Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
begehrenswerte Frau zu empfinden. Natürlich würden diese Gefühle keine praktischen Konsequenzen haben, aber allein schon die Erleichterung, die dem Wissen entsprang, dass sie sich so fühlen konnte , war so anregend wie der beste Champagner.
Blythe feuchtete sich die Lippen an. »Es ist mir unmöglich, mich nicht für dich zu freuen, Judith. So habe ich dich noch nie gesehen. Ich wollte nur sichergehen, dass du dir über sämtliche verborgenen Gefahren im Klaren bist. Du musst ihn in der Galerie sehen. Du wirst ihm nicht ständig aus dem Weg gehen können.«
Judith holte Atem und legte überstürzt ihr Geständnis ab. »Ich habe ihn für morgen hierher eingeladen. Zum Traktorfahren und zum Mittagessen. Ich habe ihm versprochen, ihm die Farm zu zeigen.«
Sie fühlte sich irgendwie schuldbewusst. Aber wenn sie die Augen schloss, konnte sie Thomas sehen – wie er den Eindruck machte, als könnte er jeden Moment erröten und stammeln. Er war wirklich ganz erstaunlich. Er sah aus, als könnte er ziemlich viel wegstecken, und er stand in dem Ruf, ein brillanter Geschäftsmann zu sein, und doch hatte er sich ihr gegenüber beinah schüchtern benommen.
Er hatte ihr fast leidgetan, bis zu dem Moment, als ihre Blicke sich trafen und er sie ohne jede Spur von Schüchternheit ansah. Er hatte ausgesehen, als müsste er sich gewaltig zusammenreißen, um sie nicht auf die Tischplatte zu werfen und sie an Ort und Stelle zu nehmen, wie sie es sich ausgemalt hatte. Er sah so aus, als sei er in der Lage, grob und leidenschaftlich zu werden und sich so sehr nach ihr zu verzehren, dass er es kaum erwarten konnte, sie auszuziehen.
Sie wusste, dass sie reserviert und distanziert wirkte, doch ihre Bedürfnisse hatten nichts mit reserviert oder distanziert zu tun. Tief in ihrem Innern sprudelte ein feuriger Quell der Leidenschaft und irgendwie war es Thomas Vincent gelungen, diesen Quell zu finden. Sie wollte weinen vor Freude – und vor Furcht. Sie zerstörte Menschen, diejenigen, die ihr besonders nahestanden, ihre Familie, Menschen, die sie liebte. Und wenn sie liebte, dann liebte sie mit jeder Faser ihres Wesens.
»Du hast was getan?«, fragte Blythe, und der Schock war ihr deutlich anzusehen. »Du hast ihn hierher eingeladen ?«
Judith holte tief Atem und presste eine Hand auf ihren unruhigen Magen. Ihr eigenes Verhalten bestürzte sie ebenso sehr wie Blythe. Die Farm war ihr Allerheiligstes, ihre Zufluchtsstätte. Sie alle hatten Geheimnisse und jetzt mussten sie sich mehr denn je vorsehen.
»Was ist mit Levi?«, fragte Blythe, und ihre Stimme war eher sanft als anklagend. »Hast du daran gedacht, dass wir ihn vor Außenstehenden beschützen müssen? Und Lexi? Sie fühlt sich in Gegenwart von Fremden äußerst unbehaglich.«
»Ich habe nicht vor, ihn auch nur in die Nähe ihrer Häuser zu führen«, verteidigte sich Judith. Wo waren die Gewissensbisse und das Schuldbewusstsein, das sie empfinden sollte? Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, als sie ans Fenster ging und auf den Teppich von kleinen weißen Siebensternen hinunterblickte, die sich in der Brise wiegten. Über ihr waren die Sterne am Himmel verstreut und die weißen Punkte unter und über ihr riefen die Wirkung hervor, sich inmitten einer wunderschönen Galaxis zu befinden.
»Hast du das durchdacht? Hältst du es für eine gute Idee, außerhalb der Galerie Zeit mit ihm zu verbringen?«
»Nein, natürlich nicht, aber das ist mir ganz egal, Blythe.« Sie drehte sich wieder zu ihrer frei gewählten Schwester um, denn sie wollte von ihr verstanden werden. »Ich will das fühlen, was ich fühle. Ich will im Sturm erobert werden. Ich will mich nach ihm verzehren und um ihn weinen und mich innerlich total durcheinander fühlen. Ich brauche das.«
Blythe sah ihr lange Zeit forschend ins Gesicht und nickte dann bedächtig. »Ich glaube, du hast recht, Judith. Du hast lange darauf gewartet und du hast es verdient, wirklich glücklich zu sein. Ich möchte nur, dass du vorsichtig mit deinem Herzen umgehst. Gib es nicht einfach fort, ohne dir Gedanken zu machen. Du bist ein Mensch, für den es nur alles oder nichts gibt. Lass uns wenigstens ein paar Nachforschungen anstellen.«
»Das habe ich bereits getan. Sowie mir Inez seinen Namen genannt hat, habe ich im Internet über ihn nachgelesen, und er scheint wirklich ein anständiger Kerl zu sein. Er hat einen guten Ruf in der Geschäftswelt. Bei mehreren Wohltätigkeitsveranstaltungen war er auf Fotos zu sehen.
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