Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
selbst als ihr galten.
Judith hob ihren Kopf und sah ihn blinzelnd an. Sein Herz zersprang fast, als er die Liebe in ihren Augen sah. Das uneingeschränkte Vertrauen. Ich glaube dir, Thomas. Jean-Claude wird mir nicht noch mehr von meinem Leben wegnehmen.
Beinah hätte er vor Verzweiflung gestöhnt. Er wollte diese Form von Vertrauen, aber jetzt wusste er, dass er ihr alles gestehen musste. Wie verständnisvoll hätte er reagiert, wenn die Rollen vertauscht gewesen wären? Er war von Natur aus argwöhnisch und traute niemandem. Wie viele Male war ihm der Gedanke durch den Kopf gegangen, dass sie etwas mit dem Diebstahl des Microchips zu tun gehabt hatte und dass La Roux’ Besessenheit von ihr dadurch angeheizt wurde? Für einen Moment hatte er sogar in Betracht gezogen, ihr Schuldbewusstsein und ihre Scham über den Tod ihres Bruders stammten daher, dass sie den Microchip an sich genommen hatte und La Roux seine Männer hinter ihr hergeschickt hatte, um den Chip zurückzuholen.
Stefan wartete, bis Judith angeschnallt auf dem Beifahrersitz saß und er hinter dem Steuer ihres Wagens Platz genommen hatte. Sie hatte kurz die Stirn gerunzelt, als er ihr beim Einsteigen geholfen und die Stofftasche mit seinen Waffen in seiner Reichweite abgestellt hatte, aber sie hatte keine Einwände dagegen erhoben, dass er fuhr.
Sie presste ihre Lippen aufeinander, als sie aus Sea Haven hinausfuhren. Der Nebel war immer noch dicht und obendrein brach die Dunkelheit an. »Thomas, wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, habe ich Verständnis dafür. Mein fragwürdiges Vorleben scheint mich einzuholen.«
Er griff nach ihrer Hand, zog sie dicht an sein Herz und schüttelte den Kopf. »Sei nicht albern, Judith. Ich habe nicht die Absicht, von hier fortzugehen.«
»Er muss auf freiem Fuß sein. Oder er hat jemanden hergeschickt, der die Schmutzarbeit für ihn erledigt, aber es fühlt sich für mich so an, als sei er es selbst. ›Wer ist das, Judith?‹ – das ist so typisch für ihn. Er hat mich immer so angesehen, als sei ich sein Ein und Alles.« Sie blickte auf ihre Hände hinunter und seufzte. »Was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass es mich so heftig erwischt hat. Verstehst du, es ist eine solche Verlockung …« Sie ließ ihren Satz abreißen. Der Atem stockte in ihrer Kehle und ihr Blick richtete sich abrupt auf sein Gesicht.
Seine innere Verbindung zu ihr war so stark, dass er ihrem plötzlichen Gedankengang folgen konnte und beinah laut gestöhnt hätte. Er brauchte es, ihr so nah zu sein, dass er fühlen konnte, wie sie atmete. Die Frau, die neben ihm saß, war seine Welt, seine ganze Welt. Ohne sie gab es keine Realität. Stefan Prakenskij würde für immer ein Schatten bleiben, der sich unbemerkt in gefährliche Situationen begab und ebenso unbemerkt wieder verschwand; der Menschen das Leben nahm und irgendwann eine Grenze überschreiten würde, die sich nur in eine Richtung überqueren ließ.
»Wie ich. Wie ich, Judith. Sprich es einfach aus.« Ein Anflug von Zorn schwang in seiner Stimme mit, denn ihre plötzliche Einsicht würde ihm sein Geständnis nicht erleichtern. Wenn sie das durchschauen konnte, dann würde sie auch wissen, dass ein Mann wie er sein Opfer studierte und dahinterkam, wie er sich in das Leben der jeweiligen Person einschleichen konnte, um zu bekommen, was er wollte.
Judith nickte bedächtig. »Du gibst mir auch dieses Gefühl, Thomas.«
»Weil ich das Gefühl habe, du bist meine Welt. Es wird nie eine andere Frau für mich geben, Judith. Ich liebe dich. Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist. Himmel noch mal, ich wusste nicht mal, dass das passieren könnte.« Er bog auf die Straße ein, die zur Farm führte. »Hinter dieser grässlichen Geschichte mit Jean-Claude steckt noch mehr, als du weißt. Ich bin aus einem bestimmten Grund als Thomas Vincent hierhergekommen.«
Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Das ist mir durchaus klar.«
Er wartete, während die Torflügel sich automatisch öffneten, und hielt gerade lange genug an, um sich zu vergewissern, dass sich das Tor hinter ihnen ordnungsgemäß schloss. Er hatte sich im Laufe seines Lebens schon so oft am Rande eines Abgrunds gefühlt, aber so wie jetzt war es nie gewesen. Sein Herz schlug heftig und er konnte fühlen, wie Schweißperlen auf seine Stirn traten.
Er parkte den Wagen, half ihr beim Aussteigen und trug die Stofftasche für sie die Stufen zu ihrem Haus hinauf. »Du weißt, Judith, dass ich hergekommen bin, um
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