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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Oberhaupt des Hauses Medici.

20
    G iovanni di Bicci de’ Medici wurde, wie er es sich gewünscht hatte, in der von Brunelleschi mittlerweile fertiggestellten neuen Sakristei von San Lorenzo beigesetzt, die damit zur Grabkapelle der Familie Medici wurde.
    Schon lange vor seinem Tod hatte der alte Mann jede Einzelheit seiner Bestattung bestimmt, und was er dazu in seinem Testament niedergeschrieben hatte, war das letzte Zeugnis eines Mannes, dessen Leben von Genügsamkeit, Sparsamkeit und schmuckloser Strenge geprägt gewesen war.
    Sein Leichnam sollte in schlichtes weißes Schleiertuch gehüllt werden und den Kopf sollte lediglich eine schmucklose Mütze bedecken. Für sein Leichenbegängnis hatte er sich nur zwei Kerzen und zwei Wachsfackeln zugestanden und er hatte sogar deren Größe und Gewicht angegeben. Nach der Feier sollten sie zum Drogisten zurückgebracht werden. Denn zu viel Wachs für einen Toten zu verschwenden, das hatte er für eine unnütze Ausgabe gehalten. Auch wie viele Ellen schwarzen Stoffes an seine Dienerschaft auszugeben sei, hatte er festgelegt, ebenso die Zahl der schwarz gekleideten Leichenführer, die dem Sarg folgen durften. Alle Stoffe sollten nur lose zusammengeheftet sein, damit sie hinterher noch anderen Zwecken dienen konnten. Nicht vergessen hatte er auch, die Höhe des Lohns für die vorwegschreitenden Ankündiger und andere Bedienstete des Bestatters festzusetzen und dass den Gästen beim Leichenschmaus nur zwei Gänge und einfacher Tischwein gereicht werden durften.
    Gerade weil der Leichenzug durch die Stadt und die Bestattung von derart karger Schlichtheit bestimmt waren, wirkte die lange Prozession der Würdenträger, die dem Sarg hinter den dreißig männlichen Familienmitgliedern des Hauses Medici folgten, umso beeindruckender. Persönlichkeiten von Rang und eine große Zahl von Abgesandten aus anderen Städten gaben Giovanni di Bicci de’ Medici die letzte Ehre, einschließlich der Prioren und des Gonfaloniere.
    Kaum einer der reichen Patrizier und Magnati hatte einen Gedanken daran verschwendet, ob es wohl angebracht sei, an diesem Tag auf die Zurschaustellung des eigenen Reichtums zu verzichten. So wogte hinter dem Sarg und den in schwarzes Tuch gehüllten Medici mit ihrem Gefolge ein bunt schillerndes Meer aus edlen Roben, aus dem die Farben Rot und Blau besonders kräftig herausleuchteten.
    Sandro Fontana begleitete wie so viele Bedienstete des Hauses Medici den Leichenzug, aber er war sprachlos vor Verblüffung, als Falco Portinari ihm nach der Bestattung am Eingang zur Sakristei leise mitteilte, dass er von Cosimo de’ Medici zu dem anschließenden Leichenschmaus im Palazzo der Familie eingeladen sei.
    »Ich weiß zwar nicht, wieso ein Lehrling wie du zu dieser besonderen Ehre kommt und warum Ser Cosimo offenbar ein besonderes Augenmerk auf dich geworfen hat«, sagte Portinari stirnrunzelnd, »aber solange du dir nichts darauf einbildest und auch weiterhin deine Arbeit so gut machst wie bisher, soll es mich nicht weiter interessieren.«
    Und so betrat Sandro an diesem Tag zum ersten Mal als geladener Gast den Palazzo der Medici. Er war überrascht, dass selbst oben in den Privatgemächern, wo sich die Gäste in zwei ineinander übergehenden saalähnlichen Räumen entlang der Loggia zum Leichenschmaus einfanden, nichts auf den gewaltigen Reichtum der Medici hinwies. Auch hier war die Einrichtung sparsam und verzichtete auf jeglichen Prunk.
    In Gegenwart so vieler mächtiger und reicher Männer fühlte Sandro sich beklommen und fehl am Platz und er hielt sich lange als stiller, aber aufmerksamer Beobachter an der Seite von Falco Portinari.
    Diener brachten Speisen und Wein zu den Tischen und bald füllte ein angeregtes, beinahe fröhliches Stimmengewirr die Räume, das so gar nicht zu dem traurigen Anlass dieser Feier passen wollte, das jedoch jedem Leichenschmaus zu eigen war.
    Es folgten wortreiche Trinksprüche, in denen das großartige Lebenswerk des Verstorbenen als Gründer der Bank und dessen Verdienste um das Wohl der Republik gewürdigt wurden.
    Danach zerstreute sich die Trauergesellschaft und Sandro sah eine günstige Gelegenheit, die Feier zu verlassen, doch gerade als er unauffällig aus dem Saal schlüpfen wollte, kam ihm Averardo de’ Medici entgegen. Cosimos Cousin erkannte ihn sofort wieder, wie das breite Grinsen verriet, das sich auf seine kantigen Züge legte.
    »Schau an! Wenn das nicht Cosimos neuer Banklehrling ist! Mein Cousin scheint ja

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