Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Lexi.
»Ich nicht«, sagte Rikki hastig.
Airiana verdrehte die Augen. »Ihr beide sagt immer genau dasselbe. Und das jetzt schon seit fünf Jahren. Ich denke, mittlerweile habe ich es kapiert.«
Teetassen schwebten eine nach der anderen vom Abtropfbrett des Spülbeckens ins Wohnzimmer, eine ganze Parade, die den Weg in die Hände jeder der Frauen fand.
»Und du redest von Angeberei«, sagte Lissa.
»Ich übe«, verteidigte sich Airiana. »Euch ist doch sicher meine kleine Schwäche nicht entgangen, den Wind in den Redwoods zurückzuhalten, während ich versucht habe, die Windstärke über den Gemüsebeeten konstant niedriger zu halten? Damit habe ich immer noch meine Probleme. Heute Abend habe ich so viel Kraft gespürt, als Judith uns alle miteinander verwoben hat, und der Wind war auch etwas schwerer zu kontrollieren.«
Rikki nickte. »Ich musste mich ebenfalls daran gewöhnen. Aber deine Kraft war heute Abend wirklich außergewöhnlich stark, Judith, und das ist gut so, aber als ich Wasser aus den Wolken gezogen habe, wollte das Wasser im Boden ebenfalls reagieren. Ich musste etwas härter daran arbeiten, die Kontrolle darüber zu behalten.«
»Mir war nicht klar, dass ich euch allen so viel Auftrieb gegeben habe«, sagte Judith. Ihre Stimme klang alarmiert. »Vermutlich habe ich mich heute Abend etwas mehr gehenlassen als sonst, ohne es selbst zu merken.«
»Etwas mehr gehenlassen?«, fragte Lissa. »Du bist doch immer so zurückhaltend und beherrscht, aber heute Abend hatte ich einen anderen Eindruck von dir. Es war zwar anfangs schwieriger, die Kraft zu kontrollieren, aber es war ganz schön beeindruckend. Heißt das etwa, du kannst unsere Fähigkeiten noch mehr verstärken?«
Judith fühlte die Last der Blicke all ihrer Schwestern. Die Regel lautete, dass sie einander nicht belogen. Unterlassungssünden konnten gerade noch angehen, aber regelrechte Lügen kamen nicht in Frage. Sie zögerte, holte tief Luft und atmete aus. »Ja.«
»Wow«, sagte Airiana und ließ sich neben Lexi auf den Boden gleiten. »Also wirklich, Judith, einfach irre.«
»Ich kann mir vorstellen, dass es manchmal sehr schwierig für dich sein muss, die Kontrolle über diese immense Kraft zu behalten«, sagte Blythe und kam damit direkt zum Kern der Sache.
Judith nickte. »Bis Levi es angesprochen hat, dass jede von uns an ein Element gebunden ist, war mir überhaupt nicht klar, dass es etwas Nützliches und Gutes gibt, wofür ich all diese Kraft verwenden kann. Ich habe sie, so gut es eben ging, unterdrückt. Seit ich sie aktiv mit euren Kräften verflechte, ist mir zum ersten Mal wohl dabei zumute. Dabei habe ich es die ganze Zeit über getan, von Anfang an, seit wir hier eingezogen sind, aber nicht bewusst. Wenn ich das Wasser oder den Wind gefühlt habe, habe ich einfach nur ein bisschen nachgeholfen, und dasselbe habe ich auch dann getan, wenn das Erdreich zu mir gesprochen hat.«
»Seit Levi es uns erklärt hat, fällt es mir auch leichter zu verstehen, warum ich ständig mit den Händen im Boden graben muss«, stimmte Lexi ihr zu. »Und dass wir miteinander verflochten sind. Findet ihr es nicht seltsam, dass wir alle ein Element haben, mit dem wir verbunden sind, im Grunde genommen eine grandiose Gabe, und dass doch jeder von uns eine schreckliche, gewaltsame Tragödie in ihrem Leben zugestoßen ist? Glaubt ihr, da gibt es irgendeinen Zusammenhang?«
Eine Weile herrschte Stille, während sie darüber nachdachten. Wie üblich war Blythe diejenige, die als Erste das Wort ergriff. »Überall herrscht ein gewisses Gleichgewicht, das wissen wir alle. Gut und Böse. Glück und Leid. Man hat nie eines ohne das andere. Ihr alle tragt eine große Gabe in euch, eine sehr mächtige sogar, und was ein Ausgleich dazu sein könnte, ist schwer zu beurteilen. Was auch immer der Grund sein mag – wir leben hier und jetzt. Daran hat sich nichts geändert. Wir haben uns alle darauf geeinigt, nicht unser Leben lang dem Was-wäre-wenn nachzuhängen. Jede von uns hat ihr Leben und wir haben alle gelobt, das Beste daraus zu machen. Bloß weil Jean-Claude aus der Versenkung auftaucht, ändert sich daran nichts. Es wird vielmehr dazu dienen, uns zu einen und uns zu stärken. Wir wissen nicht, was er will, aber wir wissen, dass er Judith über die Schulter schaut. Das gibt uns Gelegenheit dazu, die Gaben zu erkunden, die wir besitzen, und herauszufinden, wie wir sie besser für uns nutzen und sie beherrschen können. Seine Gegenwart im Leben
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