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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Menschen getötet hatte – das verschwieg er lieber. »Vergangenen September habe ich dann hier eine Anstellung in einer Tuchmanufaktur in Santa Croce gefunden, die der berühmten Familie Medici gehört. Die Arbeit gefällt mir gut, zumal der Lohn, den man mir zahlt, sich sehen lassen kann«, endete er stolz.
    »Sag, hättest du auch Lust auf einen Zuckerkringel oder irgendetwas anderes?«, fragte er in die Fanfare hinein.
    »Nein danke!«, wehrte sie etwas zu hastig ab. »Das ist nett von dir, aber halte dein Geld lieber zusammen!«
    »Ach was! Das kann ich mir sehr wohl leisten, wo ich doch Kost und Logis im Haus meines Meisters frei habe«, widersprach er und lachte. »Komm, wir stehen nicht umsonst neben dem Bäckerstand. Such dir etwas aus, Tessa! Du hast mir heute das Leben gerettet und du tust mir einen Gefallen damit, wenn ich dir etwas kaufen darf!«
     
    Den wertvollen Palio gewann weder Rinaldo degli Albizzi noch Neri Capponi, sondern der junge Lorenzo Strozzi, der einer nicht minder reichen Familie entstammte. Mit einer halben Pferdelänge Vorsprung jagte er vor seinen Freunden durchs Ziel.
    Doch Tessa war nicht mit dem Herzen dabei. Immer wieder warf sie dem Jungen neben ihr schüchterne Seitenblicke zu. Noch nie hatte sie jemanden getroffen, der sie weder wie eine Sklavin noch wie ein einfältiges Mädchen behandelte, sondern sich tatsächlich mit ihr unterhielt.
    »Ich würde dich gern wiedersehen, Tessa.« Sandro wandte sich ihr zu. Seine Augen funkelten und blitzten unter dem Lockenschopf. »Es ist ein Wink des Schicksals, dass wir uns hier, mitten zwischen den vielen Menschen, wiedergetroffen haben. Und das Schicksal darf man nicht herausfordern.«
    Tessa sah ihn unsicher an, doch dann glitt ein Lächeln über ihre Züge. »Auch ich würde dich gern wiedersehen, Sandro«, sagte sie ernst und sie hörte selbst, wie feierlich ihre Stimme klang.
    Aber es stimmte. Sie würde ihn gerne wiedersehen – mit ihm sprechen, das Gefühl genießen, wie ein richtiger Mensch behandelt zu werden!
    Doch dann spürte sie, wie sich ihr Herz zusammenzog. »Es wird nicht gehen.« Mutlos schüttelte sie den Kopf. »Meine Herrschaften lassen mir kaum Zeit zum Verschnaufen. Und ich kann nie vorher sagen, wann ich auf eine Besorgung geschickt werde. Wann also sollten wir uns treffen?«
    Sandro strich sich die Locken aus dem Gesicht. Er war enttäuscht. »Es muss doch eine Möglichkeit geben«, überlegte er.
    Plötzlich hellte sich Tessas Gesicht auf. »Jeden Sonntagmorgen besuchen wir die Messe in Santa Maria Novella«, sagte sie aufgeregt. »Danach lässt sich die Familie immer Zeit, um mit Freunden und Nachbarn zu plaudern. Ich muss solange abseits stehen und warten. Vielleicht …«
    Sandro nickte und strahlte sie an. »Das ist eine gute Idee, Tessa! Ich werde kommen. Verlass dich darauf.«
     
    Als Tessa ins Haus ihrer Herrschaft zurückkehrte, war sie so fröhlich gestimmt wie schon lange nicht mehr. Diese eine Stunde, die sie zusammen mit Sandro Fontana verbracht hatte, war die schönste gewesen, seit sie nach dem Bankrott ihrer einstigen Herrschaft in Venedig verkauft worden war. Und sie hoffte so sehr, dass er tatsächlich sein Versprechen wahr machen würde.

7
    G leich am nächsten Sonntag machte sich Sandro auf den Weg quer durch die Stadt zur Kirche Santa Maria Novella, nicht nur um dort die Morgenmesse zu besuchen, sondern auch um sein Versprechen einzulösen.
    Die ganze Woche über hatte er die dunklen Augen mit der Iris nicht aus dem Kopf bekommen und sein Freund Tommaso hatte ihn mehr als einmal mit einem heftigen Seitenstoß daran erinnern müssen, dass Vieri ihn nicht dafür bezahlte, dass er gedankenverloren aus dem Fenster blickte.
    Nach der Messe beeilte Sandro sich, auf die Piazza vor der Kirche zu kommen, und tatsächlich – er brauchte nicht lange zu suchen.
    Tessa stand an der Seite einer hageren grauhaarigen Frau, offenbar auch eine Bedienstete, etwas abseits von den Kirchgängern. Sie schaute schüchtern zu Boden und es dauerte eine ganze Weile, bis sie seinen Blick auffing. Verstohlen nickte sie ihm zu. Zögernd ging er zu ihr hinüber, wusste er doch nicht, ob er sie damit in Schwierigkeiten bringen würde. Doch dann erhellte ein Lächeln ihr schönes Gesicht.
    »Gemma, das ist Sandro Fontana, der tapfere Mann, von dem ich Euch erzählt habe. Und das ist Gemma, die Zofe von Donna Simona, der Mutter meiner Herrin. Gemma habe ich ebenso viel zu verdanken wie dir«, stellte Tessa sie einander

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