeit sicher. Die Verwendung der richtigen Münzen war so eine Art Loyalitätsbeweis, versteht ihr?«
    Mosche lehnte sich erneut zurück, als das Essen gebracht wurde. Es war allen Dreien unangenehm, dass ihre Stimmen verstummten, und selbst dem Kellner fiel die spontane Unterbrechung auf.
    Während sie das Essen mit großem Genuss verspeisten, sprachen die Drei kaum ein Wort miteinander. Jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen, um all die Informationen, die irgendwie nicht zusammenpassen wollten, zu verarbeiten. Smith sezierte seine Pizza dabei nach Kriterien, die nur er allein kannte. Mosche und Lea vermuteten, dass die Verträglichkeit der Zutaten der entscheidende Gesichtspunkt für die Auslese war, und so wurde verständlich, dass nach und nach alle Zwiebeln und Bohnen an den Rand des Tellers verbannt wurden.
    Nach einer Weile fand Mosche als Erster die Sprache wieder. »Habt ihr etwas dagegen, wenn ich nach dem Essen mit ins Institut komme? Zeit genug hätte ich noch.« Smith und Lea sahen sich an, und während Lea noch auf ihrem letzten Bissen Pizza herumkaute, wandte sie sich Mosche zu. »Ich habe eigentlich nichts dagegen, sofern du dich an unsere Spielregeln hältst.«
    »Sterilität und all das?«, fragte Mosche neckend.
    »Im Grunde genommen gibt es keine Sterilität, sondern nur Keimverarmung, und wenn du sagst, dass die Toten an sich ja auch nicht steril sind, hast du sicher recht. Aber es geht darum, keine fremden Keime einzuschleusen, die den Zersetzungsvorgang beschleunigen. So sind nun einmal die Bestimmungen.«
    »Also wenn ich etwas zu sagen hätte, was ja nicht der Fall ist«, mischte sich der Professor mit schelmischem Unterton ein »würde ich deine Anwesenheit sehr schätzen.«
    »Also dann. Eigentlich bin ich ja nur auf das Ergebnis aus Harvard gespannt, das ist der einzige Grund«, scherzte Mosche.
    Gemeinsam verließen sie das Lokal und machten sich auf den Weg zurück zum Institut.
    Es war gegen

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