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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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öffnete sie das Tor vor dem Abteil und führte Sternenfänger hinaus. Ilja und Hannah lenkten ihre Pferde gerade Richtung Stadttor.
    „Kann ich mitkommen?“, fragte Emily. Ilja drehte sich um und musterte sie verwundert.
    „Wir reiten ins Moor“, erklärte er. „Jetzt am Tag ist es zwar ziemlich sicher, aber trotzdem. Willst du wirklich mit?“
    Emily nickte.
    „Lass sie doch mitkommen“, sagte Hannah und lächelte Emily zu. „Zu dritt fällt uns mehr auf.“
    „Von mir aus“, meinte Ilja. „Na, dann los.“
    Es war das erste Mal, dass Emily bei Tageslicht im Moor war. Jetzt im Frühling fand sie es wunderschön hier. Die Bäume und Sträucher blühten und hatten hellgrüne Spitzen, ganze Blumenfelder bedeckten den Boden, und die Sonnenstrahlen fielen schräg durch die Äste und glitzerten auf den Wasserlöchern. Sternenfänger trabte gleichmäßig dahin, und seine Ruhe übertrug sich auf Emily. Für kurze Zeit konnte sie alles vergessen. Sie konzentrierte sich nur auf die Landschaft und auf den großen, warmen Pferdekörper, der sie beruhigend hin und her schaukelte. Die Gedanken an Finn und den Geist waren weit weg.
    Nach einer Weile tauchten die ersten Ruinen der Goldenen Stadt zwischen den Bäumen auf. Emily hatte gar nicht darauf geachtet, in welche Richtung sie ritten. Etwas unbehaglich schaute sie sich um. Als sie das letzte Mal hier gewesen war, wegen Finns idiotischem Plan, war sie von einem Irrlicht entführt worden… doch jetzt, am Tag, wirkte die Stadt überhaupt nicht bedrohlich. Die restlichen bunten Glasfenster leuchteten in der Sonne, auf den steinernen Mauern wuchsen Frühlingsblumen und Moos, und manchmal stand ein blühender Baum mitten in einer Ruine, deren Dach fehlte.
    „Schön hier“, sagte sie. Hannah warf ihr einen etwas irritierten Blick zu.
    „Wie gesagt, wir haben hier alles schon ein Dutzend Mal abgesucht“, erklärte Ilja. „Aber haltet trotzdem die Augen offen, vielleicht bemerkt ihr ja etwas.“
    Emily stieg ab und führte Sternenfänger am Zügel neben sich her. Das Laub vom Vorjahr knisterte unter ihren Füssen, als sie durch die Ruinenstadt ging. Noch immer konnte man erkennen, wo früher die Wege gewesen waren, der Platz in der Mitte der Stadt oder die Gärten. Auch am Friedhof kam Emily vorbei. Die meisten Grabsteine waren jedoch zerbrochen und die Inschriften so stark verwittert, dass man sie kaum noch entziffern konnte. Manche Gräber lagen offen, gähnende Löcher im Moorboden. Emily ging rasch weiter.
    Als sie um eine weitere Ruine bog, blieb sie nachdenklich stehen. Der Weg, der vor ihr lag, kam ihr bekannt vor. Und dann erinnerte sie sich: Hier hatte das Irrlicht sie entlang geführt. Langsam ging sie an den zerfallenen Gebäuden vorbei, und mit jedem Schritt kam die Erinnerung deutlicher zurück. Hier waren sie abgebogen, dann um dieses Haus herum gegangen, und danach…
    Emily blieb vor einem Gebäude stehen, das stark verfallen war. Nur noch ein Rest der bröckligen Mauern stand, und Efeu hatte sich überall ausgebreitet. Etwas war hier gewesen. Angestrengt versuchte Emily, sich zu erinnern. Das Irrlicht hatte sie an dem Gebäude vorbei geführt, aber Emily hatte den Kopf gewendet und durch die Tür etwas gesehen, was sie stutzig gemacht hatte…
    „Da war eine Luke!“, rief sie auf einmal. Ilja und Hannah, die gerade eine halb eingestürzte Mauer in der Nähe untersuchten, kamen zu ihr.
    „Hier, im Boden dieses Hauses“, erklärte Emily.
    „Wann?“, wollte Ilja wissen.
    „Damals, als das Irrlicht mich entführt hat“, sagte Emily.
    „Ach so.“ Ilja runzelte bei der Erinnerung daran die Stirn. „Bist du dir sicher?“
    Emily nickte. Sie begann damit, das verfallene Laub am Boden mit dem Fuß zur Seite zu wischen. Hannah half ihr dabei, und tatsächlich kam darunter eine Falltür zum Vorschein. Das Holz war morsch und der Eisenriegel verrostet, doch man konnte gut sehen, dass die Tür vor kurzem geöffnet worden war.
    „Geht mal zur Seite“, sagte Ilja. „Ist mir zu gefährlich, wenn ihr die öffnet.“
    Er packte den Eisenriegel und zog kräftig daran. Ächzend und knarrend öffnete sich die Tür und gab den Blick frei auf eine steinerne Treppe, die tief in die Erde führte.
    „Ein Eingang in die Katakomben“, murmelte Ilja. „Den habe ich noch nicht gekannt.“
    „Die Katakomben gehen so weit?“, fragte Emily erstaunt. Sie hatte gedacht, dass sie nur direkt unter Arcanastra liegen würden. Ilja nickte.
    „Diese Stadt war früher mit

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