Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Schuldgefühle auslösen, dass du die Menschen, die du liebst, nicht manipulieren und sie dafür missbrauchen willst, einem anderen Menschen Schmerz zuzufügen. Du weißt bereits, dass dieser Preis zu hoch ist – und alles hat seinen Preis. Es muss einen Moralkodex geben, eine Grenze, die man niemals überschreitet, selbst dann nicht, wenn es um so etwas wie Rache geht.«
Sie holte Atem. »Das klingt, als wüsstest du, wovon du sprichst.«
»Ich weiß es besser als du, mein Engel.« Er senkte seinen Kopf und küsste sie zart, doch obwohl es ein zärtlicher, tröstlicher Kuss war, schreckte sie davor zurück und schüttelte den Kopf. »Du magst es nicht, ein Engel zu sein, noch nicht einmal mein Engel.«
»Es ist mir lieber, wenn du mich deinen gefallenen Engel nennst. Dann weiß ich wenigstens, dass du mich nicht auf einen unerreichbar hohen Sockel stellst.«
Sie stand für alle Zeiten auf diesem Sockel, ganz gleich, was sie tat. Keine ihrer Sünden würde sich jemals an seiner geschwärzten Seele messen können. Er trat zurück und gestattete ihr ein Entkommen. Judith zog ihre Schultern zurück und ging auf dem Weg zur Treppe vor ihm her. Sie kamen an der letzten Tür im Erdgeschoss vorbei, die sie jedoch vollkommen ignorierte. Judith hatte ihm ohne jede Scheu ihr Haus gezeigt, denn sie war offensichtlich stolz darauf, doch einen beträchtlichen Teil des unteren Stockwerks hatte sie übersprungen, ohne die Tür auch nur eines Blickes zu würdigen. Sie hatte sogar große Sorgfalt darauf verwandt, in die andere Richtung zu schauen, und damit augenblicklich sein Interesse geweckt.
»Wohin führt diese Tür?« Es gelang ihm, unschuldig zu wirken, als er die Frage stellte, doch er ließ sie nicht aus den Augen, und ihm fiel auf, dass sie sich plötzlich in sich zurückzog, ihr Gesicht einen erstarrten Ausdruck annahm und Schuldbewusstsein in ihre Augen kroch. Seine Hand legte sich auf den Türknopf, doch die Tür war abgeschlossen.
Sie schüttelte den Kopf und schlug ihre Augen nieder. »Zu einem weiteren Studio. Ich halte es stets verschlossen und gehe nicht oft hinein.« Farbe stieg an ihrem Hals und in ihr Gesicht auf.
Das war schlichtweg gelogen, und sie log nicht gerade gut. Nichts anderes hätte mehr Verdacht bei ihm erregen können. Was zum Teufel verbarg sie? Er versuchte den Gedankensprung zu Jean-Claude nicht zu machen, doch der Mann war besessen von ihr und hatte einen Beobachter auf sie angesetzt, der sie volle fünf Jahre lang ständig fotografiert hatte. War es möglich, dass sie etwas für ihn aufbewahrte? Ihr Hass auf den Mann klang authentisch, aber weshalb sollte sie lügen?
Er arbeitete für seine Regierung, und so lange er nicht mit absoluter Sicherheit wusste, dass er auf einer Abschussliste stand, würde er stets dafür sorgen, dass die Geheimnisse seines Landes gewahrt wurden. Er musste sichergehen, dass Judith unter gar keinen Umständen den Microchip bewachte, den Jean-Claude in den letzten fünf Jahren erfolgreich versteckt hatte. Er musste in dieses Studio hineinkommen. Ein Teil von ihm bekannte, dass er nicht wirklich glaubte, sie stünde noch mit Jean-Claude in Verbindung. Ihm gefiel nur nicht, dass sie Geheimnisse vor ihm hatte.
Er wollte, dass sie sich ihm voll und ganz hingab und nichts zurückhielt. Er blieb stehen und zwang sie, ihn anzusehen. Sie sah schnell wieder weg und senkte ihren Blick dann auf den Boden. Er deutete mit einem kleinen Achselzucken auf die Treppe. Judith ging voraus und er strich mit seinen Fingerspitzen vorsätzlich über den Jeansstoff auf ihrem Hintern.
»Du bist wirklich eine wunderschöne Frau, Judith.« Wenn sie einen Themenwechsel brauchte, würde er ihr den Gefallen tun. Er hatte keine Bedenken, allein zurückzukehren und das herauszufinden, was er wissen wollte. Sie benutzte ihre Alarmanlage nicht und er hatte sich den Lageplan ihres Hauses in allen Einzelheiten eingeprägt. Es würde ihm keinerlei Schwierigkeiten bereiten, sich im Dunkel der Nacht zurechtzufinden, in dem er sowieso die meiste Zeit lebte.
Die Anspannung fiel sofort von ihr ab und sie warf ihm über ihre Schulter einen glühenden Blick zu, während sie auf dem Weg zur Küche vorausging.
»Ich esse gern auf dem Balkon oder im Garten zu Mittag, wenn ich nicht im Laden oder in der Galerie arbeite«, erklärte Judith. »Es ist so schön draußen und die Farben des Himmels und des Waldes in Verbindung mit den Blumen inspirieren mich immer.«
Stefan packte die Behälter mit dem Essen
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