Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Trank für Sie zubereiten, der grauenhaft schmeckt, und Sie werden ihn trinken, weil ihr niemand widerstehen kann, noch nicht einmal Sie.«
Bill gab einen gedämpften Laut von sich, der schnaubendes Gelächter oder Zustimmung hätte sein können. Stefan drängte Judith weiterzugehen, indem er sie am Oberarm nahm und sie mit autoritärer Kraft in Richtung Galerie zog. Sie warf ihm einen finsteren Blick zu, denn ihre Sorge um Bill setzte ihren gesunden Menschenverstand außer Kraft.
Sein Radar schrillte lautstark und seine Muskeln spannten sich einsatzbereit. Das Gewicht seiner Schusswaffe war beruhigend. Er hatte ein Messer an seine Wade geschnallt, eines in seinem Stiefel stecken und ein weiteres im Ärmel, und zwischen seine Schulterblätter, wo er es im Notfall in weniger als einer Sekunde griffbereit hatte, hatte er ein kleines Wurfmesser geklebt. Trotzdem behagte es ihm nicht, dass Judith auf offener Straße war.
Komm jetzt, Judith. Hier stimmt etwas nicht. Ich kann es fühlen. Er zischte ihr die Warnung in ihrem Innern zu.
Judith lächelte Bill an und hob eine Hand in die Richtung des älteren Mannes. Sie war offenbar immer noch der Meinung, sie sollte darauf beharren, dass er ärztlich versorgt wurde. Er hasst Ärzte, erklärte sie, aber sie setzte sich in Bewegung und ging auf die Galerie zu.
Sie waren noch keine zwei Meter weit gekommen, als sich zwei verschwommene Gestalten in dem Wintergarten erhoben, wo sie auf Stühlen gesessen hatten. Stefans Herz sank. Er erkannte das Paar sofort. Inez Nelson und Frank Warner erwarteten sie. Beide wirkten verstört und Inez rang, sichtlich aufgewühlt, die Hände.
»Was ist los, Inez?« Judith trat vor. Mitgefühl drückte sich in ihrer Stimme, auf ihrem Gesicht und in der Geste aus, mit der sie ihre Hand auf den Arm der älteren Frau legte.
Stefans natürlicher Hang bestand darin, Judith gegen das Paar abzuschirmen. Sein inneres Warnsystem schrillte so laut, dass er es deutlich hören konnte, obwohl das Blut donnernd in seinen Ohren rauschte. Er drängte sich dicht an Judith und gab ihr mit seinem Körper Schutz, als er einen Arm um sie herumstreckte, um Frank die Hand zu schütteln. »Stimmt etwas nicht?«
»Ich bin heute Morgen in die Galerie gegangen, um aufzuschließen, bevor Sie kommen«, erklärte Inez, »und …« Sie ließ ihren Satz abreißen. »Sie werden es ja sehen. Ich habe Jonas verständigt.«
Stefan fluchte in sich hinein. Das Letzte, was er gebrauchen konnte, war ein Sheriff, der sich einmischte. Er folgte Inez und Frank in die Galerie und achtete darauf, Judith vor sich zu haben, damit ein Bewaffneter auf der Straße keine Chance hatte, auf sie zu schießen. Sowie sie eingetreten waren, sah Stefan den Schaden. Jemand hatte Gemälde von der Wand gerissen und sie achtlos auf den Boden geworfen, nachdem Leinwände aus den Rahmen gezerrt und die Keilrahmenleisten herausgerissen worden waren.
»Wer macht denn so etwas?«, fragte Judith. »Solch ein Vandalismus ist hier ja noch nie vorgekommen. Wenn die Leinwände nicht bald wieder gespannt werden, sind die Gemälde ruiniert. Die meisten sind Ölgemälde, aber es sind auch Acrylbilder darunter und die werden ein größeres Problem darstellen.« Sie presste sich die Fingerspitzen auf die Augen. »All die Arbeit, die zerstört worden ist.«
Stefan ging näher an die Gemälde heran, die auf dem Boden verstreut lagen. Es handelte sich ausnahmslos um Gemälde von Judith. Er erstarrte. Dahinter steckte eine Absicht. Ließ ihnen Ivanov eine Nachricht zukommen? Er warf einen schnellen Blick auf die Fensterreihen. Plötzlich kam ihm Judith sehr exponiert vor. Er nahm ihren Arm und zog sie fort von den Gemälden und in das schattige Innere zurück, wo es für einen Scharfschützen schwieriger sein würde, einen sicheren Schuss auf sie abzugeben.
»Inez, es sieht so aus, als hätte es jemand auf meine Gemälde abgesehen«, sagte Judith und hob eine Hand abwehrend auf ihre Kehle.
Stefan fand, sie sähe sehr verletzlich aus, und sein Herz schnürte sich zusammen. Er schlang ihr einen Arm um die Taille und zog sie eng an sich. Wir werden der Sache auf den Grund gehen, mein Engel.
»Sie haben die Kunstwerke nicht zerstört«, hob Inez hastig hervor. »Sie haben die Leinwände von den Keilrahmen gezogen. Das können Sie doch wieder in Ordnung bringen, nicht wahr, Judith? Wenn Jonas sich das Ganze angesehen hat, nehmen Sie alles mit in Ihr Studio und reparieren es, bevor die Bilder endgültig ruiniert
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