Hüter der Macht
werdet ihr gleich merken, dass mit uns nicht zu spaßen ist!«, stieß Lodovico wütend hervor.
Hastiges Gemurmel drang zu ihnen in die Bottega. Die Plünderer schienen sich zu beraten, wie sie am besten vorgehen sollten. Dann hörten sie, wie Schritte sich vom Tor entfernten.
Was folgte, war eine trügerische Stille.
»Verdammt, die hecken was aus, um hier reinzukommen!« Tommaso raufte sich die Haare. »Jetzt sitzen wir ganz schön in der Scheiße!«
»Wart’s ab.« Sandro gab sich gelassen, obwohl es ganz anders in ihm aussah. Auch er kämpfte gegen die immer größer werdende Angst an. Fieberhaft überlegte er, wie sie sich verteidigen konnten.
»Wir müssen uns bewaffnen«, sagte er schließlich.
»Und womit? Vielleicht mit Wollkämmen? Mein Gott, hier gibt es doch nichts, was auch nur halbwegs als Waffe gegen so eine Bande taugen würde.«
»Von wegen!« Sandro dachte nicht daran, sich von der eigenen Angst besiegen zu lassen. »Da drüben, über dem Wappen, hängen doch zwei Hellebarden. Damit können wir sie uns bestimmt vom Leib halten!«
Kaum hatten sie die Hellebarden aus ihrer Halterung gerissen, da hörten sie auch schon, wie es laut knirschte. Dann splitterte Holz.
»Die brechen die Fensterläden auf! Bei den Wollkämmern!«, schrie Tommaso entsetzt. »Da! Den ersten Schlagladen haben sie schon halb aus dem Scharnier gerissen!«
Sie rannten in den Werkraum der Wollkämmer.
Sandro postierte sich hinter das erste Fenster. »Das hier übernehme ich! Du verteidigst das andere! Noch ist nichts verloren! Also reiß dich zusammen und verlier jetzt bloß nicht die Nerven!«, fuhr Sandro ihn energisch an. »Und zögere ja nicht! Du musst sofort zustoßen, wenn sich bei dir im Fenster eine Hand, ein Arm oder was auch immer zeigt! Je schneller bei ihnen Blut fließt, desto früher werden sie den Spaß verlieren! Es geht um unser Leben, Tommaso!«
Tommaso stöhnte auf und schlug mehrmals hastig das Kreuz, bevor er mit beiden Händen die Hellebarde packte und hinter seinem Fenster Aufstellung nahm.
Als sich eine Hand an den Schlagläden seines Fensters zu schaffen machte, stach Sandro mit der Spitze seiner Hellebarde zu. Der Mann auf der anderen Seite stieß einen gellenden Schrei aus.
»Hoffentlich war es deine Hand, Lodovico!«, brüllte Sandro.
»Ich habe auch einen erwischt!«, kam es fast gleichzeitig von Tommaso. »Schade nur, dass ich nicht den ganzen Dreckskerl aufgespießt habe!« Mit neu erwachtem Mut rief er den Plünderern zu: »Verfluchte Bande! Kommt nur her! Wir werden es euch schon zeigen!«
Aber nun waren die Männer gewarnt. Statt mit den Händen an den Schlagläden zu reißen, griffen sie zu Knüppeln, Latten und Messern, um auf diese Weise die Scharniere zu brechen.
Sandro und Tommaso gaben sich alle Mühe, sie daran zu hindern. Aber sosehr sie auch mit ihren Hellebarden hantierten und die Waffen ihrer Gegner wegzustoßen versuchten, es gelang ihnen nicht, die Läden halbwegs geschlossen zu halten.
Schließlich rissen die Plünderer die Schlagläden vor Tommasos Fenster herunter. Siegesgewiss johlten sie auf.
»Jetzt holen wir sie uns!«, schrie Lodovico.
Ehe Tommaso sichs versah, flogen faustdicke Steine durch die große Fensteröffnung. Ein dicker Brocken traf ihn seitlich am Kopf. Mit einem erstickten Schrei wankte er zurück. Gleich darauf traf ihn ein zweiter Stein am Kinn. Er stürzte zu Boden und blieb reglos liegen. Blut floss aus den Wunden.
»Tommaso!«, schrie Sandro entsetzt und sprang zur anderen Fensteröffnung hinüber. Der erste Plünderer machte sich schon daran hereinzuklettern. Es war Lodovico. Wie ein Pirat, der ein Schiff entert, hatte er sich sein Messer zwischen die Zähne geklemmt. Mordlust funkelte in seinen Augen.
Mit dem Mut der Verzweiflung griff Sandro ihn an, wusste er doch, dass es nun wahrhaftig um sein … nein, um ihr Leben ging. Denn er hoffte, dass sein Freund nur bewusstlos war.
»Jetzt wird abgerechnet!«, brüllte Lodovico und wollte schon vom Fenstersims in den Raum springen.
Aber Sandro war den entscheidenden Augenblick schneller. Mit aller Kraft rammte er ihm die Hellebarde in die rechte Schulter und stieß ihn nach hinten zurück durch das Fenster. Sandro hörte nur noch einen gurgelnden Schrei.
Er wappnete sich für den nächsten Angriff. Zwischendurch warf er einen schnellen Blick hinüber zum anderen Fenster. Noch hielt es den Plünderern stand.
Aber der Angriff blieb aus. Offenbar wollte keiner der anderen es mit Sandro und
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