Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Augenblick fragte, ob Thomas sich nicht letztlich als noch unangenehmer erweisen würde als Wynkyn.
    In den Jahren nach der schwarzen Pest – der Herr sei gepriesen, dass sie vorbei war – hatte Bertrand viele Wochen lang auf Knien um Vergebung für seine große Erleichterung darüber gebetet, dass Wynkyn nicht aus Nürnberg zurückgekehrt war. Er hatte als Letztes vernommen, der Bruder habe Nürnberg sicher erreicht, sei dann aber von einer Reise in die Wälder nördlich der Stadt nicht mehr zurückgekehrt.
    Bruder Guillaume, der nun dem Kloster in Nürnberg vorstand, hatte Bertrand berichtet, Wynkyn sei vor seinem Aufbruch an der Pest erkrankt, und Bertrand konnte nur vermuten, dass der Mönch einsam und ohne letzte Beichte irgendwo auf der Landstraße gestorben war.
    Zweifellos hatte er alle glücklosen Wölfe, die an seinen Knochen genagt hatten, mit der Pest angesteckt.
    Bertrand hoffte, dass ihm die Sünde der unfreundlichen Gedanken über Wynkyn de Worde vergeben worden war.
    Er wusste nicht, was mit Wynkyns Buch geschehen war und offen gestanden kümmerte es ihn auch nicht weiter. Guillaume hatte es nicht erwähnt und Bertrand sich nicht danach erkundigt. Es befand sich nicht innerhalb der Mauern seines Konvents und das war alles, was zählte.
    Also fuhr Bertrand fort, Thomas zu beobachten und dem Ordensgeneral in England regelmäßig Berichte zu schicken.
    Er nahm an, dass sie Thorseby nicht unbedingt beruhigten, und fragte sich hin und wieder, was mit Thomas geschehen würde, wenn er irgendwann nach Oxford zurückkehrte, um seine Stelle als Lehrer wieder aufzunehmen.
    Frömmigkeit war schön und gut, aber man durfte sie auch nicht übertreiben.
    Bertrand wäre überrascht gewesen, wenn er erfahren hätte, dass es durchaus Augenblicke gab, in denen Thomas die Maske seiner besessenen Frömmigkeit ablegte. Thomas überlegte sich jedoch im Allgemeinen sehr genau, wem er diesen verletzlicheren Teil seines Wesens zeigte.
    Um ihn zum Verlassen der Kapelle zu bewegen, bat Bertrand den Mönch manchmal darum, sich um den kleinen Kräutergarten des Klosters zu kümmern. Es gab nicht viel, worum man sich kümmern musste, lediglich zwei oder drei Dutzend Töpfe mit Kräutern, die vor einer warmen Mauer im Hof standen, doch das genügte, um Thomas einige Stunden mit dem Beschneiden der Pflanzen oder dem Auspflanzen von Setzlingen zu beschäftigen, wenn es nicht zu kalt war.
    Überraschenderweise genoss Thomas die Zeit, die er im Kräutergarten verbrachte. Mit den kleinen, zarten Pflanzen zu hantieren, erfüllte ihn mit einem Frieden, wie er ihn manchmal nicht einmal im Gebet fand. Die Kräuter waren anspruchslos und die Arbeit an der frischen Luft angenehm, selbst wenn es kalt war, und hier war Thomas meist mit friedlichen Gedanken erfüllt.
    Eines Tages half der einzige Novize des Klosters, Daniel, Thomas bei seiner Arbeit. Daniel war ein dünner, ungelenker und übernervöser Junge, der eine gewisse Bewunderung für Bruder Thomas empfand. Er wusste von Thomas’ Vergangenheit, seinen Abenteuern bei der Armee, seiner Stellung innerhalb des Hochadels Englands, und brachte ihm große Ehrerbietung entgegen. Hier war ein Mann, der einiges erlebt hatte, ein Mann, der sich von den anderen Mönchen, denen Daniel begegnet war, deutlich unterschied.
    Thomas hingegen fühlte sich angesichts Daniels offensichtlicher Verehrung leicht amüsiert und geschmeichelt. Als sie an diesem Tag nebeneinander standen und sich um den Rosmarin kümmerten, warf Thomas Daniel einen Blick von der Seite zu. Der Junge ging mit den Pflanzen um wie ein geborener Gärtner – Thomas war sich nur zu bewusst, dass mindestens drei der Pflanzen, die er an diesem Morgen umgetopft hatte, von Daniels raschem und gleichzeitig verlegenem Eingreifen vor dem Eingehen gerettet worden waren –, und er fragte sich, warum der Junge dem Konvent beigetreten war.
    »Hast du eine Familie, Daniel?«, fragte er und richtete den Blick wieder auf die Pflanze vor sich.
    »Ja«, sagte Daniel. »Einen Vater und einen älteren Bruder.«
    »Triffst du sie manchmal?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Daniel ein wenig stotternd und Thomas verfluchte sich leise. Der Junge dachte sicher, die Frage sei eine Falle gewesen, um herauszufinden, ob er die strengen Regeln des Konvents über die Verbindung zu Außenstehenden gebrochen hatte.
    »Vermisst du sie?«, fragte er mit sanfterer Stimme.
    Daniel antwortete nicht sofort, und Thomas dachte schon, er würde die Frage einfach

Weitere Kostenlose Bücher