Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Augen weit auf. »Du hast vollkommen recht. Aber was willst du machen? Man geht eben in die Breite, wenn man in die mittleren Jahre kommt.« Sie brach in schallendes Gelächter aus und rannte, mit Judith dicht auf den Fersen, um ihr Leben.
»Der Vorteil an langen Beinen ist, dass ich schneller laufen kann als du, du kleiner Stöpsel.«
»Nicht mit einem fetten Arsch, da wird das nichts«, rief Airiana über ihre Schulter, während sie durch den geräumigen Wohnbereich sauste. Die Unterstellung, irgendetwas an der gertenschlanken Judith könnte fett sein, war so absurd, dass sie schon wieder schallend lachte und nicht sah, wohin sie lief, bis sie an einen Sessel krachte. Sie stolperte, flog seitlich über den Sessel, landete auf dem Fußboden und blickte blinzelnd zu Judith auf. »Huch. Dein Hintern ist wohl doch nicht ganz so fett, wie wir dachten.«
»Ich bin noch weit davon entfernt, in die mittleren Jahre zu kommen, du Klugscheißerin.«
»Das ist wahr, aber du wirst trotzdem immer älter sein als ich«, hob Airiana selbstgefällig hervor.
Das Fliegengitter in der Haustür wurde geöffnet und eine Frau streckte ihren Kopf zur Tür herein. Sie war groß, blond und der Inbegriff von Sportlichkeit; ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und ihr Körper steckte in einem engen Stretch-Shirt, einer Jeans und Turnschuhen. Als sie auf der Veranda über den Stufen stand, wippte sie mit den Zehen und wischte sich einen dünnen Schweißfilm vom Gesicht.
»Blythe.« Judith winkte ihr zu, um ihre älteste Schwester zu begrüßen, die von allen als Anführerin anerkannt wurde. »Du warst heute Nachmittag noch mal laufen? Du bist doch schon heute Morgen gelaufen.«
»Was um alles in der Welt tut ihr zwei?« Blythe Daniels ignorierte die Frage und trat ein, ließ sich auf eine Ottomane sinken und zog ihre Turnschuhe aus.
»Tja«, sagte Airiana, die immer noch auf dem Boden lag, »eigentlich diskutieren wir über Judiths Hintern und darüber, wie fett er geworden ist, während sie heute dagesessen und gemalt hat.«
»Wirklich?« Blythe sah die beiden stirnrunzelnd an und wirkte sehr besorgt. »Ich habe meine Brille nicht dabei und kann dich daher nicht näher begutachten, Judith, aber viel ist da nicht. Man könnte deinen Hintern sogar tatsächlich als flach ansehen.«
»Ich habe einen ganz bezaubernden Hintern«, widersprach Judith.
»Du warst diejenige, die behauptet hat, er ginge in die Breite«, rief ihr Airiana ins Gedächtnis zurück. »Ich habe nur versucht, dich zu unterstützen und dir behilflich zu sein.«
Judith warf ihr ein dekoratives Zierkissen an den Kopf. Airiana stieß dem Kissen eine geballte Ladung Luft entgegen, die es so abrupt aufhielt, dass es auf den Boden fiel.
»Angeberin«, sagte Judith vorwurfsvoll. »Ich mache den Tee. Blythe, du kannst sicher ein Glas Wasser gebrauchen?«
»Danke, liebend gern.
»Du solltest nicht zweimal am Tag laufen, Blythe, und heute schon gar nicht. Erteilt uns Levi nicht heute Abend Unterricht in Selbstverteidigung, oder bringe ich da gerade die Tage durcheinander?«, fragte Airiana. Wieder musterten ihre blauen Augen besorgt ihre älteste Schwester.
Judith blieb in dem breiten bogenförmigen Durchgang zur Küche stehen, weil sie Blythes Antwort hören wollte. Sie alle hatten mit ihren persönlichen Dämonen zu kämpfen und Blythe stellte da keine Ausnahme dar. Sie war einfach nur so gut – das einzige Wort, das Judith dazu einfiel –, dass es sie alle beunruhigte, wenn sie eine dieser Phasen von Schlaflosigkeit durchmachte. Sie stand früh auf und lief, und oft lief sie auch spät am Abend, aber es war eine Seltenheit, dass sie außerdem noch einen Nachmittagslauf einschob.
»Nein, du irrst dich nicht. Levi wird uns heute Abend kreuz und quer durch die Turnhalle werfen«, sagte Blythe und wischte mit dem Saum ihres Shirts ihr Gesicht ab. »Ich glaube, letzte Woche hatte ich keinen Knochen im Leib, der nicht wehgetan hat. Er ist schlimmer als Lissa mit ihrem Kampfsporttraining.«
»Vergiss ihre Pilates-Kurse nicht. Und ihr Krafttraining. Und ihre Zumba-Kurse«, fügte Airiana hinzu und warf sich stöhnend wieder auf den Boden. »Ich bin schon erschöpft, wenn ich bloß daran denke. Ich glaube, Lissa lässt sich eine Million Fitnesskurse einfallen, nur um uns alle kleinzukriegen.«
Judith zwang sich zu einem Lachen. Es fiel ihr schon wieder leichter, das zu empfinden, was sie ihren Schwestern gegenüber darzustellen versuchte. »Aber sie ist
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