Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
wollen sich nur an uns bereichern.«
»Meinst du denn, Friehling vertritt uns umsonst?«, gab Blome zu bedenken.
»Nein, nicht gerade umsonst, aber er schuldet mir noch einen Gefallen von dieser Sache damals, na du weißt schon.«
Blome erinnerte sich daran, wie Schneider seinen alten Freund bei einer illegalen Geschichte gedeckt hatte. Irgendwann löste Schneider dann seine »Gefallen« wieder ein.
»Geht in Ordnung«, gähnte Blome in den Hörer und rief sich in Erinnerung, dass ihm noch fünf Stunden Schlaf blieben. Schneider indes war ein Nachtmensch und lief nach Mitternacht zur Hochform auf.
»Ich kann mich darauf verlassen, dass du das alles hinkriegst, oder?
»Ja, sicher, Richard. Ich bin kein Anfänger.«
»Hätte ich nicht so eingeschätzt, nach deinem Patzer mit Schilling«, bemerkte Schneider bissig.
»Schon gut. Ich regle das morgen.«
»Gute Nacht, Gerd.«
Blome beendete das Gespräch, indem er wortlos auflegte. An Schlaf war für ihn nicht zu denken. Dafür hatte Schneider gesorgt.
Richard legte sein Mobiltelefon beiseite, goss sich einen weiteren Whiskey ein und wendete sich erneut dem Tagebuch seines Vaters zu. Immer lebendiger wurde die Geschichte des Deutschen Reiches, und er begann, seinen Vater in einem anderen Licht zu sehen.
V
Mit gesenktem Kopf drehte Mosche sich um und schlurfte aus der Höhle hinaus. Sollen sie doch ihren Ruhm genießen , dachte er. Seine Leidenschaft galt nicht dem irdischen Erfolg, sondern dem, dem er ewigen Dank für die Rettung seines Sohnes geschworen hatte. Und als er an seinen kleinen Nathanael dachte, flossen Frieden und Ruhe in sein Herz, und er begann, sich auf den Sabbat zu freuen.
Die IAA dagegen arbeitete von nun an ohne Unterbrechung an ihrem neuen Fall. Zunächst galt es, die Höhle perfekt auszuleuchten, sie zu vermessen, die Beschaffenheit des Gesteins zu analysieren und nach in der Höhle vorhandenen Zeugen einer längst vergangenen Zeit zu suchen. Keramik- oder Textilteile, Knochenstücke, Münze oder Ähnliches konnten erwartet werden. Behutsam machte man sich daran, die Leinentücher anzuheben, und sie zwischen gleichgroße Folien zu legen.
Der Fund war in den Augen der Archäologen so bedeutend, dass absolutes Stillschweigen gegenüber der Presse angeordnet wurde. Sie wollten nicht durch ein Heer neugieriger Reporter aus aller Welt bei der Arbeit gestört werden. Lea Weizmann begleitete ihre leitende Position innerhalb der IAA erst seit zwei Jahren und war für den überraschend verstorbenen Ehud Sonneberg eingesprungen. Nun beaufsichtigte sie die Grabungen.
Es dauerte drei Wochen, bis alle noch so winzigen Fundstücke im Grabungsbuch katalogisiert, verpackt und abtransportiert waren. Die drei Leichname wurden in einen speziellen abgeriegelten unterirdischen Raum gebracht, der ähnlich einem Hochsicherheitstrakt der Polizei gesichert war. Im Inneren erinnerte der Bezirk jedoch eher an einen Sektionsraum der Pathologie. Das Klima dieses Arbeitsbereiches war den höhlenähnlichen Fundorten angepasst worden, um den vorzeitigen Zerfall der Fundstücke zu verhindern. Durch eine Glaswand vom sterilen Teil getrennt, befand sich daneben ein Auswertungsbereich mit Hochleistungsrechnern, Aktenschränken und diversen Geräten zur Analyse organischer und anorganischer Stoffe.
»Liebe Kollegen«, begann Lea, als sie ihr Team versammelte hatte, und stützte ihre Hände in die Seiten. »Eine Menge Fragen sind zu beantworten: Wie alt sind die Skelette? Wer sind die Toten? Woran sind sie gestorben? Und vor allem, welche Rückschlüsse lassen sich auf die Epoche ziehen, aus der sie stammen? Ich habe mir die Skelette angesehen und erwarte von Ihnen allen einen äußerst behutsamen Umgang mit diesen menschlichen Überresten. Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich darauf verweise, dass wir verpflichtet sind, jüdischen Begräbnisrichtlinien entsprechend vorzugehen. Das heißt: Solange wir nicht wissen, wer diese Toten sind, müssen sie auf jedem Fall mit Respekt behandelt werden!«
Die vier anwesenden Männer murmelten unverständliches Zeug, doch sie nickten. »Das gleiche gilt für die Analyse der Leinentücher und der anderen Fundstücke, die wir geborgen haben. Ich habe aufgrund einiger Unstimmigkeiten bezüglich der Befunde, einen Kollegen aus den USA verständigt. Sie werden alle schon von ihm gehört haben: Professor Dr. Harvey Smith. Er hat in Harvard den Lehrstuhl für Anthropologie und Archäologie und gilt weltweit als Spezialist auf diesem
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