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Hütet euch vor Harry

Hütet euch vor Harry

Titel: Hütet euch vor Harry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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entlang, aber er hatte sich verändert. Ich hätte eigentlich von oben auf seinen Körper schauen müssen, und normalerweise wäre er auch unten auf dem Pflaster aufgeschlagen, doch in diesen wenigen Sekunden der Fallzeit geschah etwas ganz anderes.
    Er hatte sich verändert.
    Harry war nicht mehr der Harry, wie ich ihn kennengelernt hatte. Er war ein anderer geworden, und mir schössen plötzlich Janes Berichte durch den Kopf. Sie hatte davon gesprochen, daß er so etwas wie ein Geist oder eine schwarze Wolke gewesen war, die sie besucht hatte.
    Und in ein derartiges Wesen hatte sich Harry verwandelt. Er war kein Mensch mehr, er war kein Tier, er war so etwas wie ein amorphes Monstrum geworden, das in diesem kritischen Moment keine andere Wahl hatte, als sich in seiner wahren Gestalt zu zeigen.
    Da schwebte etwas nach unten, das wie eine Wolke aussah, aber es eigentlich nicht war, denn ich kannte keine Wolken, aus denen Arme oder Hände hervorschauten wie die Zähne bei einem Zahnrad. Ich glaubte auch, ein Gesicht in der Wolke zu sehen, das Harrys Züge aufwies, doch es blieb nicht lange genug, um es deutlich zu erkennen.
    Die Wolke verschwand, und Harry verschwand auch. Beide waren weg!
    Ich trat vom Fenster zurück, drehte mich um. Glenda stand in der Tür mit kreidebleichem Gesicht. Auch Johnny sah ich. Er hatte sich gesetzt, seine Wangen zuckten, und auf seinem Gesicht lag ein dicker Film aus Schweiß.
    Da Suko bereits auf dem Weg nach unten war, konnte ich mich um Johnny kümmern. Der Junge brauchte jetzt einfach meinen Trost, denn durch Harrys Verwandlung hatte gerade er eine sehr tiefe Enttäuschung erlitten. Als ich ihn berührte, wischte er über seine Augen. Gleichzeitig riß er sich zusammen, denn er wollte nicht losheulen wie ein Kleinkind.
    »Bist du okay, Johnny?«
    »Fast.«
    »Das glaube ich dir gern. Aber es hat einfach so sein müssen. Dein Harry war nicht dein Freund. Er ist jemand gewesen, der nicht zu den Menschen gehört, wobei ich dir nicht erst erzählen muß, um was es sich handelt.«
    »Nein, Onkel John, das brauchst du nicht.«
    »Es ist wirklich nicht einfach. Auch nicht für mich. Ich kenne Harry nicht, ich habe nur von ihm gehört, und ich glaube, daß es jetzt auf dich ankommt, uns zu helfen.«
    »Wie denn? Ich kann doch nicht.«
    »Darüber werden wir noch reden. Warte hier auf mich. Glenda wird sich um dich kümmern.« Ich hatte sie dabei angeschaut und war froh, als sie nickte.
    Dann ging ich hinaus.
    Auch im Vorzimmer stand die Tür offen. Im Flur war es still.
    Keine Schreie, keine Stimmen, keine Fragen. Aber ich wußte, daß es welche geben würde.
    Suko war noch nicht zurückgekehrt, und so entschloß ich mich, nach unten zu fahren. Natürlich mußte ich ausgerechnet jetzt auf den Lift warten, doch die Zeit ging auch vorbei, und in der Halle sah ich dann die erste Veränderung.
    Dort hatten sich einige Kollegen versammelt. Jemand telefonierte mit einem Notarzt, ich wurde fragend angeschaut, kümmerte mich darum nicht und suchte Suko, der sich nicht mehr in der Halle aufhielt.
    Ich fand ihn draußen.
    Und da sah ich auch, weshalb nach einem Arzt gerufen worden war. Die in die Tiefe gefallenen Glasscherben hatten leider Ziele getroffen.
    Ausgerechnet Menschen.
    Drei lagen am Boden. Eine Frau, ein Mann und ein Kind. Wahrscheinlich eine Familie, die am Gebäude vorbeigegangen war, als das Schreckliche geschah.
    Sie waren von einigen Kollegen umringt, unter anderem auch von Suko, der mich sah und sich aus seiner gebückten Haltung erhob. Blut bildete Lachen auf dem Pflaster, das Kind wimmerte leise, die Frau schrie immer wieder auf. Sie war von einer Scherbe am Bein getroffen worden.
    Ihre rechte Wade war aufgeschlitzt wie von einem gewaltigen Messerstich. Bei ihrem Mann strömte das Blut aus Kopfwunden.
    »Leben sie?« fragte ich.
    »Ja, alle drei.« Suko wiegte den Kopf. »Aber es sieht böse aus. Sie befanden sich genau im Zentrum der verfluchten Scherben. Das Kind hat am wenigsten abbekommen.«
    Ich schaute mich um.
    Die Reste der Glasscheibe verteilten sich auf dem Boden. Einige Stücke wiesen rote Flecken auf. An ihnen klebte noch das Blut der Verletzten.
    Auf der Straße war der Verkehr zum Erliegen gekommen, es hatte sich eine lange Autoschlange gebildet. Durch die Wucht des Aufpralls waren Scherbenreste sogar bis auf die Fahrbahn gespritzt, wo sie an einigen Stellen wie dünne, glänzende Eiskristalle lagen.
    Ich spürte im Mund einen Geschmack nach bitterer Galle. Dann

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