Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
nur dann würdevoll beerdigen, wenn sie bereit waren, die anderen beiden auch mitzunehmen. Die Römer drückten bei Dismas ein Auge zu und ersparten sich die Arbeit, die Leichen selbst wegbringen zu müssen.«
Er ließ seinen Blick über das grüne Hinnomtal schweifen. »Mein Gott, was muss es hier damals gestunken haben.«
Für einen Augenblick hingen die Drei schweigend ihren Gedanken nach, und es wurde ihnen bewusst, welch düstere Vergangenheit mit diesem Ort verbunden war, die jetzt, zweitausend Jahre später, so friedlich wirkte.
Lea unterbrach als Erste die Stille. »Aber was hat das alles mit diesen Münzen zu tun? Das ist mir noch nicht klar. Sagt die Legende darüber auch irgendetwas aus?«
Nach einer weiteren kleinen Verschnaufpause fuhr Smith fort. »Allerdings. Deshalb fiel mir die Geschichte wieder ein. Die drei Leichen von Golgatha wurden unverzüglich hierher gebracht und in ein Grab am Rand des Töpferackers gelegt. Ob die üblichen Holzschilder mit ihrem Namen und ihrem Vergehen mitgenommen wurden oder ob sie in der Eile und in Anbetracht der ungewöhnlichen Finsternis verlorengegangen sind, ist nicht bekannt. Aber eines scheint sicher zu sein …« Smith knöpfte sich die obersten Knöpfe seines nassen Hemdes auf. »… demjenigen Schächer, der Buße getan hatte, wurden, als Zeichen der wiederhergestellten Ehre sieben Münzen ins Grab gelegt. Sieben, die Zahl der Vollendung. Ein Sinnbild, dass er durch die Vergebung, die Jesus ihm zugesprochen hatte, reich beschenkt worden war und dass sein Leben in einem guten Sinn vollendet war. Der andere Schächer bekam nur eine Münze, das galt als Sinnbild für einen Hungerlohn, ein Almosen, war als Verhöhnung und Verachtung gemeint.«
»Und der Fremde?«, unterbrach ihn Lea.
Smith zuckte mit den Achseln. »Tja. Der hat nichts bekommen. Man kannte ihn nicht und wollte ihn nur verscharren – ganz ohne Würde.«
»Wow, das ist ja eine Story«, sagte Mosche. »Wir sollten schleunigst die Münzen reinigen und datieren lassen. Wenn das stimmt, was du sagst, und wir genau das Grab dieser beiden Schächer gefunden haben, müssen wir uns auf einen riesigen Ansturm der Medien gefasst machen.«
»Deshalb ist es so wichtig, dass wir vorerst kein Wort verlauten lassen. Übermorgen sollen die Ergebnisse der Radiokarbonanalyse eintreffen. Bis dahin wissen wir offiziell noch gar nichts«, bestätigte Lea.
Mosche, Lea und Smith erhoben sich steif von ihrer Unterlage, wobei der Professor gestützt werden musste. Lea sammelte die sieben Münzen, die auf der Grabbank des einen Toten gelegen hatten ein und ließ sie in einen kleinen Lederbeutel gleiten. Die andere, kleinere Münze verschwand in einem unscheinbaren Leinensack.
Der Professor ächzte: »Wie es scheint, werden wir hier keine weiteren Spuren finden, die auf die Identität der Toten schließen lassen. Ich schlage vor, dass wir die Höhle für den heutigen Tag versiegeln. Ich wäre dankbar, wenn ich den Rest des Tages in der Kühle des Instituts verbringen dürfte.«
Lea und Mosche befestigten das Absperrband an den provisorischen Pfosten der Polizei und wandten sich dem Abstieg zu. Sie folgten dem Professor, der den Abhang hinunterschlurfte und gedankenversunken Selbstgespräche hielt.
Da Leas Nissan keine Klimaanlage besaß, quälte sich der Professor noch eine weitere halbe Stunde. Vor allem brauchte er dringend zu essen und zu trinken und eine kühle Dusche. All das aber, hätte er für eine plausible Erklärung eingetauscht, die Licht in all diese mysteriösen Fakten brachte.
Mosche nutzte den Rest des Tages, um zu Hause Bücher über antike Münzen zu wälzen. Er hatte es zu einer ansehnlichen Sammlung von Geschichtsbüchern gebracht, die ihm die Wurzel des Judentums nahebrachten. Lea bediente sich hin und wieder seiner profunden Kenntnisse auf diesem Gebiet.
Er saß längere Zeit am Küchentisch und hatte vor sich einen Stapel numismatischer Literatur, als er seine Frau in der Küche durch einen Aufschrei erschreckte.
»Ich habe sie gefunden! Das gibt es doch gar nicht!«
Rachel erschien im Türrahmen und wischte sich die Hände an der Schürze trocken. »Was gibt es nicht, Mosche?«
»Ich hab es gewusst, Schatz. Ich hatte tatsächlich recht.«
»Du darfst mir mal wieder nicht sagen, worum es geht, oder?«
Mosche nickte stumm und sah seine Frau mitleidig an. »Ich musste es dem Professor versprechen. Ich soll dich von ihm grüßen und dir herzlich danken. Seinem Magen ging es
Weitere Kostenlose Bücher