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Hütet euch vor Harry

Hütet euch vor Harry

Titel: Hütet euch vor Harry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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waren von einer tiefen, unheimlichen Schwärze und erinnerten mich an kleine Seen von einer nahezu tödlichen Tiefe. Ich sah sein Gesicht, dessen Haut ebenfalls von dunklen Schatten bedeckt war, so, als wäre diese Dunkelheit von unten her in die Höhe gestiegen, hätte seine Seele verlassen und sich außen auf der Haut festgesetzt – wie ein Gruß aus dem Jenseits.
    Er hatte sich nicht mehr in der Gewalt. Er war nicht mehr derselbe wie vorher. Er war anders geworden! Schrecklich anders…
    Hinter mir sprach niemand ein Wort. Suko und auch mein Patenkind Johnny schwiegen. Beide spürten, daß sich etwas verändert hatte.
    Nichts war mehr wie vor einigen Minuten.
    »Nun, Harry?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Ich hielt meine Hand noch immer zur Faust geballt. Meine Augen verzogen sich zu Schlitzen. Ich wollte mehr aus ihm herauskitzeln, viel mehr…
    »Geh weg!«
    »Nein, Harry, ich gehe nicht.«
    »Geh weg!« Seine Stimme war anders geworden. Der Klang war unmenschlich, es kam mir vor, als hätte ein Tier versucht, einen Menschen zu imitieren.
    »Du sollst mir etwas sagen, Harry. Ja, ich will von dir etwas wissen. Kennst du Jane Collins?«
    Hinter mir flüsterte Johnny meinem Freund Suko etwas zu. Auch er hatte meine Frage gehört, aber er würde sie nicht begreifen, das stand fest.
    »Ich warte, Harry!«
    »Nein, kenne ich nicht!« Wieder sprach er abgehackt und rauh. Er spie mir die Antwort förmlich entgegen.
    »Ich glaube dir nicht, Harry! Nein, ich glaube dir nicht. Du bist dabei, mich zu…«
    Er flüsterte in meinen Satz hinein. Es waren Worte, die ich nicht verstand. Sie hörten sich böse und gefährlich an. Sie sollten wie scharfe Klingen sein, die mich verletzten. Sie klangen wie ein Fluch, den er über mich ausgeschüttet hatte.
    Und sie waren dunkel. Ich weiß nicht, ob man das erklären kann, aber diese ungewöhnlichen Worte schienen aus dem dunkelsten Pandämonium zu stammen, das irgendwo im Nirgendwo verborgen lag.
    Eine grauenhafte Welt, angefüllt mit dem Bösen, mit allen Untaten, die man sich nur vorstellen konnte. »Harry, schau her!«
    Er stoppte seinen Redefluß und wußte genau, wo er hinzuschauen hatte, denn ich streckte ihm meine Hand noch weiter entgegen und hatte sie so gedreht, daß die Finger der Faust oben lagen.
    »Was willst du?«
    »Das!«
    Einen Herzschlag später öffnete ich meine Faust, so daß meine Hand offen vor ihm lag. Und mit ihr das Kreuz! Er sah es, schrie und drehte durch!
    ***
    Ich hatte eigentlich damit gerechnet, daß er angreifen würde, und hatte auch eine Attacke auf mich erwartet, aber er tat das genaue Gegenteil.
    Er drehte sich auf dem Absatz um, breitete dabei seine Arme aus, und ich erlebte den Vorgang wie in einem verlangsamten Tempo, als wäre etwas zwischen uns geschaltet worden, das alles verzögerte.
    Ob mir die Erleuchtung nach ein, zwei oder gar erst nach drei Sekunden kam, das wußte ich nicht. Jedenfalls kam sie zu spät, zudem hatte ich nicht mit einer derartigen Reaktion des Jungen gerechnet, die man schon als selbstmörderisch bezeichnen mußte, denn er wuchtete seinen Körper vor. Aber das war keine Wand oder Mauer, die ihm hätte Halt bieten können.
    Es gab nur die Scheibe!
    Und die rammte er.
    Er hatte seine Arme in die Höhe gerissen, sie vor seinem Gesicht gekreuzt, um sich zu schützen. Dennoch es war Irrsinn, sich aus dieser Höhe aus dem Fenster zu stürzen.
    Es lagen immerhin zehn Stockwerke dazwischen. Harry aber tat es.
    Er flog gegen die Scheibe, die sich für eine winzige Zeitspanne nach außen bog und dann mit einem häßlich klingenden Klirren zerplatzte.
    Große Splitter wurden aus dem Verbund gerissen, sie segelten in die Tiefe. Aber nicht nur sie, denn Harry hatte genügend Schwung, um seinen Körper durch das zerstörte Fenster zu katapultieren und in die Tiefe zu stürzen. Er fiel zusammen mit den Scherben, die aber von ihm wegspritzten und ihren eigenen Weg nach unten nahmen.
    Es war wie verrückt. Ich sah es, ich setzte mich auch in Bewegung, ich hörte hinter mir Johnnys entsetzte Schreie, aber ich schaffte es nicht mehr, diesen irren Selbstmörder aufzuhalten.
    Er rauschte bereits der Tiefe entgegen. Nicht einmal seinen Schuh berührte ich.
    Dafür war ich dann sehr schnell am Fenster und schaute hinaus. Hinter mir knallte die Tür zu. Sukos und Glendas Stimmen waren zu hören, aber das störte mich jetzt nicht.
    Wo war Harry?
    Ich hätte ihn sehen müssen, ich… Ich sah ihn.
    Er raste in die Tiefe, dicht an der Hauswand

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