Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Handgelenk des Mannes zu packen. Im letzten Moment erkannte er die Absicht des Mörders, aber es war zu spät. Der Schwung trug sie beide über das niedrige Geländer und sie fielen auf den Bürgersteig. Stefan landete unter Ivanov und hielt grimmig sein Handgelenk fest, um ihn daran zu hindern, dass er ihm mit dem Messer die Kehle aufschnitt.
Einen Moment lang konnte Stefan sich nicht rühren. Er war nahezu gelähmt, schnappte verzweifelt nach Luft und seine Lunge brannte. Sein Körper nahm den Schmerz kaum wahr, der sich durch sämtliche Nervenenden ausbreitete. Ivanov knallte so fest auf ihn, dass die Wucht seinen Körper ein zweites Mal auf den Bürgersteig presste und die Welt an den Rändern ein wenig verblasste. Er hielt das Handgelenk seines Angreifers weiterhin fest, sogar während er ihn mit seinem eigenen Messer angriff und Ivanov derart überrumpelte, dass er die Spitze seines Messers unter seinem Kinn vorbeiziehen und mit derselben Bewegung seinen erhobenen Arm aufschlitzen konnte.
Ivanov schüttelte das Blut von seinem tropfenden Arm in Stefans Gesicht und versuchte seine Augen zu treffen, damit er vorübergehend blind war, und gleichzeitig drehte er sein Handgelenk, um das Messer über Stefans Haut zu ziehen. Stefan blieb nichts anderes übrig, als sein Handgelenk loszulassen. Ivanov sprang zurück, machte kehrt und raste los.
Die Tür der Weinhandlung öffnete sich und Menschen strömten auf die Straße hinaus, riefen einander Bemerkungen zu und lachten, während sie sich verabschiedeten. Stefan rollte sich herum, unterdrückte ein Stöhnen und zog sich auf die Füße. Er schlich in die Schatten zurück, so rasch es sein Körper zuließ. Ivanov war verletzt. Zumindest hatte er einen gebrochenen Arm, und ebenso wie Stefan hatte er zahlreiche Schnittwunden davongetragen. Hoffentlich würde er sich in einem seiner anderen Schlupflöcher verbergen und seine Wunden lecken, damit Stefan genug Zeit blieb, um seinen Auftrag zu erledigen, seinen Bruder zu finden und den Mörder zur Strecke zu bringen.
»Ich bin ja so glücklich, Blythe.«
Judith konnte die unbändige Freude nicht fassen, die aus jeder ihrer Poren strömte. Sie fühlte etwas. Jede einzelne Zelle ihres Körpers war wieder am Leben, wahrhaft lebendig. Sie verstand nicht, wie das kam oder warum, aber hier, in der Privatsphäre ihres Hauses, konnte sie sich erlauben, vollkommen und restlos glücklich zu sein. Sie lachte laut, warf sich auf ihr Bett und breitete ihre Arme und Beine aus wie ein Kind, das einen Engel im Schnee macht.
»Das ganze Haus leuchtet«, bemerkte Blythe. Es war unmöglich, Judiths Glück nicht zu fühlen. Blythe lachte leise und setzte sich auf die Bettkante. »Es leuchtet buchstäblich, Judith. Ich würde dir ja raten, dich etwas zurückzunehmen, aber so habe ich dich noch nie erlebt und es ist ein gutes Gefühl, dich so zu sehen.«
»Es liegt an ihm, an Thomas.« Judith drückte ein Kissen an ihren Bauch und ihre linke Hand strich glättend über die kühle ägyptische Baumwolle. »Er hat etwas an sich, das etwas in meinem Innern anspricht. Er ist so …« Sie ließ ihren Satz abreißen, rollte sich herum und blickte zu Blythe auf. »Ich weiß nicht mal, wie ich erklären könnte, was er an sich hat.«
»Du hast Sterne in den Augen.« Blythe strich Judiths langes Haar zurück und musterte ihr Gesicht. »Was ist zwischen euch beiden vorgefallen?«
Blythe freute sich für Judith und ließ sich unwillkürlich von ihrem Glück mitreißen. Eigentlich wollte sie das Ganze nüchtern sehen und Judith warnen, die Dinge langsam anzugehen und daran zu denken, dass Thomas nur mit dem Gedanken spielte, die Galerie zu kaufen, und dass er in ein paar Tagen fort sein könnte, doch das Glück, das durch das ganze Haus pulsierte, war zu ansteckend.
»Nichts.« Judith setzte sich auf, denn sie konnte sich unmöglich stillhalten. »Alles. Ich wollte ihn. Und ich wollte ihn nicht nur, Blythe. Ich wollte gemeinsam mit ihm in seiner Haut sein. Ich bin mir vorgekommen wie Dornröschen. Er ist gekommen und hat mich geweckt, und ich weiß nicht einmal, wie er das angestellt hat. Ich fühle mich zum ersten Mal seit Jahren wieder am Leben. Ich kann mich nicht erinnern, jemals glücklich gewesen zu sein, Blythe, jedenfalls nicht so.«
Blythe holte tief Atem. Jemand musste vernünftig sein. Und praktisch denken. »Meine Süße, du kannst nicht einfach blind von einer Klippe springen. Das weißt du doch, stimmt’s?«
Es mochte zwar sein, dass
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