Huff, Tanya
Anziehungskraft Henrys BMW besaß; tief
unten am Armaturenbrett, diskret versteckt vor neugierigen Augen und noch
weiter getarnt durch die matt-schwarze Politur - auf allem einschließlich der
Knöpfe und dem Digitaldisplay - befand sich ein CD-Spieler auf dem neuesten
Stand der Technik. Sie war bereit, die Klangqualität zu bewundern, sie war
sogar bereit zuzuhören, wie Peter von Hoch- und Tieftonlautsprechern und internen
Stabilisatorendingern schwärmte, aber sie war nicht bereit, sich den ganzen Weg
nach London Opern anzuhören, besonders nicht, wenn zwei Werwölfe mitsangen.
Sie schlossen einen
Kompromiß und sangen statt dessen bei Conway Twitty mit. Was die Werwölfe
anging, kam Country-Musik zwar erst weit hinter den großen alten Opern, aber
sie war besser als gar keine Musik. Vicki konnte Country ertragen. Zumindest
verstand sie die Sprache, und Rose hatte ein wahnsinnig komisches Talent,
näselnde Aussprache und Herzschmerz mimisch darzustellen.
Sie durchquerten den
Osten der Stadt und fuhren die Highbury Avenue - Bundesstraße 126 - in
Richtung 401. Als sie in dichteren Verkehr kamen, streckte Rose die Hand aus und
schaltete die Musik ab. Zu Vickis Überraschung protestierte Peter, der auf der
Rückbank lag und den Kopf halb aus dem Fenster streckte, nicht.
„Wir sehen nicht wie
Sie", erklärte Rose, wechselte vorsichtig die Spur und überholte einen
großen LKW. „Daher müssen wir viel aufmerksamer sein, wenn wir Auto
fahren."
„Der größte Teil der
Welt sollte aufmerksamer Auto fahren", murmelte Vicki. „Peter, hör auf,
von hinten gegen meinen Sitz zu treten."
„Tut mir leid."
Peter verlagerte seine Beine. „Vicki, ich habe mich gefragt, warum Sie
ausgerechnet Sonntags zur OPP wollen? Wird da nicht zu sein?"
Vicki schnaubte. „Zu?
Peter, die Polizei hat niemals zu, das ist ein Beruf für vierundzwanzig Stunden
am Tag, sieben Tage die Woche. Das sollten Sie wissen, Ihr Bruder ist
Polizist."
„Aber er ist in der
Stadt."
„Die Provinzpolizei
von Ontario ist eine Polizei genau wie jede andere... außer daß niemand an der
Farbe ihrer Wagen herumpfuscht." Vicki mochte das alte Schwarzweiß, und es
hatte ihr nicht gefallen, daß die Stadtpolizei von Toronto erst zu leuchtendem
Gelb und dann zu Weiß gewechselt hatte. „Tatsächlich", fuhr sie fort,
„sind die Kollegen an vielen Orten die einzigen Polizisten überhaupt. Zudem
wird an einem heißen Sonntagnachmittag im August jeder bei klarem Verstand
nicht im Distrikthauptquartier sein, und ich könnte vielleicht die
Informationen bekommen, die ich brauche."
„Ich dachte, Sie
würden einfach reingehen und nach den Namen aller fragen, auf die ein Gewehr
Kaliber 30 registriert ist?" Ein Chevy schnitt sie, und Rose ließ sich
drei Autolängen zurückfallen, wobei sie leise: „Arsch" murmelte.
„Das werde ich. Aber
da sie keinen Grund haben, es mir zu verraten, hängt viel davon ab, wie ich
frage. Und wen."
Peter schnaubte. „Sie
werden versuchen, einen armen Anfänger einzuschüchtern, nicht wahr?"
Vicki schob ihre
Brille hoch. „Nein." Es war genaugenommen eher eine Kombination von
Ausnutzen des Rangs und Beschwörung der „Wir sitzen alle im selben
Boot"-Einstellung, die alle Polizisten auf der Welt miteinander teilten.
Zugegeben, sie war keine Polizistin mehr, aber das sollte sich auf das
Endergebnis nicht auswirken.
Das Präsidium der OPP
stand an der Südseite der Exidor Road mit Blick auf die 401. Es lag versteckt
hinter einem Ramada-Hotel. Vicki ließ die Zwillinge am Wagen warten.
Wäre sie noch
Polizistin gewesen, dann hätte es funktioniert. Unglücklicherweise reichte es
nicht aus, daß sie Polizistin gewesen war. Wenn sie nicht versucht
hätte, einen „armen Anfänger einzuschüchtern", hätte es dennoch klappen können,
aber die sehr lebhafte junge Frau, mit der sie sprach, wußte, daß Vicki kein
Recht auf diese Informationen hatte, ob sie nun „an einem Fall arbeitete"
oder nicht, und da sie auf der Palme war, weigerte sie sich, sie ihr zu zeigen.
Die Dinge wären beim
Sergeant besser gelaufen, wenn Vicki nicht die Geduld verloren hätte.
Bis sie das Gebäude
verließ, richtete sich der größte Teil des Ärgers gegen sie selbst. Ihre Lippen
waren zu einer schmalen weißen Linie zusammengekniffen, und ihre Nasenflügel
bebten bei jedem Atemzug. Sie hatte die Sache schlecht angefangen und wußte es.
Ich bin keine
Polizistin mehr. Ich kann nicht erwarten, wie eine behandelt zu werden. ]e eher
ich das in meinen
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