Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
denken. Man hatte ihn gefoltert, auf ihn geschossen, war mit Messern auf ihn losgegangen, und sein Leben war Tag für Tag Bedrohungen ausgesetzt gewesen. Nichts, was er jemals getan hatte, jagte ihm so große Angst ein wie allein schon der Gedanke, Judith könnte ihn mit Abscheu in ihrem Blick ansehen.
Lev nahm die Straße, die am Meer entlang nach Sea Haven führte, einen umständlichen Weg, der es ihnen erlaubte, ein gutes Stück entfernt von dem kleinen Schlupfloch zu parken, das Stefan für den Notfall angemietet hatte. Er musste seinen Computer auf Nachrichten überprüfen und wollte nicht, dass jemand ihn zu Judiths Farm zurückverfolgen konnte. Außerdem würde er dort seine Jagdausrüstung, Marschgepäck und Ferngläser holen.
Als sie sich dem zwielichtigen Viertel näherten, legte Stefan seinem Bruder eine Hand auf den Arm. »Er ist hier. Ganz in der Nähe. Ich kann ihn fühlen.«
Lev erhob keine Einwände. Er zog sich seine Baseballkappe etwas tiefer ins Gesicht. Er trug einen Bart und war wie die Einwohner gekleidet, viel lässiger als sonst, das Hemd oben offen, seine Jeans ausgebleicht und abgetragen. »Er wird mich nicht erkennen.«
»Verlass dich nicht darauf. Ivanov sollte man nie unterschätzen«, sagte Stefan grimmig.
»Mit diesem Fahrzeug bringt mich niemand in Verbindung. Ich habe es in einem Schuppen auf der Farm vollständig umgebaut und ein paar Verbesserungen vorgenommen. Rikki und ich meiden Ortschaften in der Regel. Wir kaufen allerdings bei Inez ein, aber dann nehmen wir ihren Pick-up. Die meisten Leute hier in der Ortschaft werden schwören, dass sie Levi Hammond schon seit Jahren kennen.«
Der Jeep hatte keine Türen, aber er hatte jede Menge PS und besaß die Fähigkeit, durch den Wald zu fahren, auch dort, wo es keine Wege gab. Stefans Hände lagen dicht bei seinen Waffen, damit er sie schnell zur Hand hatte. »Bieg hier nach links ab. Dort steht ein kleines Haus. Nimm die Gasse daneben. Du kannst direkt in die Garage fahren.«
»Er muss sich hier in der Nähe verkrochen haben«, sagte Lev. »Es würde mich nicht wundern, wenn er gleich in der Nachbarschaft wäre. Gute Fluchtwege in jede Richtung, und die Dächer sind nah genug, um sie zu benutzen. Die Meeresbrandung schluckt fast alle Geräusche, und soweit ich sehe, gibt es in keinem der Häuser Kinder.«
»Diese kleinen Häuschen sind alt. Hier wohnen in erster Linie ältere Leute, die schon immer hier gelebt haben und sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Sie sind einigermaßen freundlich, aber sie schnüffeln nicht herum.«
Lev hielt vor der Garage an und Stefan sprang heraus und öffnete ihm schnell die Tür, damit Lev reinfahren konnte. Dort war bereits ein Fahrzeug geparkt, ein schneller Audi, kompakt und so gebaut, dass er die Kurven schnittig nahm.
»Wie ich sehe, bist du vorbereitet«, bemerkte Lev.
»Wundert dich das?«, fragte Stefan. Er überprüfte die Tür. »Bleib zurück, nur für den Fall, dass Ivanov hier gewesen ist. Ich glaube es nicht und es sieht auch nicht so aus, als hätte sich jemand an etwas zu schaffen gemacht, aber mir wäre es lieber, wenn du hier draußen bleibst, während ich mich umschaue.«
»Du brauchst mich nicht zu beschützen, Stefan.«
Stefan brachte seinen jüngeren Bruder mit einem Blick zum Verstummen, der ihn gleichzeitig aufforderte, sich nicht einzumischen. Lev zuckte die Achseln und stellte sich hinter den Jeep, während Stefan ins Haus ging. All seine Sinne waren in höchster Alarmbereitschaft, als Stefan sich durch das kleine Haus bewegte. Da es nur fünfundsechzig Quadratmeter hatte, war es nicht schwierig, jeden Raum nach Anzeichen dafür zu überprüfen, dass Ivanov seinen Schlupfwinkel gefunden hatte. Er untersuchte die Fenster und sogar das Spülbecken in der Küche und den kleinen Kühlschrank, bevor er Lev hereinwinkte.
»Ich habe die Waffen hinter der Wand neben dem Bett dort drüben untergebracht. Hol, was wir brauchen, und ich nehme mir meinen Laptop vor. Wenn ich mit einer Tarnadresse arbeite, sehe ich nur zwei- oder dreimal in der Woche nach, aber ich erwarte die Nachricht, dass La Roux von unseren Agenten geschnappt worden ist.«
Er fuhr seinen Laptop hoch und wartete ein paar Herzschläge, bevor er seinen Code eingab. Sofort erschien eine einzige Nachricht auf dem Bildschirm:
G ESAMTES T EAM GETÖTET. L A R OUX IST UNS ENTKOMMEN. M ICROCHIP IN G EWAHRSAM NEHMEN UND U RTEIL SOFORT VOLLSTRECKEN.
Stefan saß vollkommen still da und starrte den Monitor
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