Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
nichts gegen Levi.«
Levi Hammond war mit Rikki verheiratet, einer weiteren Schwester, und Levi hatte es sich in den Kopf gesetzt, sie alle auf jede Situation vorzubereiten. Sie übten immer wieder Bewegungsabläufe zur Selbstverteidigung und er war ein Lehrer, der hohe Ansprüche stellte. Vor kurzer Zeit hatte er seinen Unterricht um das Waffentraining ergänzt. Lissa, die bereits einen schwarzen Gürtel des dritten Dan-Grads hatte, kapierte natürlich alles besonders schnell, wogegen sich Judith überhaupt nicht in ihrem Element fühlte. Sie beherrschte die Kampfsport-Katas, all diese herrlich anmutigen Formen, bei denen man durch den Raum schwebte und jede Bewegung exakt und elegant war, aber es schien so, als bekäme sie die praktischeren Techniken zur Selbstverteidigung nicht hin.
Lissa hatte immer unerschöpfliche Geduld mit ihr. Von Levi konnte man das nicht sagen. Er war entschlossen, dafür zu sorgen, dass Judith mit jeder Situation fertigwerden konnte. Sie wusste, dass er recht hatte, aber das half ihr nicht dabei, ihre Technik zu verbessern. Sie beschäftigte sich damit, das kochende Wasser in die Teekanne zu gießen. Dann stülpte sie einen Kannenwärmer darüber und ließ den Tee ziehen.
Als der Tee fertig war, hatte Blythe bereits ein großes Glas Wasser geleert und sich nichts daraus gemacht, dass die beiden anderen sie auslachten. Die drei Frauen machten es sich auf weichen, behaglichen Sesseln bequem und zogen die Beine unter sich an.
»Ich muss gestehen«, sagte Judith, »dass ich mich restlos in Levi geirrt habe. Er ist verrückt auf Rikki und er hat ihr gut-getan. Er ist mir tatsächlich ans Herz gewachsen.«
»Ich hätte auch nicht erwartet, dass ich ihn so gern mag«, gab Airiana zu.
Blythe zuckte die Achseln und sah die beiden über den Rand ihrer Teetasse an.
»Oh nein, das wirst du nicht tun.« Judith schüttelte den Kopf. »Du wirst dich nicht zu dem Thema Levi ausschweigen. Er ist mit unserer geliebten Rikki zusammen und ich dachte, du hättest gesagt, sie täten einander gut.«
»Das glaube ich immer noch«, sagte Blythe. »Er macht ihr ein klein wenig Druck, um ihr Schritt für Schritt die Abhängigkeit von ihren Ritualen zu nehmen, damit sich ihr Handlungsradius ausweitet. Aber er akzeptiert sie und er scheint sie so zu lieben, wie sie ist. Sie scheinen perfekt zueinanderzupassen.«
»Das klingt so, als vermutest du dennoch irgendwo einen Haken«, hob Airiana hervor.
»Niemand kennt einen anderen Menschen wirklich«, sagte Blythe. »Man muss den Leuten glauben, was sie sagen und wie sie sich verhalten, aber wenn sie lügen, wenn sie einem nicht all ihre Seiten zeigen, dann weiß man nie, mit wem man es wirklich zu tun hat.«
Judith senkte den Kopf und tat so, als tränke sie einen Schluck Tee. Blythe sagte immer die Wahrheit, und diesmal war ihr Treffer so gezielt gewesen, dass Judith ihn wie einen Pfeil durch ihr Herz fühlte. Plötzlich trat Stille ein, und als sie aufblickte, merkte sie, dass ihre Schwestern sie alarmiert ansahen.
»Was ist los, meine Süße?«, sagte Blythe. »Ich wollte keine alten Geister wecken. Vielleicht waren meine eigenen Dämonen heute etwas zu nah. Ich konnte nicht schlafen und bin vermutlich ein wenig melancholisch.«
Judith holte tief Atem und riss sich von dem gähnenden Abgrund der Verzweiflung und des Kummers zurück, da sie wusste, dass sie Blythe und Airiana mit sich reißen würde, wenn sie hineinfiel. »Tut mir leid«, flüsterte sie. »Ich habe heute an Paul gedacht. Die Vorstellung, dass Levi Rikki wehtun könnte, nachdem wir uns für ihn eingesetzt und ihn in unsere Familie aufgenommen haben, ist einfach zu grässlich.« Sie hatte in der letzten Zeit kaum geschlafen. War es denkbar, dass sich das auf Blythe auswirkte? Es war zumindest nicht außerhalb des Bereichs des Möglichen.
»Aber solche Dinge passieren«, sagte Blythe.
Airiana legte Blythe eine tröstliche Hand auf die Schulter. »Ja, Blythe, sie passieren. Manchmal, vor allem, wenn wir noch sehr jung sind, vertrauen wir den falschen Personen.«
Judith versetzte Airiana mit ihrem nackten Fuß einen Rippenstoß, weil sie die Stimmung aufhellen wollte. »Manche von uns sind tatsächlich recht jung.«
Airiana tat so, als sei sie ihr böse. »Ich bin nicht das Nesthäkchen in dieser Familie. Lexi ist die Jüngste.«
»Aber weit seid ihr beiden nicht auseinander«, zog Judith sie auf. »Ganz erwachsen bist du noch nicht. Musstest du nicht letzte Woche an der Kinokasse deinen
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