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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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gestorben, und alle, die zu jener Weihnacht damals geboren worden waren, waren zu jung, um den geheimen Ort im Wald zu kennen, den der Mönch aufgesucht hatte.
    Ein Tag und eine Nacht, mehr Zeit würde er auf Asterladen nicht verschwenden, um dann die lange und schwierige Heimreise nach England anzutreten.
    Seine Enttäuschung war so groß, dass Thomas sich bei dem Wunsch ertappte, wieder sicher im Konvent Sant’ Angelo zu sein und die harmlosen Chroniken zu studieren, und dass der heilige Michael sich jemand anderen suchte, der Gottes Gerechte gegen die Kräfte des Bösen anführte.
    »Die Spur ist zu alt«, murmelte er. »Was kann ich nur tun?«
    Und doch ritt Thomas weiter.
    Zu dieser Jahreszeit war die Straße, die in den Norden führte, voller Karren, die mit Heu, Obst oder grunzenden Schweinen und Kälbern beladen waren, auf dem Weg zu den Märkten und hungrigen Mägen von Nürnberg. Hausierer zogen lärmend an ihm vorbei, ihre klappernden Wagen mit glänzenden Töpfen und Küchengerät, Bändern und Kinkerlitzchen angefüllt, für die Hausfrauen ihre schwerverdienten Münzen verschwenden konnten. Es gab unzählige Pilger, die in manchmal kleinen, manchmal sehr großen Gruppen unterwegs waren. In einer fröhlich schwatzenden Reisegesellschaft, der Thomas am späten Abend begegnete, zählte er zweihundert Mann.
    Und es gab Soldaten, Nachzügler statt ganzer Einheiten, und wahrscheinlich Söldner, die auf der Suche nach einer Anstellung in den Süden reisten. Thomas zweifelte nicht daran, dass sie sich ohne Zögern nach Westen wenden würden, wenn sie von dem bevorstehenden Krieg zwischen den französischen und englischen Truppen erfuhren, um ihre Dienste an den Meistbietenden zu verkaufen.
    Inmitten der Handelskarren, Hausierer, Pilger und Soldaten befanden sich auch einige Landarbeiter, die nach Nürnberg unterwegs waren, in der Hoffnung, irgendwo Arbeit zu finden. Seit der Pest gab es zwar Arbeit für alle im Überfluss, doch manche fanden auch jetzt keine: Kranke oder Krüppel, Menschen, die am Rande des Wahnsinns lebten, und Tagelöhner, die keine feste Arbeit suchten, sondern lieber von einem Ort zum nächsten zogen, als sich niederzulassen und ein gottesfürchtiges Leben zu führen.
    Von allen Reisenden verabscheute Thomas die Bettler am meisten. Sie waren eine Plage der Gesellschaft – Herumtreiber, die nicht einmal mehr vorgaben, arbeiten zu wollen. Den meisten von ihnen fehlte ein Körperglied, meistens ein Fuß, und sie humpelten an Krücken vorbei oder bewegten sich in schlecht gezimmerten, rumpelnden Karren fort, die sie mit ihren Händen auf dem Boden abstießen.
    Es war sinnvoller, sich einen Fuß abzuhacken als eine Hand, nahm Thomas an.
    Außerdem brauchte ein Bettler beide Hände, um um Almosen zu bitten.
    Die Abenddämmerung zog schneller herauf, als Thomas erwartet hatte, und ihm wurde bewusst, dass er Nürnberg so spät verlassen hatte, dass er Asterladen erst mitten in der Nacht erreichen würde. Er brachte seinen Wallach zum Stehen und blickte sich um.
    Die Straße war leer. Alle Reisenden, selbst die Tagelöhner und Bettler, hatten sich bereits eine Unterkunft für die Nacht gesucht.
    Thomas drehte sich im Sattel um und schaute hinter sich, dann richtete er sich in den Steigbügeln auf und spähte die Straße hinab.
    Doch so weit er blicken konnte, waren keine Behausungen zu sehen, nicht einmal die Kate eines Schäfers, geschweige denn ein Dorf oder Gasthaus.
    Er ließ sich wieder im Sattel nieder, und sein Wallach seufzte tief und verlagerte das Gewicht müde von einem Hinterbein aufs andere.
    »Ach«, sagte Thomas, »ich war so sehr in meine eigenen Sorgen vertieft, dass ich gar nicht mehr an dich gedacht habe, mein Freund.«
    Er klopfte dem Pferd auf den Hals und stieg ab. Der Wallach drehte den Kopf und stupste Thomas dankbar gegen die Brust.
    Thomas verzog den Mund. Sein Pferd brauchte Ruhe und Futter, und er ebenso, und wenn ihn nicht Wut und Enttäuschung übermannt hätten, hätte er Nürnberg nicht so überstürzt verlassen, ohne sich zu vergewissern, wo er auf der Straße nach Norden einkehren konnte.
    Nun saßen er und sein Reittier auf einer einsamen Straße fest, ohne jede Aussicht auf Hilfe.
    »Heute Nacht wirst du wohl das Gras vom Wegesrand fressen müssen«, sagte Thomas, nahm die Zügel des Pferdes und führte es weiter, »und wenn ich Glück habe, finde ich ein paar herabgefallene Eicheln für mich. Komm, es muss hier irgendwo ein geschütztes Plätzchen geben.«
    Er

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