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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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»Horst Wessel Lied«. Trotzdem reagiert das deutsche Volk nicht mit Euphorie, wie die Führung es gerne sähe. Die Menschen sind erstaunlich gleichgültig.
    15. Sept. 1939
    Die Deutschen haben 100.000 Gefangene in Polen gemacht. Damit ist Polen quasi liquidiert. Erweiterung des Lebensraumes nennt man das – ich weiß. Schließlich habe ich selbst einen Artikel darüber verfasst, den, der Himmler so gut gefiel. Mich überkommt dennoch seit kurzem das seltsame Gefühl, nicht mehr zu dem stehen zu können, was ich damals geschrieben habe. Es ist fast wie ein schlechtes Gewissen den Polen gegenüber.
    17. Sept. 1939
    Die Rote Armee fällt von der anderen Seite in Polen ein, trotz Nichtangriffspakts mit Polen. Hitler sagt, die Polen seien diejenigen, die internationales Recht verletzt hätten und sie sollten sich ergeben. Kann nicht verstehen, was Polen verbrochen haben soll. Muss morgen Traunstein fragen.
    26. Sept. 1939
    Hitler, Himmler und Ribbentrop sind von der Front zurückgekehrt. Sie haben nicht an der Beisetzung Generals von Fritsch teilgenommen. Man munkelt, dass dieser den Freitod gesucht hat. Habe von heftigen Kämpfen um Warschau gehört mit großen Verlusten in der Zivilbevölkerung. Dieser Krieg scheint noch brutaler abzulaufen als der erste.
    Brauche dringend eine neue Hose. Kann jedoch in diesem Monat keine mehr bekommen. Versuche es im nächsten.
    27. Sept. 1939
    Heute wurde ich wieder von den beiden stummen Fahrern abgeholt, doch diesmal fuhren sie einen anderen Weg. Ich wohne zwar erst einige Monate in Berlin, doch der Weg nach Dahlem ist mir inzwischen bekannt. Wir fuhren in eine vornehme Villengegend und dann eine gepflasterte Auffahrt empor, die zu einer herrlichen, weiß getünchten Villa führte. Himmler empfing mich ausgesprochen herzlich, fast wie einen guten Freund. Er trug auch keine Uniform, sondern eine bayrische Tracht. Mir schien, dass er, eigens seiner Kleidung angepasst, heute den bayrischen Dialekt bevorzugt verwendete. Er war sehr guter Laune und strahlte eine Freude aus, die mir äußerst sonderbar vorkam.
    Himmler hatte am Vormittag ein Treffen mit Hitler, der zurzeit in der Stadt weilt. Vielleicht war er deshalb so frohen Mutes. Er sagte, er sei sehr zufrieden mit der Entwicklung in Polen. Ich weiß, was er meint, denn schließlich habe ich es gestern nach München telegrafiert. Es ging um die Verordnung, dass alle Juden zwischen vierzehn und sechzig Jahren zur Zwangsarbeit verpflichtet werden können. Ich empfinde jedoch das verhängte Strafmaß für die, die der Aufforderung zur Arbeit nicht nachkommen, deutlich überzogen: zehn Jahre Zuchthaus.
    Himmler führte mich einige Minuten lang durch die Räume seiner Villa. Aufmerksam nahm ich jedes Detail wahr. Wir blieben nur im Erdgeschoss, doch ich gehe davon aus, dass sowohl im Keller, als auch im Obergeschoss noch etliche Zimmer sind. Sie sind sehr großzügig geschnitten und doch ist die Einrichtung als einfach, ja fast schon spartanisch zu bezeichnen. Ich kann nicht behaupten, dass dieser Mann im Luxus schwelgt – so wie ich es mir immer vorgestellt habe. Er scheint eher einen bescheidenen Lebensstil zu pflegen, obgleich er sich diese Villa leistet, die natürlich, im Gegensatz zu draußen und den meisten Wohnungen in Berlin, wunderbar geheizt ist. Vermutlich wurde sie ihm vom Führer zur Verfügung gestellt. Es ist eine Wohltat für mich, hier zu sitzen, auch wenn ich stets denselben bitteren Kräutertee mittrinken muss, den Himmler seines Magens wegen literweise zu sich nimmt.
    Heute gewann ich den Eindruck, dass er mich nun endgültig als einen Verbündeten betrachtet. Nicht mit einer Silbe hat er mich nach meiner Entscheidung bezüglich seiner Biografie gefragt. Als ginge er davon aus, dass es die selbstverständliche Sache der Welt und überhaupt die größte Ehre für mich sei, sie zu verfassen. Mir war es recht, denn so musste ich keine verkrampfte Diplomatie bemühen.
    Er zeigte mir auch seine, wie ich finde, sehr umfangreiche Bibliothek. Jedermann weiß, dass ich Bücher liebe und ich wünsche mir, eines Tages einmal so viele Werke mein eigen nennen zu dürfen. Zunächst war ich deshalb hellauf begeistert und konnte Himmler gegenüber meinen Gemütszustand auch nicht verbergen. Fort war plötzlich jegliche Contenance, und ich strich voller Zuneigung zu allem Geschriebenen über die ledernen Einbände. Einige Titel berührten mich jedoch recht befremdlich, und als ich die Bücher dann in den Händen hielt und die Titel

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