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Hüter des Todes (German Edition)

Hüter des Todes (German Edition)

Titel: Hüter des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Kreischen war. Im nächsten Moment erbrach sich der Sudd in den Schlauch wie eine Eruption aus nassem, stinkendem Treibsand. Wie Wasser, das durch einen langen Gartenschlauch lief, kam er ihnen entgegen. Unter dem unwiderstehlichen Druck begann sich der Umbilicus zu zerlegen, von oben nach unten, eine lange schwarze Naht, die mit alarmierender Geschwindigkeit aufriss, als der faulige Schlick sich seinen Weg bahnte und nach unten strömte. Schreie und Kreischen von den Kletterern weiter oben – eine wilde Kakophonie aus Bestürzung, Entsetzen, Angst.
    Logan tat das Einzige, was ihm in diesem Moment einfiel. Instinktiv und ohne nachzudenken griff er nach oben, legte die Hände um Christina Romeros Füße, dann ließ er die Leiter los und glitt mit Christina zusammen an dem Techniker vorbei nach unten. Sie landeten schwer auf dem Boden neben der Schleusenplattform.
    Sie stemmte sich gegen ihn. «Was machen Sie denn!», schrie sie ihn an.
    «Christina!», brüllte er über ihre Proteste hinweg. «Schließen Sie die Augen!»
    Es folgte ein lautes Rauschen, ein eigenartiger Tremor wie von einem Erdbeben, ein kalter Hauch von Jauchegrubengeruch, und dann sahen und hörten sie nichts mehr und waren eingehüllt in zähe, klebrige, erstickende Schwärze.

[zur Inhaltsübersicht]
    54
    In der plötzlichen Dunkelheit herrschte ein vollkommenes Durcheinander: Angst- und Schmerzensschreie, schlüpfrige, um sich schlagende Gliedmaßen, der kalte, stinkende Schlick, der sich ringsum immer höher auftürmte. Logan war nicht ganz sicher, warum er sich hatte zurückfallen lassen auf den Boden der Schleusenplattform, ganz unten im Umbilicus. Wie ein elektrisierender Impuls hatte ihn der Selbsterhaltungstrieb bewogen, vor der heranstürmenden fauligen Flut des Sudd zu flüchten, sie hinter sich zu lassen, koste es, was es wolle. Doch so schnell der Gedanke auch gekommen sein mochte, so verrückt war er. Sie befanden sich zwölf Meter unter der Oberfläche, und es waren weder Pressluftflaschen noch Tauchausrüstungen zur Hand. Der submarine Druck würde das Grab sehr schnell volllaufen lassen, eine Kammer nach der anderen, wie einen Kolostomiebeutel … Hastig schüttelte Logan die grausige Vorstellung ab, und ebenso das Bild, auf dem er sich zusammen mit einem halben Dutzend anderer panischer Personen tiefer und tiefer in Narmers Grab rennen sah wie in eine Sackgasse, bis in die dritte Kammer, während sich der verrottende Sumpf heranwälzte und höher und immer höher stieg …
    Unter ihm war eine heftige Bewegung zu spüren, dann ertönte ein scharfer Schrei. Ihm wurde bewusst, dass er Christina immer noch festhielt und sie sich aus seinem Griff zu winden versuchte. Er ließ sie los und schirmte mit einer Hand die Augen vor der zähflüssig herabrauschenden Naturgewalt ab, während er mit der anderen in seinen Taschen nach der Taschenlampe suchte, sie herauszog und einschaltete. Er leuchtete umher und sah, dass mehrere der Stützbalken aus dem Umbilicus heruntergestürzt waren und ein labyrinthisches Gewirr bildeten, das sich bis zur Decke des Grabeingangs türmte.
    Die schwarze Fäule des Sudd strömte auf ganzer Länge durch den Umbilicus und zerquetschte Balken und Kabel und Menschen. Logan sah, wie jemand – einer der Techniker – in einer wogenden, kochenden Masse aus Sumpf und Schlick und Balken und Metall verschwand. Für einen Moment war seine blutige Hand noch sichtbar, dann verschwand auch sie in dem schwarzen Mahlstrom. Der Umbilicus zitterte und bebte unter dem Anprall der vielen Tonnen Sumpf, die durch seine Länge rollten.
    Logan wandte den Blick ab und brüllte nach Christina. Dabei wurde er von einem dicken Klumpen fliegenden Drecks mitten ins Gesicht getroffen – und in den Mund. Er spuckte das widerliche Zeug aus und würgte – er schmeckte viele tausend Jahre Fäulnis und Verwesung auf der Zunge –, dann packte er Christina Romero bei der Hand.
    «Christina!», brüllte er und zerrte sie zu sich herum. Er deutete auf das Durcheinander von Balken direkt über ihnen. «Klettern Sie! Schnell! »

    Der Maschinenspezialist Frank Kowinsky hatte Glück gehabt. Als der Umbilicus aufriss und der Sudd hereinströmte, war der Techniker direkt über ihm abgerutscht und gestürzt. Er hatte sich in den Kabeln verfangen, die überall herumhingen, und Kowinsky hatte seinen Rumpf teils als Brücke, teils als Federbrett benutzt, und es war ihm gelungen, sich auf diese Weise in die immer größer werdende Lücke im gelben Gewebe

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