Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
glücklichen Gesichtsausdruck. Jetzt weiß ich, was er meinte.« Wieder führte er ihr Haar in seiner Hand an seinen Mund.
Er liebte es, all diese Seide zu fühlen. Er fand, ihr Haar sähe aus wie ein schillernder Wasserfall, dunkel und geheimnisvoll an einem dämmerigen Abend. Wenn Judiths Kopf auf einem Kissen lag und ihr Haar sich um sie herum ausbreitete, war das für ihn der schönste und verführerischste Anblick, den er jemals gesehen hatte. Er rieb sein Kinn an ihrem Haar und wünschte, dieser Moment würde ewig dauern. Er sah sie an und wurde augenblicklich in ihren Bann gezogen. Tränen standen in ihren Augen und diamantene Tröpfchen hingen in ihren Wimpern.
Ohne jede bewusste Überlegung beugte er sich vor, küsste ihr die Tränen aus dem Gesicht und trank sie von ihrer zarten Haut. »Glaube niemals, du müsstest mich bedauern, Judith. Mein Leben hat mir dich gebracht und das genügt mir. Das ist alles, was ich brauche.«
Judith schüttelte den Kopf und trank ihre Schokolade aus. Ihre Kehle war so fest zugeschnürt, dass sie ihm nicht antworten konnte. Manchmal, wenn diese kleinen Erinnerungen ihm zuflogen, brach ihr Stefan fast das Herz. Sie wollte ihn für immer in ihren Armen halten. Er glaubte, sie sei seine Rettung. Sie konnte es daran erkennen, wie er sie ansah, und an den Dingen, die er zu ihr sagte, aber es war umgekehrt. Sie hatte sich in dem glühenden Verlangen verloren gehabt, den Tod ihres Bruders zu rächen, in ihrem Glauben, sie genügte den Anforderungen nicht, weil sie keine Möglichkeit fand, Jean-Claude leiden zu lassen.
Sie seufzte. Die Schokolade erfüllte eindeutig den Zweck, sie schläfrig zu machen. Sie ließ sich treiben und dachte über den Mann an ihrer Seite nach. Er war ein Anker in den emotionalen Stürmen, die so intensiv über sie hinwegbrandeten. Manchmal konnte sie die volle Wucht ihres leidenschaftlichen Naturells nicht eindämmen, das durch ihr Element eine so hohe Konzentration besaß, aber wenn sie mit Stefan zusammen war, brauchte sie nicht ständig auf der Hut zu sein. Sie stellte fest, dass sie sich entspannen konnte und keine Angst vor ihren Empfindungen zu haben brauchte. Bisher hatte sie sich nur eingeschränkt lebendig gefühlt, weil sie ständig verzweifelt versucht hatte, die zunehmende Kraft in ihrem Innern zu kontrollieren, doch sowie sie Stefan begegnet war, hatte ihr Geist ihn als eine Art Schutzschild erkannt. Das war nicht einleuchtend – und doch war es vollkommen klar.
»Du machst mich glücklich«, sagte sie mit halb geschlossenen Augen und gestattete sich ihre zunehmende Verträumtheit. Es war mehr als nur das. Sie hatte sich leer gefühlt und er hatte sie ausgefüllt. Sie hatte Angst vor sich selbst gehabt und er hatte ihr Selbstvertrauen gegeben. Es gab keinen ersichtlichen Grund dafür, aber seltsamerweise passten sie zusammen, zwei Außenseiter, die einander ergänzten.
Sie drehte ihren Kopf um, weil sie ihn ansehen wollte, doch es kostete sie Mühe, die Augen offen zu halten. Ihre Lider fühlten sich schwer an und ihr Körper war herrlich erschöpft. »Ich war glücklich hier und ich wusste, dass ich ein annehmbares Leben haben würde. Ich wusste jedoch nicht, wie leer ich innerlich war, bis du aufgetaucht bist. Und ich hatte keine Ahnung, was echtes Glück ist, bevor ich dir begegnet bin. Ist das nicht verrückt?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe auch keine andere Lebensweise in Betracht gezogen. Obwohl ich Vorbereitungen dafür getroffen habe, habe ich nie wirklich geglaubt, ich würde in die wahre Welt verschwinden. Männer wie ich verbringen ihr Leben abseits von anderen und wir sterben auch so. Niemand weiß von unserer Existenz und niemand beklagt unseren Tod, weil wir wie Geister sind. Ich habe mich nicht als unglücklich empfunden. Mein Leben war einfach so, wie es war.«
Er ließ die zarten Strähnen ihres Haars durch seine Finger gleiten und sah zu, wie es wieder um sie herumfiel, ein Umhang aus Seide, der ihr Gesicht einrahmte und anmutig bis unter ihre Taille fiel. »Bis ich dich gesehen habe. In dem Moment schien die Welt den Atem anzuhalten und darauf zu warten, dass du mich bemerkst.«
Judith fühlte sich, als hätte er ihr die Welt zum Geschenk gemacht. Er gab ihr das Gefühl, die einzige Frau auf Erden zu sein.
»Morgen werden deine Schwestern mit dir reden, mein Engel. Du weißt, dass sie dir auf alle möglichen Arten zusetzen werden.«
Sie konnte die Unruhe in seiner Stimme hören, die Sorge, sowie sie
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