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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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muss – und zwar die einzig Wahre.« Raphaela blieb abrupt stehen und drehte sich zu ihm um. »Es gibt sie noch, das weiß ich genau.«
    »Wie kommst du denn darauf? Woher willst du wissen, dass die in Armenien nicht die Echte ist oder die von diesem Ludwig.«
    »Da hast du recht. Die Geschichte der Lanze, die in Armenien liegt, erscheint allen Wissenschaftlern am plausibelsten – und sie ist beinah lückenlos dokumentiert. Das Christentum war in Armenien ja sehr früh verbreitet. Die armenische Kirche wurde offiziell um 301 gegründet und führt ihren Ursprung auf die Apostel Bartholomäus und Taddäus zurück, die zwischen 50 und 60 als Evangelisten nach Armenien kamen und dort den Märtyrertod starben. Im Thaddäuskloster in Nordpersien werden deren Reliquien bis heute verehrt.«
    Raphaela schlängelte sich behände durch die Menschenmenge, als gäbe es sie gar nicht, während sich Huber verzweifelt bemühte, den Zorn der von ihm angerempelten Menschen abzuwehren. Sie näherten sich dem Ausgang, und er spürte, wie die warme, mediterrane Luft Italiens in seine Nase floss. Dennoch ließ er nicht locker. Es waren nur noch wenige Meter bis zum Taxistand, an dem die Unterhaltung erst einmal beendet sein würde. »Und wo genau ist die armenische Lanze?«
    »Eine Chronik aus dem 12. Jahrhundert erwähnt die Legende von ›Geghard‹, übersetzt ›Lanze‹, die der Apostel Thaddäus angeblich nach Armenien gebracht haben und die als wertvolle Reliquie in dem gleichnamigen Höhlenkloster versteckt worden sein soll. Die Lanzenspitze, die Jesu vermeintlich getötet hat, ist heute im Museum von Edschmiatsin zu sehen.«
    »Und? Könnte das nicht die Echte sein?«
    Raphaela blieb kurz vor dem Ausgang stehen und schaute Huber nachdenklich an. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich eine solche Reliquie über die Jahrtausende hinweg ausstellen und verehren lässt, ohne dass sie Schaden nimmt. Es wäre viel zu gefährlich, sie jedem zu zeigen. Gerade, wenn jedermann hinter ihr her ist. Ich sage dir eines: die wahre Lanze muss verschlossen und verwahrt, das heißt: vor der Welt verborgen bleiben. Sie ist, wie gesagt, viel mehr als nur eine Reliquie. Sie ist … sie ist das Leben. Sie macht unsterblich. Sie ist pure Magie.«
    Das nun ging Huber entschieden zu weit.»Du glaubst tatsächlich an dieses ganze Lanzen-Zeug, oder?«
    »Ich habe ihretwegen Geschichte studiert, zumindest überwiegend. Ich bin auf der Suche nach der Lanze, seitdem ich denken kann, und das ist schon verdammt lange.«
    »Und dein Onkel?«
    »Der war nur ein braver Wachmann. Doch ohne es zu wissen, hat er mich auf diesen Weg gebracht. Als ich noch ein Kind war, hat er mir die vielen Legenden und Geschichten über die Lanze erzählt. Er liebte diese Waffe. Manche Geschichten hat er sicher einfach nur erfunden, so wie man Kindern eben ausgedachte Geschichten erzählt. Aber die meisten hat er aus uralten Schriften vorgelesen, die er in einem alten knorrigen Schrank verwahrt hatte. Leider kann ich ihn nicht mehr fragen, was nun Wirklichkeit und was Fantasie war. Er ist tot und die Ironie der Geschichte ist, dass er mit der Lanze erstochen wurde, von der alle glauben, sie mache unbesiegbar und unsterblich. Verstehst du jetzt, warum ich die Wahrheit kennen muss?«
    Huber blickte in ihre braunen Augen und wusste nicht, wie er das Funkeln darin zu bewerten hatte.

XXI
    Schneiders Rückfahrt zum Flughafen glich eher einer Flucht als der gemütlichen Fahrt eines Urlaubers. Ein weiterer Mensch war durch seine Schuld ums Leben gekommen, und allmählich regte sich so etwas wie ein Gewissen in ihm, wenn auch nur zaghaft und für wenige Sekunden.
    Er fuhr die holperigen und kurvigen Straßen viel zu schnell und bemerkte in seinem Rückspiegel die riesige Staubwolke, die er aufwirbelte. Er dachte an Montesi und wie er den Mönch dort zurückgelassen hatte. Es wird eine Weile dauern, bis man ihn findet , dachte er. Richard schätzte das Risiko, entdeckt zu werden, als gering ein. Es war unwahrscheinlich, dass sich einer der Mönche das Kennzeichen seines Wagens aufgeschrieben hatte. Wozu auch? Warum hätten sie ihm gegenüber Argwohn hegen sollen? Die Chancen, unentdeckt zu bleiben, standen gut und seine trübe Stimmung hellte sich auf.
    Auf dem Beifahrersitz lagen seine Jacke und die Zeitschrift, die er aus dem Flugzeug mitgenommen hatte. Er hatte sich gewundert, dass es außer den üblichen Klatschzeitungen wissenschaftliche Magazine gab und die Gelegenheit

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