Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
aufgewachsen war, und sein Job brachte es auch nicht wirklich mit sich, dass er oft ins Kino ging. Er zuckte lässig die Achseln. »Die wenigen Filme, die ich gesehen habe, habe ich wirklich genossen. Ich finde, es klingt gut, sich alte Filme anzuschauen, wenn es draußen neblig oder stürmisch ist. Das werde ich in Zukunft auch tun, denn ich habe vor, mich häuslich niederzulassen und das Leben ein bisschen zu genießen.«
Als er die Worte aussprach, überraschte es ihn, wie ernst es ihm damit war. Er war mehr als reif dafür, ein Leben in den Schatten gegen ein Leben mit Judith einzutauschen. Ein echtes Leben – mit einem Zuhause, Kindern, der Farm, mit Reisen zu Tagungen von Kaleidoskopkünstlern –, er wollte alles, was dazugehörte.
»Arbeiten Sie viel?«, fragte Inez, als sie sich auf dem Bürgersteig in Bewegung setzten, um zu dem kleinen Coffeeshop zu laufen.
»Meine Arbeit bringt es mit sich, dass ich viel reisen muss«, gestand Stefan. »Das kann auf die Dauer seinen Reiz verlieren. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, dass ich sesshaft werde.«
Sein inneres Radar weigerte sich zu verstummen. Der Nebel war entschieden ein Problem, wenn er jeden Feind sehen musste, der auf ihn zukam. Das Gefühl, umzingelt zu sein, das der dichte Dunst bei ihm auslöste, behagte ihm nicht. Mit jedem Schritt, den er machte, nahm seine innere Anspannung zu. Ihm entging etwas Entscheidendes und sein Warnsystem forderte ihn lautstark auf, es zu beachten. Judith und Inez plauderten miteinander und er blendete die beiden aus und lauschte auf verräterische Geräusche, rennende Schritte, irgendeine Kleinigkeit, die ihm sagen könnte, die Gefahr sei nah.
Ivanov war verwundet worden. Für Stefan bestand kein Zweifel daran, dass seine Kugel ihn erwischt hatte, aber es war ausgeschlossen, dass er so, wie die Bullen es sich ausgemalt hatten, mit dem Wagen von der Klippe gestürzt war. Stefan glaubte keinen Moment lang daran. Er war entkommen und hatte sich in einem anderen Bau verkrochen, um seine Haut abzuwerfen und sich so, wie er es gelernt hatte, eine neue Haut wachsen zu lassen.
In Gedanken machte er sich an eine rasche Bestandsaufnahme und fügte Teile zusammen, während sein Warnsystem auf Hochtouren lief. Wo ist dein Schlafsack, Bill? Judiths Stimme. Seine Haut abgeworfen, sich eine neue wachsen lassen. Ein leises Geräusch durchdrang die dichte Nebelschicht. Gedämpft. Verstohlen. Material gefunden, das von einem Schlafsack stammen könnte. Die Stimme von Jonas.
Seine Instinkte schlugen Alarm. Stefan versetzte Judith und Inez einen so festen Stoß, dass sie auf dem Bürgersteig übereinander fielen, während er seinen Körper in die schmale Öffnung zwischen zwei Gebäuden schleuderte. Das Geräusch eines Schusses war laut, als es durch die enge Gasse hallte. In weiter Ferne hörte er ein Kreischen, einen schrillen Schrei, und gleichzeitig knallte etwas gegen seinen Brustkorb und warf ihn zurück. Er weigerte sich, zu Boden zu gehen, weigerte sich, das Bewusstsein zu verlieren, weigerte sich, von Panik gepackt zu werden, als er keine Luft bekam. Er stemmte sich dagegen, warf sich nach vorn und griff den alten Bill an.
19.
S tefan und Ivanov prallten fest aufeinander und das Geräusch, das ihre Körper verursachten, hallte wie ein Donnerschlag durch die enge Gasse. Stefans Brustkorb brannte teuflisch. Er fühlte sich, als sei ein Zug in ihn hineingefahren, aber das Einzige, was zählte, das Einzige, worauf er sich jetzt konzentrierte, war zu verhindern, dass Ivanov Schüsse auf Judith abgeben konnte. Es gelang ihm, Ivanovs Schusshand zu packen und Druck nach hinten auf sein Handgelenk auszuüben. Schon während er das tat, riss der Mörder seine linke Hand hoch, und die rasiermesserscharfe Klinge seines Messers sauste auf Stefans Nacken hinunter.
Judith zog sich auf die Füße, schrie verzweifelt nach Jonas und rannte auf die beiden kämpfenden Männer zu. Die einzige Waffe, die sie hatte, war ihre riesige Handtasche, und die schlug sie Ivanov auf den Schädel, während die beiden Männer miteinander um die Waffen rangen.
Stefan hielt Ivanovs linke Hand wie in einem Schraubstock fest und stieß ihn nach hinten, fort von Judith. Die beiden Männer knallten so fest an die seitliche Hausmauer, dass das Gebäude bebte. Beide grunzten und Stefan riss sein Knie hoch, um den Eliminator zu Fall zu bringen. Ivanovs Atem wurde in einem Schwall von Luft aus seiner Lunge gepresst und er ging zu Boden, hielt jedoch beide Waffen
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