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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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Kopf.
     
    Bevor es dämmerte, machten sich die vier auf den Weg zum Bahnhof und stiegen in die Straßenbahn. Am Ziel angelangt, wurden sie von Ilja und einigen Wächtern abgeholt. Gemeinsam betraten sie die Ringstadt.
    Das Viertel der Gaukler war mit bunten Lampions geschmückt, und in riesigen eisernen Schalen brannten offene Feuer, über denen ganze Schweine gebraten wurden. An verschiedenen Ständen konnte man alles Mögliche bekommen: Glühwein, mit Schokolade überzogene Früchte oder Lebkuchenherzen. Einige Gaukler spielten Musik, und die fröhlichen Melodien waren überall zu hören.
    „Da.“ Emma zog Emily am Ärmel. Serafino hatte eine Bühne betreten, die am Ende des Platzes aufgebaut worden war. Als er sich verneigte, applaudierten die Zuschauer. Dann begann er zu jonglieren. Die winzigen Gläschen mit den Kerzen darin schienen aus dem Nichts aufzutauchen, und Serafino ließ sie in Kreisen über die Bühne schweben. Emily klatschte am lautesten von allen. Emma stieß sie kichernd in die Seite.
    Serafino jonglierte noch eine Weile, dann verneigte er sich und sprang von der Bühne.
    „Tanzt du?“, fragte er Emily und begann sie in einem holprigen Walzer zu drehen.
    „Ähm… eigentlich kann ich gar nicht…“, begann Emily, aber Serafino zog sie einfach immer weiter. Emilys Füße bewegten sich wie von selbst im richtigen Takt.
    „Ich glaube schon, dass du es kannst“, meinte Serafino, als sie keuchend und lachend stehen blieben. „Komm mit, ich weiß einen guten Aussichtspunkt.“
    Emily folgte ihm durch einige Gassen bis zu einem verfallenen Haus. Serafino zeigte ihr, wie sie am besten über die bröckligen Mauern aufs Dach klettern konnte. Dann saßen sie dort nebeneinander und schauten über das hell erleuchtete Viertel.
    Irgendwann suchte Emily ihre Mechanik hervor und brachte damit einige Kieselsteinchen zum Leuchten. Interessiert schaute Serafino ihr dabei zu, wie sie mit den Steinen Muster legte.
    „Wir reisen ab“, sagte er auf einmal. Er sah Emily nicht an dabei.
    „Wann?“, fragte Emily erschrocken. Sie hatte nicht mehr daran gedacht, dass auch Serafino früher oder später mit seinen Eltern aufbrechen würde.
    „Morgen“, murmelte er.
    Emilys Magen zog sich zusammen. „Und wann kommt ihr zurück?“
    Serafino zuckte die Schultern. „Wahrscheinlich im Herbst, wir wissen es nicht genau.“
    Das waren die einzigen Sätze, die sie dort auf dem Dach sprachen. Die restliche Zeit saßen sie nur noch stumm nebeneinander und hingen ihren Gedanken nach.
    Sie würden einander monatelang nicht sehen, dachte Emily. Und auch dann… Serafino konnte ihr von seiner Reise erzählen, aber würde sie ihn verstehen? Sie wusste so gut wie nichts über sein Leben. Und umgekehrt konnte sie ihm nicht zeigen, wo sie lebte, da er kein Hüter war und Arcanastra nicht betreten durfte…
    Gedankenverloren schaute Emily den Luftschiffen nach, die hoch über ihnen durch die Nacht schwebten. Auch in ihnen saßen Wächter, um die Stadt in dieser Nacht zu beschützen.
    Es war kurz vor Mitternacht, als Emma und Miki auftauchten und zu den beiden nach oben schauten.
    „Bleibst du noch?“, fragte Emma.
    Emily seufzte und schüttelte den Kopf. „Nein, ich komme mit euch.“
    Serafino und sie sahen sich an, doch es gab nichts mehr zu sagen. Stumm kletterte Emily vom Dach und warf einen letzten Blick zurück, als sie unten stand. Serafino hob die Hand und winkte ihr zu. Die letzten leuchtenden Kiesel verglommen in der Nacht.
    „Gehen wir Ilja suchen“, schlug Emma vor. „Er hat gesagt, er lässt uns von einem Wächter zum Bahnhof begleiten.“
    Auch Finn und Miki wollten zurück fahren, und so machten sie sich gemeinsam auf die Suche.
    Ilja und Juno standen am Rand eines größeren Platzes. Von dort aus konnten sie mehrere schmale Gassen überwachen.
    „Habt ihr schon ein Irrlicht gesehen?“, fragte Finn, doch die beiden schüttelten die Köpfe.
    „Sie halten Abstand“, berichtete Juno. „Unser Schutzwall scheint zu funktionieren.“
    Sie bot an, die Kinder selbst zum Bahnhof zu bringen. Also verließen sie das Viertel der Gaukler und machten sich auf den Weg.
    Bald wurden die Musik, das Gelächter und die Gesänge immer leiser, und schließlich wurde der Festlärm nur noch von vereinzelten Windstößen an ihre Ohren getragen. Emily, Miki und Emma gingen sehr dicht bei Juno. Finn hingegen schien sich über Irrlichter keine großen Gedanken zu machen.
    „Der Schutzwall funktioniert doch“, sagte er

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