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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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er. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er Emily an. Unbehaglich starrte sie zurück.
    „Nun… weshalb bist du hier?“, wollte er wissen. Emily schluckte.
    „Signor Montague hat mich geschickt“, erklärte sie.
    „Ach, hat er endlich genügend Tinte zusammen?“, fragte Van der Vries zufrieden.
    „Ja, das soll ich Ihnen ausrichten“, sagte Emily.
    „Ausgezeichnet, ausgezeichnet“, murmelte Van der Vries und nieste. Erneut schichtete er die Papierstapel um, diesmal auf der Suche nach einem Taschentuch. Emily entdeckte eines über einem Globus, sagte aber lieber nichts.
    „Ähm… das war alles, was ich Ihnen sagen sollte“, erklärte Emily.
    „Wie bitte?“, kam es unter dem Schreibtisch hervor. Van der Vries suchte jetzt auf allen Vieren nach einem Taschentuch. Emily zögerte. Dann räusperte sie sich und wiederholte:
    „Das war alles.“
    „H-Hapschrchrrrrrrr“, prustete Van der Vries lautstark. Endlich hatte er ein Taschentuch gefunden. Emily wartete. Van der Vries tauchte wieder auf und setzte sich in seinen Stuhl zurück.
    „Und was sollst du mir sonst noch ausrichten?“, fragte er.
    „Das war… alles“, sagte Emily unsicher.
    „Ach.“ Van der Vries musterte sie leicht irritiert. „Warum sitzt du dann noch hier?“
    Emily stand hastig auf. „Na ja… also… gehe ich jetzt wieder.“
    Doch Van der Vries hörte ihr bereits nicht mehr zu. Der Kopf des Bibliothekars war gegen die Stuhllehne gesunken, und ein leises Schnarchen drang aus seinem geöffneten Mund.
    Fünf Minuten lang blieb Emily stehen, schaute Van der Vries beim Schlafen zu und überlegte, was sie tun sollte. Schließlich schlich sie zur Tür und schlüpfte hinaus in den Korridor.
    Sie beschloss, einen kurzen Ausflug in die Ringstadt zu unternehmen. Ihre Freunde hatten keine Zeit, das wusste sie – Miki war noch immer im Skriptorium, Finn und Emma in Julies Werkstatt. Also ging sie allein zum Bahnhof.
     
    Ziellos schlenderte Emily durch die Ringstadt. Doch als sie auf einmal im Viertel der Gaukler landete, wusste sie, dass sie eigentlich von Anfang an hierher gewollt hatte.
    Und dann stand Serafino vor ihr. Emilys Herz schlug schneller, als sie in seine blitzenden Augen schaute.
    „Bist du heute ohne deine Freundin hier?“, fragte Serafino. Emily nickte, und er lächelte zufrieden.
    „Wenn du willst, kannst du mit mir zu Abend essen“, bot er an. „Meine Eltern besuchen gerade Freunde am anderen Ende der Stadt, und mein Bruder ist auch nicht da. Ich habe schon gekocht. Kürbissuppe. Ist nicht schlecht geworden, glaube ich.“
    „Aha“, sagte Emily nur.
    Serafino schaute sie verwirrt an. „Heißt das ja oder nein?“
    „Ähm“, stotterte Emily. „Doch, klar. Also ja.“
    „Freut mich.“ Serafino führte Emily zu einem Wagen mit besonders vielen Türmchen. Gleich daneben stand das Straßenschild mit der Aufschrift Steingasse . Etliche Wagen, die bei Emilys letztem Besuch noch dort gestanden hatten, waren jetzt verschwunden. Emma hatte ihr erzählt, dass alle Gaukler früher oder später loszogen und durch die Städte reisten.
    Die Küche im Wagen war winzig. Emily und Serafino hatten gerade genügend Platz am Tisch.
    „Wie lange bleibt ihr eigentlich in der Ringstadt?“, erkundigte Emily sich, während sie ihre Suppe löffelte.
    „Ach, noch länger, glaube ich“, sagte Serafino. „Wir üben im Moment an neuen Kunststücken.“
    „Im Feuerspucken?“, fragte Emily.
    „Ja, zum Beispiel“, antwortete Serafino.
    Eine Weile war es still.
    „Die Suppe schmeckt sehr gut“, murmelte Emily etwas später.
    „Danke“, sagte Serafino. „Magst du Kürbisse?“
    „Sehr“, nickte Emily. „Suppe auch. Ich meine, ich mag…“ Sie räusperte sich. „Kürbissuppe.“
    „Oh. Gut“, erwiderte Serafino.
    Dann fiel Emily nichts mehr ein, worüber sie mit ihm reden konnte. Irgendwie war sie zu nervös. Glücklicherweise musste sie kurz darauf sowieso aufbrechen.
    „Die Sonne geht bald unter“, sagte sie und stand auf. „Du weißt doch, die Irrlichter…“
    Nach Einbruch der Dunkelheit war es in der Ringstadt nicht mehr sicher, denn auch hier waren die Irrlichter eingedrungen.
    Serafino nickte. „Stimmt, du musst gehen.“
    Hintereinander kletterten sie aus dem Wagen.
    „Hast du eigentlich schon mal eines gesehen?“, fragte Emily. „Ein Irrlicht?“
    „Nein“, sagte Serafino. „Aber gehört. Die summen schlimmer als Wespen… wir hören sie nachts manchmal, wenn sie in der Stadt herumgeistern. Eines ist

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