Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
Vom Netzwerk:
können. Viele konnten es kaum erwarten, in wenigen Minuten heiligen Boden zu betreten.
    Smith stand in der Schlange der aus dem Flugzeug strömenden Menschen und blickte sich um: eine bunte Mischung schwarzhaariger und dunkeläugiger Menschen neben blonden oder mit einer Kippa bedeckten Köpfen. Viele der Reisenden waren Touristen, die sich in den kommenden Tagen oder Wochen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Israels anschauen wollten. In der Regel buchten sie Jerusalem, Bethlehem, Massada und den Beduinenmarkt in Beer Scheva und machten im Anschluss daran Badeurlaub am Toten Meer oder in Eilat.
    Wie ein Tourist sah Harvey Smith nicht aus. Mit seiner dicken Hornbrille, dem Schlapphut und der Tweed Jacke wirkte er wie der Prototyp des typisch langweiligen Professors mit grauem Bart auf Oberlippe und Kinn. Nachdem Smith sein Gepäck vom Band gezerrt und diverse Sicherheitschecks hinter sich gebracht hatte, trat er aus dem Gebäude der EL AL heraus und rang nach Atem. Zwölf Stunden klimatisierte Luft aus den Düsen über seinem Sitz stand in krassem Gegensatz zu der Hitze, die ihm hier entgegenschlug. Das Taschentuch, das den Angstschweiß im Flieger aufgezogen hatte, musste erneut herhalten, und Smith fragte sich, wie viel Wasser noch aus seinem Körper flüchten würde.
    Ein Taxifahrer half Smith beim Einladen seines bescheidenen Gepäcks und machte sich ernsthafte Sorgen um den Gesundheitszustand des alten Mannes. Er reichte Smith eine noch unangetastete Flasche Mineralwasser ohne Kohlensäure. Der Professor dankte und hatte die Flasche ausgetrunken, noch ehe sich das Taxi in Bewegung setzte. Der Fahrer warf während der Fahrt regelmäßig einen Blick in seinen Rückspiegel. Des Öfteren hatte er ohnmächtige Fahrgäste im Krankenhaus abliefern müssen und dann kein Geld für die Fahrt gesehen. Smith hatte seinen Kopf angelehnt und hielt die Augen geschlossen. Nachdem sie ihr Ziel erreicht hatten, gab er dem freundlichen Taxifahrer ein solch fürstliches Trinkgeld, dass dieser eine ganze Kiste Wasser hätte dafür kaufen können.
    Lea lief unruhig im Eingangsbereich auf und ab. Nach ihrer Berechnung, die dreißig Minuten für den Stau in Jerusalem einschloss, würde der Professor jeden Moment im Institut eintreffen. Er wird müde sein. Immerhin ist er schon einundsiebzig, kalkulierte sie, als durch die Drehtür des Gebäudes ein erschöpfter, wie achtzigjährig wirkender Mann die klimatisierte Eingangshalle des archäologischen Instituts betrat. Mit eiligem Schritt kam Lea dem Professor entgegen und begrüßte ihn, indem sie den Kopf vor dem älteren Herrn neigte. Sie nahm seinen Koffer und hätte Professor Smith am liebsten sofort in den unteren Bereich des Institutes geführt, um ihm die Grabfunde zu zeigen. Doch ihr war klar, dass dem Gast aus Amerika zuerst eine erholsame Nacht und ein kräftiges Frühstück zustanden.
    Sie entschied, ihn in die Cafeteria des Instituts einzuladen. Ein Kaffee wird Wunder wirken, dachte sie und hoffte inständig, der Professor möge sich doch so schnell von seiner Reise erholen, dass die Neugier auf die Funde siegte. Die höfliche Frage, wie ihm der Flug bekommen sei, blieb unbeantwortet.
    ***
    Dr. Richard Schneider rieb sich die Augen und konnte kaum weitere Informationen aufnehmen. Dennoch heftete er seinen Blick erneut auf die Zeilen, die vor langer Zeit geschrieben worden waren.
    28.Aug. 1939
    Ich habe es befürchtet und es ist wahr geworden: Heute wurden die Lebensmittelrationen bekannt gegeben und alle Freunde und Bekannte, ja, ich darf annehmen, das ganze deutsche Volk murrt darüber.
    31.Aug. 1939
    Nur eine Woche, nachdem ich bei Himmler war, überstürzen sich hier in Berlin die Ereignisse. Ich darf es nicht laut aussprechen, aber alle Freunde und alle vertrauenswürdigen Menschen, die ich kenne, sind gegen den Krieg. Wir wissen nichts über die Pläne der Führung – die Presse wird leider vollständig im Dunkeln gehalten. Das ärgert mich als Journalisten natürlich sehr. Goebbels sagt, der Aggressor sei Polen und Deutschland gedenke nicht, sich diese Aggression gefallen zu lassen. Ich kann nicht umhin zu glauben, dass von der angeblichen Aggression Polens keine Spur zu finden ist und dass diese offizielle Aussage so nicht ganz stimmt – vorsichtig formuliert.
    Ich hatte mein letztes Treffen mit H. in Anbetracht der gegenwärtigen Situation schon fast vergessen, als mich ein Brief von ihm erreichte, in dem er mich aufs Neue in sein Büro einlud. Wieder holten mich

Weitere Kostenlose Bücher