Hüter des Todes (German Edition)
angekommen, hielt er inne und sah sich um. Vor ihm erstreckte sich bis zum Horizont das höllische Chaos des Sudd. Unter ihnen lagen wie eine Miniaturstadt die Gebäude, in denen die gesamte Expedition untergebracht war. Hoch über Sektion Rot erhob sich ein schmales Rohr, das in einer kleinen Plattform und einem Dschungel voller Antennen endete. Ein Mann stand auf der Plattform, ein Fernglas in einer und ein Funkgerät in der anderen Hand. Das, erkannte Logan, musste das Krähennest sein.
Er drehte sich zu Christina Romero zum. «Ziemlich beeindruckende Aussicht. Was genau soll ich mir ansehen?»
Sie reichte Logan eine Flasche mit Insektenabwehrmittel. «Warten Sie’s ab.»
Doch noch während sie sprach, vernahm Logan das Rumpeln schwerer Motoren. Langsam erschienen aus der Richtung von Sektion Grün die beiden großen Propellerboote. Jedes der beiden fünfundzwanzig Meter langen Schiffe war jetzt mit etwas ausgerüstet, das an eine bizarre Kreuzung aus Schneepflug und Kuhfänger erinnerte. Die Gebilde waren am Bug befestigt, ein jedes versehen mit einem ganzen Arsenal von Kettensägen und langen, nach vorn gerichteten Hakenspitzen, die aussahen wie Bugspriete. Die beiden großen Schiffe führten eine kleine Armada von Jetskis und anderen Booten an. Logan beobachtete, wie die beiden großen Schiffe direkt vor ihm in Position gingen. Männer und Frauen rannten durcheinander, laute Befehle hallten herauf, und an massiven Klampen der Pontons der Sektionen Rot, Braun und Blau wurden dicke Kabel befestigt.
Logan sah zu einem der kleineren Boote. Es zog ein dickes Kabel aus den Tiefen des Sudd und wickelte es über eine Art Winde. Geäst, Wurzeln, Pflanzenfasern und dicke Klumpen Schlick hafteten an ihm fest.
Logan nickte in Richtung des Bootes. «Was machen die dort?»
Christina grinste. «Sie lichten Anker.»
Ein Durcheinander gerufener Befehle folgte, und mit einem Mal brüllten die Maschinen der beiden großen Propellerboote auf. Langsam setzten sie sich in Bewegung. Für einen Moment spürte Logan etwas, das er nicht sofort identifizieren konnte. Dann begriff er. Die gesamte Station mit allen Pontons, Laufstegen, Methansammlern und Generatoren – hatte sich in Bewegung gesetzt.
«Mein Gott …», murmelte er.
Jetzt erkannte er auch den Sinn der merkwürdigen Gebilde vor dem Bug der großen Boote. Es waren tatsächlich Pflüge – Pflüge, die dazu dienten, das nahezu undurchdringliche Pflanzengewirr des Sudd zu zerteilen. Er konnte das Surren und Schnarren von Kettensägen hören. Die kleineren Boote flitzten zwischen den großen umher und schleppten größere Stücke Treibgut zur Seite oder halfen, dichte Massen von verrottender Vegetation mit Haken, Stöcken und gasbetriebenen Sägen zu zerschneiden.
Langsam, Zentimeter um Zentimeter kroch die gesamte Station vorwärts, genau nach Osten. Logan blickte über die Schulter und sah, wie der Sudd hinter ihnen wieder zusammenkam wie eine Wasserpfütze, durch die ein Kinderfinger strich. Keine Spur blieb mehr von ihrer Passage.
«Die Station wird über das Grab geschleppt», sagte Logan.
Christina Romero nickte.
«Aber warum? Jetzt, wo wir die genaue Lage des Grabs kennen, warum tauchen wir dann nicht von unserer gegenwärtigen Position aus danach?»
«Weil Stone anders tickt. Es wäre ineffizient, langsam und, wenn man es genau bedenkt, wahrscheinlich sogar undurchführbar. Vergessen Sie nicht, der Eingang zum Grab befindet sich in fünfzehn Metern Wassertiefe, begraben unter einer dicken Schicht aus Schlick und Schlamm. Wie wollen Sie hineinkommen? Wie wollen Sie die Artefakte im Innern vor dem fauligen Wasser des Sudd bewahren?»
Logan sah sie an. «Keine Ahnung», antwortete er schließlich über das Heulen der Propellerboote und das Jaulen der Kreissägen hinweg.
«Man errichtet eine Luftschleuse über dem Eingang zum Grab. Und darauf setzt man den Umbilicus.»
«Den was?»
«Einen mehrere Meter dicken Schlauch mit Licht und Strom und Sprossen für Füße und Hände. Er schließt luftdicht mit der Luftschleuse ab und reicht hinauf bis zum Schlund. Der Schlamm bleibt ausgesperrt, et voilà , wir haben eine hübsche, trockene Passage zum Grab des Pharaos.»
Logan schüttelte den Kopf angesichts der Kühnheit dieses Vorhabens. Eines von Porter Stones kleinen Wundern , hatte Christina Romero gesagt, und das traf es ziemlich genau.
«Es wird eine Stunde dauern, bevor wir über dem Grab verankert sind», sagte sie. «Der Schlick, den die Explosion
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