Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
zu befürchten hat.«
»Dann ist er also im Grunde genommen ein perverser Sadist, der darauf versessen ist, uns umzubringen.«
Stefan nickte. »Aber er ist nicht abtrünnig. Es mag zwar sein, dass er Sorbacovs Befehle im Moment ignoriert, aber täusche dich nicht, denn du kannst sicher sein, dass Sorbacov ihn überhaupt erst hierhergeschickt hat. Falls es ihm gelingen würde, uns zu töten, würde er nach Hause gehen und sich darauf herausreden, er hätte die neuen Befehle nicht erhalten, und Sorbacov würde es schlucken, weil ihm gar nichts anderes übrigbliebe. Er hat ein Monster an einer Leine, aber er will nicht, dass sich dieses Monster gegen ihn stellt.«
»Du musst es Judith sagen.«
Stefan unterdrückte die unlogische Furcht, die ihn zu überschwemmen drohte. »Es ist wichtiger, dafür zu sorgen, dass sie am Leben bleibt. Ich glaube, La Roux hat die Fluchtmöglichkeit angenommen, die ihm angeboten wurde, aber er hatte den Verdacht, das Angebot könnte eine Falle sein, und daher hat er durch einen seiner gekauften Wärter seine eigenen Männer benachrichtigen lassen. Sie haben unsere Agenten getötet und La Roux ist höchstwahrscheinlich hierhergekommen. Er muss dieses Foto von Judith und mir gesehen haben, das Mike Shariton von uns beiden gemeinsam vor der Tür der Galerie aufgenommen hat. Das hat ihn dazu veranlasst, in den Ausbruch einzuwilligen. La Roux lässt sich nicht zum Narren halten.«
Lev kniff die Lippen zusammen, als wollte er sich daran hindern, mehr dazu zu sagen, und folgte Stefan in die Nacht hinaus. Sie trennten sich, sowie sie auf der Straße waren, und begaben sich auf gegenüberliegende Straßenseiten. Stefan nahm den Bürgersteig, der näher am Meer war. Dort war die Deckung am dürftigsten, ein kurzer Zaun und wild wachsende Pflanzen, die an der gesamten Klippe hinaufwuchsen, aber auf Höhe des Zauns nicht hoch genug waren, um Schatten zu bieten, in denen man verschwinden konnte. Er versuchte es auch gar nicht, sondern schlenderte so gemächlich, als unternähme er einen spätabendlichen Spaziergang.
Es wäre sinnvoller, wenn ich dort drüben wäre. Mich würde er nicht erkennen.
Stefan blickte finster, doch er sparte sich eine Antwort. Er war nach Sea Haven gekommen, um seinen jüngeren Bruder vor einem Mörder zu warnen und zu beschützen. An seinen Absichten hatte sich nichts geändert, noch nicht einmal durch seine Begegnung mit Judith. Es war schlimm genug, dass Lev darauf bestand mitzukommen, aber er würde nicht zulassen, dass er die gefährliche Position einnahm.
Der Wind hatte aufgefrischt, schlug auf das Meer ein und stieß die Wellen in immer höhere Kämme, sodass sie sich in turmhohen Wellenbergen über den Klippen brachen und weiße Gischt hoch in die Luft aufsprühte. Das Meer war eine zornige Kraft, finster und aufgewühlt, und zeigte kein Erbarmen mit irgendetwas, das sich ihm in den Weg stellte. Er fühlte die Kraft, atmete sie ein und sog sie tief in seine Lunge. Wogen von Energien ritten auf der Kraft des Windes und des Meeres. Es waren eindeutig gewalttätige Energien. Stefan zweifelte nicht daran, dass Ivanov etwas Sadistisches ausheckte – und er war in ihrer Nähe.
Er ist hier – ganz in der Nähe, Lev. Er fügt etwas oder jemandem Schmerz zu. Stefan versuchte die Richtung einzuengen. Bleib in den Schatten. Komm nicht in meine Nähe.
Was auch immer Ivanov gerade tat – er musste in ihrer Nähe sein, denn die Energien waren zu stark. Stefan riskierte es, die Straße zu überqueren und vor seinem Bruder herzulaufen. In dem Moment, als er sich einer Querstraße näherte, fühlte er Schmerz, Leid und immense Furcht. Das Opfer war noch am Leben, doch er konnte fühlen, wie seine Lebenskraft abebbte. Er bog in diese Straße ein und rannte los. Er war breit gebaut und es war nicht gerade das Klügste, leichtfüßig über eine unebene Straße zu laufen, wenn er jeden Moment damit rechnete, dass ein Schuss auf ihn abgegeben wurde, aber wenn die Chance bestand zu verhindern, dass ein Unschuldiger starb, musste er sie ergreifen.
Der Blutgeruch war stark, aber da der Wind vom Meer kam und sich ständig drehte, konnte er zu der exakten Richtung nur Vermutungen anstellen. Ein oder zwei Straßen weiter begann ein Hund zu bellen, und daher rannte er weiter und hoffte, dass die Richtung stimmte.
Parallel zu der Straße, durch die er rannte, knallte eine Straße weiter der Deckel einer Mülltonne auf den Boden. Lev brach augenblicklich aus dem Gestrüpp heraus und
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