Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
und ihren Retter von einst vor dem sicheren Tod bewahrt hatte!
     
    »Heiliger Sebastian!«, stieß Sandro erschrocken hervor. Kurz blickte er der davonjagenden Gruppe nach und merkte dann erst, von wem er da eigentlich zu Boden gerissen worden war.
    Schnell rappelte er sich auf und zog sie hoch.
    »Du?«, stieß er fassungslos hervor. Sein Blick verfing sich in den dunklen Augen des Mädchens, das ihn zu Boden gerissen hatte. Die Iris schimmerte wie kostbarer Bernstein. Ja, es gab keinen Zweifel! Das war das Mädchen, das er aus dem Teich gerettet hatte!
    Sie war es, die als Erste die Sprache wiederfand. »Wo hast du denn deine Armbrust gelassen?«, fragte sie und lächelte.
    Sandro räusperte sich. »Die … Die habe ich nicht mehr«, brachte er stotternd hervor.
    »Ein Landsknecht ohne Armbrust?«
    »Ich … bin gar kein Landsknecht.«
    »Was bist du dann?«
    »Ich arbeite in einer Wollbottega.«
    Jetzt schwieg das Mädchen, offenbar unsicher, was sie sagen sollte. Doch dann legte sich ein entschlossener Zug um ihren Mund. »Ich habe dir noch gar nicht danken können für deine mutige Hilfe damals am Teich. Erinnerst du dich? Du hast mich gerettet.«
    Und ob er sich erinnerte! »Das war doch selbstverständlich«, wehrte er ab. Endlich hatte er sich wieder gefangen. Grimmig blickte er in die Richtung, in der die Reiter verschwunden waren. »Aber wenn hier einer zu danken hat, dann ich! Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn du mich nicht du Boden gerissen hättest! Dich muss mein Schutzengel geschickt haben.« Er sah sie mit schief gelegtem Kopf an. »Wobei ich mir Engel immer mit hellem Haar vorgestellt habe.«
    Ihr Gesicht leuchtete auf und ihr Lachen klang so melodisch wie eine Glocke.
    »Sag mal, wie heißt du überhaupt?«, fragte er.
    »Tessa … Tessa Brunetti«, erwiderte sie. »Und du?«
    »Sandro Fontana.«
    »Es freut mich, endlich deinen Namen zu wissen, Sandro Fontana.«
    In diesem Augenblick schob ihn eine mächtige Matrone rüde beiseite, um näher an die Strecke zu gelangen.
    »Holla, gute Frau«, schimpfte Sandro, doch dann griff er nach Tessas Arm. »Was hältst du davon, Tessa Brunetti, wenn wir uns ein etwas ruhigeres Plätzchen suchen? Zwar haben uns die Pferde nicht zu Tode trampeln können, aber für florentinische Matronen kann ich nicht garantieren.«
    Sie nickte lachend und er führte sie durch die dicht gedrängte Menge zum Stand eines Bäckers, wo der Trubel nicht so groß war.
    »Sag, wo kommst du eigentlich her?«, wollte Sandro wissen. Er erinnerte sich, dass die Männer am Teich sie Tscherkessin genannt hatten.
    »Ich bin in Tscherkessien geboren. Das liegt weit im Osten, wo es hohe Berge gibt, die auch im Sommer schneebedeckt sind. Das hat man mir zumindest erzählt, ich selbst kann mich nicht mehr an das Land erinnern, in dem ich zur Welt gekommen bin. Meine Mutter ist in Venedig auf den Sklavenmarkt gekommen, als ich drei Jahre alt war. Warum sie dort gelandet ist, weiß ich nicht, wahrscheinlich waren wir sehr arm.« Sie zuckte mit den Achseln, als wäre es sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. »Früher ist Venedig meine Heimat gewesen, und nachdem man mich an meine neue Herrschaft verkauft hat, ist es nun eben Florenz.«
    Sandro wünschte, er hätte etwas Mitfühlendes sagen können. Aber was sagte man zu einer Sklavin, die nicht über ihr eigenes Leben bestimmen konnte und die einfach verkauft werden konnte wie ein Ballen Tuch?
    »Und wie hast du es hier angetroffen?«, fragte er und musterte ihre schönen Züge. Die dunklen Augenbrauen verliehen ihrem Gesicht fast etwas Herrschaftliches und man konnte sich schwer vorstellen, dass sie niedrige Dienste verrichtete. Sie kam ihm um einiges erwachsener vor, nicht mehr wie ein blutjunges Mädchen, sondern schon nahe an der Schwelle zu einer jungen Frau.
    »Es hätte schlimmer sein können. Ich lebe jetzt im Haus von Benvenuto Panella drüben in Santa Maria Novella als Zofe seiner Tochter Fiametta. Am Anfang ging es nicht sehr gut mit uns beiden, denn meine junge Herrin ist recht launisch und kann einem das Leben ganz schön schwer machen«, berichtete sie. »Aber inzwischen haben wir uns aneinander gewöhnt. Ich glaube, Fiametta ist nun ganz zufrieden mit mir. Und was ist mit dir? Was machst du hier in Florenz?«
    In kurzen Worten erzählte Sandro, wie er früher gelebt hatte. Unter welchen Umständen er nach Florenz gekommen war, dass er ein Mordkomplott gegen Cosimo de’ Medici vereitelt hatte und dabei einen

Weitere Kostenlose Bücher