Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
kam ihm erst viel später. Zwar versuchte er, sich erneut damit zu beruhigen, dass er dessen Tod nie gewollt und in Notwehr gehandelt hatte. Aber änderte das irgendetwas daran, dass es sein Bolzen war, der ihn getötet hatte?

10
    A ufgeregt verließ Tessa Brunetti ihre kleine Kammer. Heute würde sie zum ersten Mal allein in die Stadt gehen und eine Besorgung für ihre junge Herrin machen. Hoffentlich ging alles gut! Leise stieg sie die Treppe hinunter. Es war früh am Morgen. Gerade eben erst hatte der vielstimmige Chor der Kirchenglocken den neuen Tag eingeläutet. Ihre Herrin schlief noch und es war besser, sie nicht zu früh zu wecken, weil Tessa sonst unweigerlich deren Zorn zu spüren bekommen würde.
    Die alte Gemma erwartete sie schon ungeduldig in ihrem Zimmer.
    »Da bist du ja endlich!«, brummte sie.
    Tessa lächelte zaghaft. Inzwischen wusste sie, dass Gemma nicht wirklich verärgert war. Sie wirkte zwar manchmal ein wenig schroff, aber sie hatte ein gutes Herz und Tessa hatte in ihr eine geduldige Lehrerin gefunden. In den vergangenen Tagen hatte die alte Zofe ihr alle Handgriffe und Pflichten beigebracht, die ihr Leben von jetzt an bestimmen würden. Inzwischen konnte sie sogar mit der Brennschere umgehen und gestern Morgen hatte ihre neue Herrin beim Lockendrehen zum ersten Mal nicht geschimpft.
    »Hast du dir alles gemerkt, was ich dir gesagt habe?«, fragte Gemma.
    Tessa nickte.
    »Und das neue Haarteil und die Seidenbänder? Hast du auch daran gedacht?«
    »Ja.« Wieder nickte Tessa und hielt einen kleinen Stoffbeutel hoch. »Hoffentlich geht alles gut, liebe Gemma!«
    »Mach dir keine Sorgen. Du bist schließlich ein aufgewecktes Mädchen.«
    »Meint Ihr wirklich?«
    »Ich würde es nicht sagen, wenn es nicht so wäre«, versicherte Gemma. »Und lass dich von Fiamettas Launen und Nörgeln nicht allzu sehr bedrücken. Sie hat auch ihre guten Seiten, wie du bestimmt schon bald feststellen wirst. Herrin und Zofe, das ist, als wäre man miteinander verheiratet. Es braucht nun mal ein wenig Zeit, bis man Vertrauen zueinander fasst und einander schätzen lernt.«
    Tessa atmete tief durch. »Ich hoffe, Ihr habt recht, Gemma! Ohne Euch wäre ich verloren gewesen. Ich weiß gar nicht, wie ich Euch jemals danken soll, dass Ihr so geduldig seid mit mir.«
    »Schon gut«, sagte die alte Zofe und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber nun wird es Zeit, dass du dich auf den Weg machst. Hast du auch das Geld für die Zierbänder?«
    Tessa nickte wieder.
    »Und weißt du auch noch, wo Luigi Martelli seinen Perückenladen hat?«
    »In der Via Ghibellina im Viertel Santa Croce. Ihr habt es mir oft genug erklärt.«
    Wenig später trat Tessa hinaus auf die Straße und wandte sich Richtung Domplatz. In den vergangenen Tagen hatte sie zusammen mit der recht mundfaulen Küchengehilfin Chiara schon einige Botengänge für Fiametta erledigt. Dabei hatte sie versucht, sich möglichst viele Straßen und Plätze einzuprägen. Immer wieder hatte ihr Blick das alles überragende Gotteshaus Santa Maria del Fiore mit seiner im Bau befindlichen Riesenkuppel gesucht, war es doch in dem verwirrenden Labyrinth ein guter Wegweiser.
    So machte sie es auch heute. Zwischen den dicht stehenden Häusern fiel der Dom immer wieder ins Auge und sagte ihr, ob sie in die richtige Richtung ging.
    Obwohl es noch früh am Tag war, herrschte auf den Straßen und Plätzen schon ein dichtes Gedränge. Zum Domplatz musste sie sich regelrecht durchkämpfen, so viele Menschen strömten ihr entgegen. Hinter dem Baptisterium, der kleinen Taufkirche San Giovanni am Westrand des Domplatzes, wandte sich Tessa nach links, genauso wie Gemma ihr gesagt hatte.
    Plötzlich stürzten aus einer Seitengasse zwei oder gar drei Dutzend junger Männer hervor. Ihre wehenden Umhänge aus teurem und farbenprächtigem Stoff verrieten, dass sie aus reichen Familien stammten. Sie hatten ihre Kurzschwerter gezogen und stürmten unter lautem Geschrei über den Platz in südlicher Richtung davon.
    Tessa konnte gerade noch rechtzeitig zurückweichen. Erschrocken drängte sie sich zwischen einen Mann von kantiger Statur und einen Straßenhändler mit einem Bauchladen voller Backwaren.
    »Um Gottes willen, was geht denn hier vor? Ist eine Rebellion ausgebrochen?«, fragte der Mann, der offenbar fremd in der Stadt war.
    Der Händler blieb gelassen. »Macht Euch keine Sorgen, guter Mann. Das hat nichts zu bedeuten.«
    »Männer stürmen mit gezogenem Schwert durch Eure

Weitere Kostenlose Bücher