Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)
saßen.
„Oh, nun ja… alles darf ich dir darüber nicht erzählen“, sagte Sophia. „Nur so viel: Die Hüter im Parlament dort tun wirklich alles, was in ihrer Macht steht, um das Rätsel um die Gilde und den Geist zu lösen. Sie werden Zugang zur unterirdischen Bibliothek bekommen, das ist beschlossen. Sie müssen einfach etwas gegen diese Irrlichter unternehmen. Immer mehr Menschen werden entführt und kehren ohne Erinnerung zurück.“
Emily schlürfte ihren dampfend heißen Kakao und dachte traurig an Finn.
Mit Emma und Miki sprach sie kaum mehr über etwas anderes.
„Shaddock war während der Entführung in Arcanastra, nicht im Moor“, sagte Emily immer wieder. „Dann kann er es nicht gewesen sein, oder?“
Und jedes Mal zuckten Emma und Miki die Schultern. Miki fragte dafür jeden zweiten Tag:
„Ist euch eigentlich aufgefallen, dass der Geist ziemlich klein gewesen ist?“
Dann zuckten Emily und Emma die Schultern.
Natürlich konnte Emily sich kaum konzentrieren. Madame Foucault war glücklicherweise sehr verständnisvoll und sagte nicht viel, wenn Emily stundenlang an einem einzigen Schriftzeichen malte oder wenn die Blätter, die sie herstellte, schrecklich unregelmäßig wurden. Unterdessen halfen Miki und sie nämlich auch beim Papierschöpfen. Trotzdem bestand sie darauf, die Arbeit wie gewohnt fortzusetzen. Es kam deshalb immer häufiger vor, dass Emily das Skriptorium erst verlassen durfte, wenn es bereits dämmerte. Miki hingegen arbeitete so tadellos wie immer.
„Du hast ja wieder ewig gebraucht“, beschwerte sich Emma eines Abends. Gemeinsam mit Miki wartete sie vor dem Skriptorium auf Emily.
„Entschuldigt“, murmelte Emily und rieb an ihren Fingern herum. Sie waren voller Tintenkleckse.
„Euch Buchbinder erkennt man immer an den Händen“, stellte Emma fest. Sogar der ordentliche Miki konnte nicht verhindern, dass ständig etwas Tinte an seinen Fingerspitzen haftete.
„Euch Konstrukteure aber auch“, gab Emily zurück. Emmas Hände waren meistens zugepflastert oder verbunden, weil sie oft mit einem Werkzeug abrutschte oder sich an einem Bauteilchen verletzte.
„Gehen wir zu Ilja?“, unterbrach Miki ihre Streitereien. „Es ist schon länger her, dass wir ihn gefragt haben, ob es etwas Neues gibt.“
Schon länger her bedeutete gestern. Trotzdem waren Emily und Emma einverstanden, und so machten sie sich auf den Weg.
Artemis öffnete ihnen die Tür.
„Kommt rein“, sagte sie freundlich. Auch Anthea und Ariadne nickten ihnen zu, als sie ins Wohnzimmer traten. Seit Finn verschwunden war, hatten die drei Schwestern ihre Zurückhaltung gegenüber Emily und Emma aufgegeben.
„Setzt euch doch“, bot Ilja an. Er stand auf und holte drei weitere riesige Tassen, in die er dampfenden Tee füllte. Emily, Emma und Miki quetschten sich zwischen Anthea, Ariadne und Artemis auf die Couch.
„Wart ihr heute wieder im Moor unterwegs?“, erkundigte sich Emily, während sie in ihren kochend heißen Tee blies.
„Ja, sogar mit noch mehr Wächtern, aber wir haben nichts gefunden. Nicht die geringste Spur.“
„Und in der Goldenen Stadt?“, fragte Emma. Ilja schüttelte den Kopf.
„Nein. Wir haben zwar einen Hinweis darauf, wie der Raum aussieht, in dem die beiden Jungen gefangen gehalten werden, und wir dachten, er könnte sich irgendwo in den Ruinen befinden, aber wir haben uns wohl getäuscht. Da ist nichts.“
Emily, Emma und Miki warfen sich einen Blick zu. Der Hinweis kam bestimmt vom Panoptikum.
„Vielleicht irgendwo in den Katakomben?“, schlug Miki zum hundertsten Mal vor.
Ilja seufzte. „Ja, vielleicht. Wir suchen sie Tag und Nacht ab. Dein Plan hat uns sehr geholfen, Miki. Aber die Katakomben sind einfach zu weitläufig und zu gefährlich, und es gibt noch immer viele unerforschte Nebengänge und Winkel.“
Miki nickte stumm. Ihm war der Plan wieder eingefallen, mit dessen Hilfe Emily den unterirdischen Weg zu Julies Werkstatt gefunden hatte, und er hatte ihn Ilja gebracht. Doch offenbar hatte es nicht viel genützt.
„Die armen Jungs“, murmelte Juno mitfühlend.
„Na ja, wir sind mittlerweile fast so eingesperrt wie sie“, murrte Ariadne. Emily schaute sie verwirrt an.
„Juno hat solche Angst um uns, dass sie uns nirgends mehr allein hinlässt“, erklärte Anthea. Die Mädchen nannten ihre Eltern immer beim Vornamen.
„Weil ich es nicht ertragen könnte…“, flüsterte Juno. Artemis verdrehte die Augen, aber ihr Vater warf ihr einen warnenden
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