Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
Smith durch die Sprechanlage: »Die Röntgenbilder mit den dazugehörigen Auswertungen sind eingetroffen.«
Lea drehte sich um und winkte ihr zu. »Kommen Sie Dr. Gatziani? Wir sind gespannt, was auf den Scans zu sehen ist.«
Die Drei verließen den Sektionsraum und gingen in den etwas wärmeren Auswertungsbereich, in dem große Röntgenbetrachter an den Wänden hingen; wie in einem gut ausgestatteten OP-Saal. Lea schaltete sie an. Flimmernd erwachten die dünnen Neonröhren hinter dem milchigen Glas zum Leben. Die Archäologin öffnete den großen braunen Umschlag mit der Aufschrift »Skelett Nr. 3«.
Professor Smith betrachtete fragend die Vielzahl an schwarz-weißen Bildern, die durch unterschiedliche Schichtaufnahmen entstanden und auf einem übersichtlichen Bogen zusammengestellt waren. Der Kopf des Toten war sowohl in horizontalen, als auch in vertikalen Schichten geröntgt worden. Die digitale Archivierung lag auf einer CD bereit, sodass beliebige Vergrößerungen der einzelnen Schichten durchgeführt werden konnten.
»Na, das ist ja eine Überraschung«, begann Gatziani lachend, als er die Röntgenbilder näher betrachtete. Lea und Smith sahen den Dentisten mit großen Augen und angehaltenem Atem an.
»Was sehen Sie, Doktor?«, fragte Smith aufgeregt.
»Ihr Patient hat nicht nur perfekte Inlays und Kronen. Da ist noch viel mehr zu sehen.« Dr. Gatziani tippte mit dem Zeigefinger auf eine weiße Stelle auf dem Röntgenbild.
»Nun machen Sie es nicht so spannend. Was sind das für Dinger auf dem Bild? Sie sehen aus wie Stifte oder Schrauben.«
Dr. Gatziani genoss es, die gespannte Aufmerksamkeit seiner hübschen Patientin auf sich gerichtet zu wissen und wartete mit der Aufklärung einige Sekunden.
»Die Artefakte, die sie hier sehen, sind tatsächlich Schrauben, die in den Kiefer des Patienten implantiert wurden. Sie befinden sich dort, wo ich vorhin im intraoralen Befund die Kronen im oberen linken Seitenzahnbereich, also bei den Zähnen 26 und 27 gesehen habe. Sie erinnern sich bestimmt?«
Smith und Lea nickten.
»Unter den Kronen befinden sich sogenannte Dental-Implantate und auch die sind absolut präzise in den Kiefer eingepflanzt worden. Der, der diese Arbeit geleistet hat, verstand etwas von seinem Handwerk. Schauen Sie sich das an.« Dr. Gatziani nahm einen Kugelschreiber und skizzierte den Verlauf der Nasennebenhöhle nach. »Die Implantate verlaufen genau unterhalb der knöchernen Begrenzung der Kieferhöhle. Nicht einen Millimeter zu viel. Auch der sogenannte Randschluss der Kronen auf den Implantaten ist als sehr exakt zu bewerten.«
»Das sehen Sie alles auf diesem einen Bild?«, fragte Smith skeptisch.
»Absolut. Ich selbst implantiere seit über zehn Jahren und habe über dreitausend Implantate verschiedener Hersteller inseriert.« Lea zog die Augenbrauen hoch. »Eingesetzt, Frau Weizmann.«
»Vielen Dank Dr. Gatziani. Das war mir schon klar.«
Gatziani nahm erneut die Lupenbrille zur Hand und setzte sie auf. Er betrachtete die feinen Schraubenwindungen der Implantate. »Es gibt inzwischen an die zweihundert verschiedene Implantatsysteme. Darunter sind jedoch auch eine Menge Plagiate zu finden, die von anderen Firmen abgekupfert wurden und die Form des Implantates einfach kopieren. Dadurch ist es allein anhand des Röntgenbildes schwer möglich zu sagen, um welches Fabrikat es sich hier handelt. Die Form der Implantate ähnelt aber jenen, die ich selbst verwende.« Gatziani nahm die Lupenbrille wieder ab. »Medical Implant System. Ein sehr erfolgreiches System hier aus Israel. Wird oben im Norden in Shlomi hergestellt. Meines Wissens exportiert die Firma aber auch in andere Länder wie Griechenland, Italien, den ganzen Ostblock, USA und sogar nach Deutschland.«
Smith konnte die Informationen des Zahnarztes noch immer nicht den Aussagen zuordnen, die er kurz zuvor von Lea erhalten hatte. Um weiteren, verwirrenden Ausführungen zu entgehen, fasste er den Doktor behutsam, aber bestimmt an der Schulter und begleitete ihn mit einem gequälten Lächeln zur Tür. »Vielen Dank, Herr Dr. Gatziani. Sie haben uns sehr geholfen. Frau Weizmann kennt ja Ihre Anschrift, falls wir noch einmal ihre Kenntnisse benötigen.«
»Kein Problem. Jederzeit gern.«
Smith ließ Gatziani keine Zeit, Lea die Hand zu reichen, sodass dieser ihr nur noch freundlich zuwinken konnte. »Und immer gut putzen«, rief er ihr über die Schulter zu. »Keine Sorge. Spätestens in einem halben Jahr komme ich zur
Weitere Kostenlose Bücher