Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
hinein, aber damit endete die Ähnlichkeit. Hier war aufgrund der Chemikalien, die sie benutzte, die Entlüftung von größter Bedeutung, und sie hatte nicht nur mehrere Abluftventilatoren an der Decke hängen, sondern auch die Fenster waren so angeordnet, dass bei geöffneten Türen die Zugluft genutzt werden konnte.
Ein kleiner Kühlschrank stand in einer Ecke und er zog fragend eine Augenbraue hoch.
»Ich wickele meine volle Farbpalette in Plastik und friere sie ein, um ein Austrocknen zu verhindern.«
»Ich werde viel von dir lernen können.« Er sah sich die Gemälde an, die sie gerade konservierte. Sie waren in verschiedenen Behandlungs- und Trockenstadien.
»Malst du gern?« Judiths Gesicht hellte sich auf. Ganz offensichtlich machte es ihr Freude, ihre Liebe zu ihrer Arbeit mit jemandem zu teilen. »Ich versuche mich nur zum Spaß daran, aber ich bin nicht besonders gut. Ich empfinde es jedoch als wohltuend.« Auch das hatte er noch nie einem anderen Menschen erzählt. Er malte und vernichtete anschließend sofort die Leinwand. Ein Mann, der in den Schatten lebte, konnte es sich nicht leisten, etwas derart Persönliches zurückzulassen.
Er betrachtete den erlesenen Seidenkimono, der an der Wand gegenüber den Glastüren hing. Ihre Staffelei war so aufgestellt, dass ihr Blick auf dieses wunderschöne Kleidungsstück fiel.
»Er hat meiner Mutter gehört«, erklärte sie, und aus ihrer Stimme waren Liebe und Andacht herauszuhören. »Ich erinnere mich gern an sie. Hinter dem Haus habe ich einen japanischen Garten, und einige der Pflanzen, die ich hierher mitgebracht habe, habe ich tatsächlich im Garten meiner Mutter ausgegraben, bevor ich das Haus verkauft habe, und sie hier eingepflanzt. Falls ich jemals umziehen sollte, werde ich sie mitnehmen. Ich habe auch noch ihr Teeservice und ein paar andere Dinge. Einen Teil meiner Kindheit haben wir in Japan verbracht und dann hat mein Vater uns hierhergebracht, in die Staaten. Meine Mutter hat das Haus sehr japanisch eingerichtet. Mein Vater und mein Bruder waren begeistert davon und ich war es auch.«
Er fühlte den Schmerz, der in ihr aufstieg. Sie schob ihn hastig von sich. »Tu das in meiner Gegenwart nicht«, sagte er mit scharfer Stimme. »Ich habe mit keinem deiner Gefühle Probleme, Judith. Bei mir kannst du du selbst sein. Egal ob du Hass oder Liebe empfindest, Glück oder Kummer, es ist in Ordnung.«
Sie senkte den Kopf und trat in den Flur hinaus. »Du weißt, was passieren kann, Thomas.«
Inzwischen verabscheute er den Namen Thomas. »Nicht bei mir. Ich habe gespürt, was du anrichten kannst, und wenn du dir selbst gegenüber ehrlich bist, weißt du, dass ich damit umgehen kann. Du hast Angst vor dir selbst, aber du wirst es nie lernen, deine Gabe im Zaum zu halten, solange du nicht beginnst, sie bewusst einzusetzen.«
»Vielleicht ist diese Gabe ein Übel und nicht dazu gedacht, benutzt zu werden.«
Er stieß absichtlich ein höhnisches Schnauben aus. »Du fürchtest dich nicht davor zu gestehen, dass du Rache nehmen willst, Judith. Warum also fürchtest du dich vor etwas so Reinem wie dem Element des Geistes?«
»Das ist nur eine Seite der Medaille, denn ich kann nicht nur aus meinem eigenen Element, sondern auch aus den Gaben meiner Schwestern etwas machen, was nicht sein soll. Ich will nicht, dass ihnen das passiert. Deshalb bin ich so wachsam meinen Gefühlen gegenüber, damit ich nicht in Versuchung gerate.«
Sein Arm hielt sie gefangen, denn er stemmte seine Hand neben ihrem Kopf an die Wand und hinderte sie daran, sich vom Fleck zu rühren. »Du weißt, dass das Unsinn ist, Judith. Ich bin ein gewalttätiger Mann, wenn es notwendig ist. Und ich erkenne Gewalttätigkeit, wenn ich sie sehe. Es kann sein, dass du Rache brauchst. Es kann sogar sein, dass du von Rache träumst, aber einen Menschen in Gedanken zu foltern und zu töten ist etwas ganz anderes, als es tatsächlich zu tun. Du würdest deine Schwestern niemals und unter gar keinen Umständen dafür benutzen, einem anderen Menschen Schmerz zuzufügen.«
Judith blinzelte gegen ihre Tränen an und weigerte sich, ihm in die Augen zu sehen. Stefan nahm ihr Kinn in seine Finger und zwang sie, den Kopf zu heben. »Du schämst dich dafür. Es erfüllt dich mit Scham, dass dir die Mittel zur Rache zur Verfügung stehen und du nicht bereit bist, sie einzusetzen. Deshalb fühlst du dich schuldig.«
Sie riss sich von ihm los. »Du siehst zu viel.«
»Judith, es sollte weder Scham noch
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