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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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klassischen Architekturstil, frei von Modeströmungen, frei vom Anbiedern an Trends. Irmi hatte dem Internet entnommen, dass es brandneu war, aber es wirkte so, als wäre es immer schon Teil von Lienz gewesen.
    Sie wurden freundlich begrüßt und auf ihr Zimmer geleitet, das sich als Grand Deluxe Suite mit über fünfzig Quadratmetern entpuppte.
    »Wow!«, sagte Kathi nochmals. »Jetzt bin ich den beiden Toten fast dankbar. Nun entführt uns der Fall schon in das zweite schöne Hotel. Und diesmal dürfen wir hier sogar übernachten!«
    »Ja, und wir nehmen jetzt erst mal einen Tee auf der Terrasse«, sagte Irmi.
    »Geht auch ein Eiskaffee – oder isst du nix mehr?«, fragte Kathi.
    »Wieso?«
    »Na, du hast doch sicher schon acht Kilo abgenommen, oder.«
    »Nicht absichtlich.«
    »Umso besser. Also Eiskaffee?«
    »Natürlich, und zwar mit Sahne!«
    Es lag eine südliche Milde in der Luft – trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit. Man konnte sogar die Ärmel des Pullovers hochschieben, so warm war es, und durch Sonnenbrillengläser in die Welt blinzeln. Die Isel rauschte beruhigend vorbei, es war fast wie Urlaub.
    Nach einer Weile meinte Irmi: »Auch wenn du dich schwer trennen kannst von dieser Terrasse, wir sollten dann mal los.«
    »Los ist gut. Gehen wir jetzt einfach überfallartig zu diesem Klaus Geipel?«
    »Was willst du sonst machen?«
    »Zu Margit Geipel gehen? Sagen, dass ich ’ne Freundin von ihrem Bruder bin. Dass ich zufällig in der Gegend wär und grüßen soll.«
    Irmi überlegte kurz. »Aber was willst du sie fragen? Wenn sie dir überhaupt antwortet. Und dann dürfen wir nicht vergessen, dass ihr Vater uns richtig Ärger machen kann.«
    »Das ist eine Mordermittlung.«
    »Kathi, du kennst die Regeln. Wir sind inoffiziell hier. Wir haben keinerlei Amtshilfeabkommen in der Tasche. Ich glaub auch nicht, dass die Osttiroler unser Eindringen so toll fänden.«
    »Alle Tiroler sind nette Menschen, Osttiroler besonders«, sagte Kathi.
    »Ja, du Trullerin, alles klar. Wir können uns diese Klinik ja mal von außen ansehen.«
    Ein nicht besonders intelligenter Vorschlag, aber so hatten sie ein wenig Galgenfrist. Die beiden wanderten hinein in das mittelalterliche Lienz mit seiner umlaufenden Stadtmauer und erreichten den Hauptplatz.
    »Wie schön! In Österreich kennen die meisten ja nur Wien, Salzburg, Innsbruck – dabei wäre es hier viel gemütlicher«, sagte Kathi.
    Das stimmte. Leute saßen vor den Cafés, andere schlenderten auf dem Sonntagsspaziergang vorbei. Irmi und Kathi gingen durch ein paar weitere Gassen und über Plätze und erreichten schließlich die Klinik. Sie hatte eine unauffällige Front zur Straße hin und schien von einem parkartigen Grundstück umgeben zu sein, das seinerseits von einer hohen efeubewachsenen Mauer begrenzt war.
    »Ich geh da jetzt rein.« Kathi war auf dem Sprung.
    »Dann komm ich mit!« Das war immer noch besser, dachte Irmi, als hier draußen herumzulungern. Außerdem konnte sie vielleicht Schlimmeres verhindern, wenn Kathi wie immer so unbedacht voranpreschte. Im Gebäude tat sich ein heller Gang auf, und rechts war eine Art Rezeption, wo Kathi ihr Anliegen vortrug: »Meine Tante und ich sind auf der Durchreise und haben uns gedacht, wir könnten die Margit besuchen.«
    Die junge Frau an der Rezeption war sehr freundlich und winkte plötzlich einer Ärztin: »Frau Dr. Mühlmann, da sind zwei Damen, die gerne Margit Geipel besuchen würden. Sie kennen Margits Bruder und würden ihr Grüße überbringen.«
    Die Ärztin war klein und zierlich und höchstens Mitte dreißig. »Grüß Gott, der Johannes war lange nicht mehr hier. Ich befürchte nur … Ach was, kommen Sie mit.«
    Sie ging voran und verließ das Haus durch einen Seiteneingang. Dann führte sie Kathi und Irmi in den Park, der wie der Garten eines verwunschenen Märchenschlosses wirkte. Umgeben von Büschen stand eine Bank, auf der die Prinzessin saß. Wächsern blass, mit langen dunklen Haaren. Ihre Augen blickten ins Leere. Sie war schön und zerbrechlich. In ihren Händen hielt sie ein paar Stängel mit Kleeblättern, die schon etwas welk hinabhingen.
    »Margit hat sich ausgeklinkt aus der Realität, wenn ich das mal so salopp sagen darf. Sie spricht nicht mehr. Das ist eine Schutzfunktion des Körpers«, erklärte die Ärztin. »Margit, du hast Besuch«, wandte sie sich an die Patientin, doch die junge Frau reagierte nicht.
    »Ich kann Ihnen nur wenig Hoffnung machen, aber setzen Sie sich ruhig zu

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