Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)
Pferdehufen knirschte der Schnee, der in der Sonne glitzerte, die Luft war glasklar, und ein tiefblauer Himmel spannte sich über ihnen. Sternenfänger trabte in gleichmäßigem Tempo dahin, und Emily passte sich seinen Bewegungen mühelos an. Sie hätte stundenlang so weiterreiten können, auch wenn sie in der Kälte bald ein wenig zu frösteln begann.
Die Stadtmauer zog sich über mehrere Kilometer hin. Überall bot sich das gleiche Bild: Nach einem schmalen Streifen Schnee begann gleich das Moor. Emily fragte nicht nach Linus. Ilja hätte es ihr von selbst erzählt, wenn es Neuigkeiten gegeben hätte.
„Du reitest heute nicht zum ersten Mal, oder?“, fragte Aziz.
Emily schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte mal ein paar Reitstunden. Aber da bin ich nur im Kreis geritten.“
Aziz lachte bei dieser Vorstellung.
Zurück im Stall rieben sie die Pferde trocken und schütteten ihnen Hafer in die Futtertröge. Emily streichelte Sternenfänger zum Abschied und bedankte sich bei Ilja und Aziz dafür, dass sie sie mitgenommen hatten.
„Jederzeit wieder“, sagten die beiden, und Emily lächelte. Es war der schönste Nachmittag gewesen, seit sie in Arcanastra lebte.
„Du kochst ziemlich gut“, bemerkte Emma später zwischen zwei Bissen.
„Habe ich in letzter Zeit gelernt“, erklärte Emily. „Seit niemand mehr für mich Essen macht.“
Hey, du da, wenn wir gerade beim Thema Futter sind… für mich kochst du nie was. Und hast du eigentlich in letzter Zeit mal in meinen Napf geguckt? Da hat schon eine Spinne ihr Netz gespannt, weil du ihn nie auffüllst.
Emily stöhnte, als sie Amethysts Stimme in ihrem Kopf hörte.
Amy, bitte, jetzt ist wirklich gerade ein schlechter Zeitpunkt, ich habe Gäste. Und kannst du dir vielleicht mal meinen Namen merken? , gab Emily zurück.
Der ist hässlich , meinte Amethyst griesgrämig.
„Pffff“, machte Emily beleidigt. Die Freunde schauten sie erstaunt an.
„Was ist?“, fragte Miki.
„Ach, bloß Amy… diese Gedankenübertragung ist nicht sehr lustig, wenn der andere eine missmutige Katze ist.“
„Wieso, was hat sie gesagt? Äh, gedacht?“, wollte Emma wissen.
Emily zuckte die Schultern. „Sie will was zu fressen. Aber sie kann ruhig warten, bis wir mit Essen fertig sind. Sie hat ihren Napf heute schon drei Mal geleert.“
Willst du damit etwa sagen, dass ich fett bin? , hörte sie Amys entrüstete Stimme.
Nein, will ich nicht , antwortete sie seufzend. Dann fragte sie laut:
„Möchte jemand noch mehr?“
„Ja, gerne.“ Miki streckte ihr den Teller hin.
Hallo, erinnerst du dich? Der Napf! Er ist leer!, meldete Amy sich zurück. Emily beachtete sie nicht.
„Soll ich den Nachtisch schon bringen?“, fragte sie lauter als nötig.
Ihre Majestät hat auch Hunger!
„Pffff, Majestät, sonst geht’s dir aber gut?“ , murmelte Emily und kümmerte sich nicht darum, dass ihre Gäste sie verwirrt ansahen.
„Was gibt’s denn zum Nachtisch?“, fragte Finn.
Hunger! , dachte Amy und sagte: „Miau.“
„Halt die Klappe“, murmelte Emily. Als Finn sie erstaunt anschaute, fügte sie hastig hinzu:
„Nicht du, ich habe die Katze gemeint! Und es gibt Vanilletörtchen.“
„Hm, lecker“, freute sich Finn. Emily stand auf und ging in die Küche, um die Törtchen zu holen. Amy stolzierte ihr nach.
Hunger! , dachte sie und sagte: „Miau, miau.“
Mit zusammengebissenen Zähnen ging Emily ins Wohnzimmer zurück und verteilte die Törtchen. Amethyst blieb neben ihrem Stuhl stehen und hob den Kopf.
Hunger! , dachte sie und sagte: „Miaaaaaaaau!“
„Schon gut!“, schrie Emily entnervt.
„Ähm… alles okay bei dir?“, fragte Emma besorgt.
„Sicher, nur diese Katze treibt mich in den Wahnsinn“, brummte Emily. Sie stand auf, ging wieder in die Küche, riss einen Schrank auf und füllte den Napf der Katze, bis er vor Futter überquoll.
„Bist du jetzt endlich zufrieden?“, fragte sie. Amethyst würdigte sie keines Blickes und machte sich gierig über den Napf her. Seufzend kehrte Emily zu ihren Freunden zurück.
„Hätte vielleicht jemand Lust, meine Katze geschenkt zu kriegen?“, fragte sie.
„Ach, behalt sie doch, so schlimm kann sie nicht sein“, meinte Emma. „Wenigstens frisst sie dir nicht dauernd die Schokolade weg wie Herkules.“
„Sie frisst mir eher meine Nerven weg“, murrte Emily. Aber natürlich wusste sie, dass sie Amethyst in Wirklichkeit niemals weggegeben hätte. Die Katze hatte eben einfach ihren eigenen
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