Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)

Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)

Titel: Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
Vom Netzwerk:
worden waren. Er wusste nicht, zu welcher Art von Mann sein Bruder herangewachsen war. Stefan seinerseits musste sich an etwas klammern, um sich einen Rest an Menschlichkeit zu bewahren … an seine Loyalität gegenüber seinen abwesenden Brüdern. Er hatte keine Ahnung, ob sie sich an denselben Ehrenkodex hielten wie er. Ehe er Judith begegnet war, wäre Stefan für seinen Bruder durch die Hölle gegangen, aber jetzt war er wütend auf Lev, weil er tatsächlich so weit gegangen war, Judiths geliebte Schwester zu heiraten, um seine Tarnung aufrechtzuerhalten. Das war ein striktes Tabu und verstieß gegen ihren Ehrenkodex. Irgendwo musste eine Grenze gezogen werden.
    Bist du geschickt worden, um mich zu finden? Um mich zu töten?
    Stefan geriet nur sehr selten in Wut. Männer wie er kannten keine Wut, und wenn sie doch jähzornig waren, dann hielten sie dieses verdammte Gefühl streng unter Verschluss. In seiner Branche war Wut, wie jede emotionale Reaktion, im Allgemeinen ein Todesurteil. Er fühlte, wie in seinem Inneren ein Damm brach. Heißes Magma brodelte unerwartet und seine Eingeweide waren aufgewühlt.
    Du undankbarer kleiner Straßenköter. Du bist hier derjenige, der in diesen Wäldern Jagd auf mich macht. Ich habe alles für dich aufs Spiel gesetzt und das ist der Dank, den ich dafür bekomme. Komm hervor, kleiner Bruder.
    Wieder senkte sich Stille über den Wald herab. Stefan wusste nicht, ob Lev sich näher an ihn heranschlich oder ob er sich Gedanken machte. Ihm ging auf, dass sein jüngerer Bruder kein kleiner Junge mehr war. Er war genauso gefährlich wie er, hatte dieselbe Ausbildung absolviert und Jahre voller Elend und Qualen hinter sich, die sie beide zu gefährlichen Mordmaschinen gemacht hatten.
    Die Schulen, in denen sie ausgebildet worden waren, wurden wie Militärschulen geführt, unter Einsatz von körperlichen und mentalen Herausforderungen und Nöten, bis sie schließlich auf jedem denkbaren Gebiet einsatzfähig waren. Das Waffentraining war ebenso wichtig wie das Erlernen von Fremdsprachen und die Fähigkeit, in einem Land, das nicht ihr eigenes war, als Einheimischer durchzugehen. Lev war, ebenso wie Stefan, gewaltsam unter Wasser festgehalten worden, in stürmische Meere geworfen worden und hatte in Schneehöhlen gelebt. Auch die körperlichen Züchtigungen waren höchstwahrscheinlich ähnlich gewesen. Die Tatsache, dass er es überlebt hatte, konnte nur bedeuten, dass sein Bruder dieselbe mentale Zähigkeit besaß wie Stefan. Jene, denen es an immenser Willenskraft und einem ausgeprägten Hang zu unverwüstlicher Entschlossenheit fehlte, überlebten die Trainingslager nicht.
    Ich wusste, dass du mich zu Hause aufsuchen würdest, Stefan, und meine Frau ist nicht so wie andere Menschen. Ich konnte es nicht zulassen, noch nicht einmal, um dich zu sehen.
    Das klang eindeutig versöhnlich. Konnte Stefan Levs Wort für bare Münze nehmen? Täuschung war eine Waffe, wie alles andere auch.
    Man heiratet seine Tarnung nicht.
    Wieder traf sein Tadel auf Stille. Stefan bewegte sich behutsam vorwärts. Die Brise glitt zwischen die Bäume, Zweige schwankten sachte und ein paar Blätter flatterten. Er erstarrte, als er erkannte, dass es sich bei dem Flattern um einen Vogel handelte, der sich im Geäst über seinem Kopf niederließ.
    Ich habe meine Frau geheiratet, weil ich sie liebe. Sie ist meine Welt und ich lasse sie mir von nichts und niemandem wegnehmen.
    Das ließ Stefan stutzen. Er hatte keinen Moment lang in Erwägung gezogen, Lev könnte sich in die Frau verliebt haben. Stefan wusste mit absoluter Sicherheit, dass es für ihn keine andere Frau als Judith gab. Er war um die ganze Welt gereist und er wusste, dass er zynisch und abgestumpft war. Er glaubte ganz bestimmt nicht an Märchen oder an Liebe auf den ersten Blick. Und so war es auch nicht gewesen. Seine Gefühle waren im Lauf der Zeit gewachsen und er hatte es nicht einmal gemerkt. Von den Fotografien, die er von ihr gesehen hatte, war etwas ausgegangen, das ihn zu ihr hingezogen hatte, und dann hatten ihm ihre Gemälde so viel mehr über sie enthüllt.
    Er hatte die Datei über ihre Kindheit gründlich gelesen und bei der Lektüre erfahren, wie stark ihre künstlerische Begabung war und dass sie ein ausgeprägtes Gespür für Farben besaß; wie hingebungsvoll sie sich ihren Studien widmete und dass sie auf ihre eigene Art ebenso verbohrt war wie er. Er begrüßte diesen kleinen Schatten von Dunkelheit in ihr.
    Sie hatte nie wirklich

Weitere Kostenlose Bücher