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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Kollege am Rande notiert hatte »Huretsgschwätz!«
    Der Allgäuer Kollege Riedele hatte auch mit dem Investor telefoniert, der zum einen mehr zu Mellau tendiert hatte, weil ihm da die Skimöglichkeiten besser gefallen hatten, und der zum anderen am fraglichen Tag sicher verbürgt in Prag gewesen war.
    Anderl Riedele hatte keinerlei Mordmotive finden können, Martin Maurer sei unauffällig und freundlich gewesen, so die Angestellten des Gasthofs. Nach deren Aussage war er auch mal einen oder zwei Tage ausgeblieben, und der Kollege wusste auch, warum: Martin Maurer hatte für einen anderen Investor außerdem ein Objekt in Garmisch ins Visier genommen. Worum es sich dabei handelte, war nicht klar, der Kollege hatte aber fein säuberlich Martins Webadresse und die Durchwahl seiner Assistentin notiert. Die Nummer entsprach der, die Irmi von der Nachbarin erhalten hatte.
    Irmi gab die Webadresse ein. Von der Homepage lachte Martin sie an. Er trug einen Businessanzug, ein rosafarbenes Hemd und eine Krawatte in Rosé mit dünnen Streifen. Er sah gut aus, das Bild hatte ein Profi gemacht, der sein Handwerk verstand. Er hatte einen Mann Ende vierzig in Szene gesetzt, der vertrauenswürdig aussehen musste und souverän. Denn wenn man einem Immobilienmakler fast vier Prozent in den Rachen warf, sollte man eine Gegenleistung erwarten können. Sie öffnete die beeindruckende Referenzliste. Martin hatte sich anscheinend auf Hotels spezialisiert, und das europaweit. Was hatte er wohl in Garmisch zu tun gehabt? Wurde da ein Hotel veräußert?
    Irmi wählte die Nummer seines Büros, und eine junge Frau meldete sich. »Maurer Immoservice, Anastasia Römer am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
    Anastasia, na, das fehlte gerade noch! Irmi erklärte ihr, wer sie war und dass sie in dem Fall weiterermitteln würde, weil sich neue Hinweise ergeben hätten. Fräulein oder Frau Anastasia war zunächst gar nicht kooperativ, erst als Irmi ihr androhte, dann eben die Kollegen in Frankfurt in Gang zu setzen, wurde sie etwas gesprächiger. Und weinerlicher. Damit hatte Irmi den Schlüssel zum erfolgreichen Gespräch mit ihr gefunden: sie zu bemitleiden.
    »Und jetzt haben Sie das alles am Hals, Sie Arme!«
    »Ja, was glauben Sie! Ich sitze hier im Büro, und mein Chef ist tot. Niemand kann mir sagen, ob jemand die Firma erbt, ob jemand weitermacht, was eigentlich passieren soll. Wir haben einige Objekte kurz vor dem Abschluss, da gibt es teilweise schon Notartermine. Ich mache jetzt eben weiter.«
    Sie klang wirklich verzweifelt. Und als Irmi sagte: »Ich finde das aber sehr gut, dass Sie die Leute nicht hängen lassen«, meinte sie das auch so.
    »Ist denn die Gattin von Herrn Maurer auf Sie zugekommen?«, erkundigte sie sich dann. Sabine, die Frau Gattin. Wie das klang!
    »Sie befindet sich in einer … äh … psychiatrischen Anstalt. Das habe ich aber auch jetzt erst erfahren.« Die junge Frau am anderen Ende stöhnte.
    »Oje! Hat Herr Maurer denn nie etwas über sein Familienleben durchblicken lassen?« Irmi fühlte sich grauenvoll.
    »Nein, gar nichts. Das war ein Tabuthema. Da hat er sofort abgewiegelt. Ich hatte lediglich ein paar Mal mit einer Dame Kontakt, die sein Haus in Murnau pflegt. Vorher wusste ich nicht mal, dass er ursprünglich aus Bayern stammte. Er hatte gar keinen Dialekt.«
    Den hatte er früher schon nicht gehabt. Und er hatte es kultiviert, hochdeutsch zu sprechen.
    »Die Nachbarin hat mich auch in Kenntnis darüber gesetzt, wo Frau Maurer sich befindet und dass sie depressiv und selbstmordgefährdet ist«, meinte Anastasia Römer seufzend. »Die Ärzte in der Klinik konnten mir aus Datenschutzgründen natürlich gar nichts sagen.«
    Irmi überlegte kurz, dann sagte sie: »Frau Römer, der Kollege hat Sie ja sicher bereits informiert, dass Herrn Maurers Todesumstände etwas undurchsichtig sind. Dass man von Mord oder Suizid ausgehen könnte. Hatten Sie den Eindruck, dass ihr Chef selbstmordgefährdet war?«
    »Sie können in die Leute nicht hineinsehen, sagt mein Mann immer. Herr Maurer war eher unverbindlich und wahnsinnig viel unterwegs. Ich war seine Schnittstelle in Frankfurt. So gut kannte ich ihn nicht, das Büro existiert ja erst ein knappes Jahr. Es ist so tragisch, dabei war doch alles so gut angelaufen.«
    Eigentlich hatte Anastasia einen ziemlich guten Job gehabt, mit einem Chef, der nie da war. Sie konnte schalten und walten, wie sie wollte. Und sie hatte offensichtlich einen Mann, was immerhin ausschloss,

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